"Das war so glaubwürdig, als ob die Bayern damit gedroht hätten, sich einen Fuß abzuschneiden!": Kogler zu Lopatka über die Hypo-Verhandlungen.

Foto: Andy Urban

Kogler zum Schweigen von Ex-Finanzministerin Maria Fekter angesichts des aufsehenerregenden Griss-Berichts: "Fekter hätte eine Pressekonferenz einberufen können."

Foto: Andy Urban

Lopatkas Replik, die ein Versprechen ist: "Maria Fekter wird in drei Monaten vor dem U-Ausschuss viel länger als ein paar Minuten Stellung nehmen."

Foto: Andy Urban

STANDARD: Sie sitzen einander womöglich bald im U-Ausschuss zur Causa Hypo gegenüber. Welche Frage können Sie da ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka, bei der Notverstaatlichung einst Finanzstaatssekretär, garantiert nicht ersparen?

Kogler: Zwingend habe ich Sie nicht auf der Liste, wenn sich beim Aktenstudium bestätigt, dass Sie nicht unmittelbar involviert waren. Aber für die anderen Fraktionen kann ich natürlich nicht sprechen - und dann würde ich von Ihnen gerne wissen: Wann haben Sie zum ersten Mal wahrgenommen, dass Finanzminister Josef Pröll und Andreas Schieder, damals Finanzstaatssekretär (heute Klubchef der SPÖ, Anm.), die Rückkaufaktion der Hypo von den Bayern eingeleitet haben? Und ob es vor der sogenannten Notverstaatlichung überhaupt einen Verhandlungsplan gab?

Lopatka: In meiner Zeit als Finanzstaatssekretär war ich bei keiner einzigen entsprechenden Sitzung dabei, weil ich nicht mit Bankenangelegenheiten betraut war. Stattdessen war ich mit dem EU-Finanzhaushalt 2010, den Beamtengehaltsverhandlungen, dem Glücksspielgesetz beschäftigt. Es kann also keinen Akt geben, der meine Anwesenheit bei einer Hypo-Sitzung belegt. Aber damit keine Missverständnisse aufkommen: Ende 2009 habe ich natürlich gewusst, dass sich die Situation rund um die Hypo zuspitzt - und dass die Bank nicht einlösen kann, was die Nationalbank im Jahr davor attestiert hat.

STANDARD: Klingt das plausibel für Sie - oder eher nach einer Ausrede?

Kogler: Solche Aussagen wären vor dem U-Ausschuss insofern hilfreich, weil sie zeigen, dass im Finanzministerium ein unerschütterlicher Glaube an die Expertise der Nationalbank geherrscht hat - und da gilt es nachzuforschen, warum dort eine todkranke Bank gesundgeschrieben wurde.

Lopatka: Genau das habe ich mich schon drei Tage nach der Notverstaatlichung gefragt - und zwar am 17. Dezember 2009, in einem Standard-Interview: ob seitens der Hypo mit krimineller Energie verhindert worden ist, dass die Nationalbank den wahren Zustand der Bank erkennen konnte. Oder ob die Fehler bei der Nationalbank lagen. Als dann Maria Fekter Finanzministerin war, hat es vonseiten des Hypo-Vorstandvorsitzenden immer noch geheißen, dass die Haftungen verringert wurden und bald die Nulllinie erreicht sei. Heute sind wir natürlich klüger.

STANDARD: Im Raum steht auch, dass nach der Notverstaatlichung alle drei Finanzminister - Pröll, Fekter, Michael Spindelegger - viel zu lange mit einer Lösung für die Problembank zugewartet haben. Dazu bringt die Opposition Verfassungsklage gegen das Sondergesetz ein, mit dem landesbehaftete Nachranggläubiger zur Kasse gebeten werden. Sind Sie es nicht leid, Ihre abgetretenen Parteikollegen andauernd verteidigen zu müssen?

Lopatka: So kann man das nicht sagen. Denn alle haben selbstverständlich mit der U-Kommission von Irmgard Griss gesprochen, die ja von Michael Spindelegger eingerichtet wurde - und natürlich werden alle drei auch im U-Ausschuss zur Hypo Rede und Antwort stehen.

STANDARD: Angesichts des Griss-Berichts hätten Sie als Klubchef Fekter nahelegen können, bei der Parlamentssitzung kurz Stellung zu nehmen, anstatt den Rednern den Rücken zuzudrehen. Ist diese Optik nicht verheerend?

Lopatka: Warum hätte ich das tun sollen? Wenn die Opposition will, wird Maria Fekter in drei Monaten vor dem U-Ausschuss viel länger als ein paar Minuten Stellung nehmen.

Kogler: Über die Optik kann sich freilich jeder selbst ein Bild machen. Aber Fekter hätte ja auch eine Pressekonferenz einberufen können.

Lopatka: Es geht hier allein um die Sache und nicht um die Optik.

STANDARD: Teile der Opposition argwöhnen, dass durch die Notverstaatlichung der Hypo Raiffeisen große Verluste erspart geblieben sind. Können Sie Begünstigungen ausschließen?

Lopatka: Das halte ich für äußerst bedenklich. Jetzt zu versuchen, eine Bank als den Nutznießer darzustellen - noch dazu, wo damals die gesamte Fachwelt, auch der Präsident der Europäische Zentralbank Jean-Claude Trichet, davor gewarnt hat, dass eine Pleite der Hypo einen ökonomischen Flächenbrand in der gesamten Region - bis zum Balkan - auslösen könnte. Und Trichet war garantiert kein Vertreter von Raiffeisen.

Kogler: Eine Insolvenz der Hypo hätte aber mit Sicherheit auch eine Schlechterstellung für Raiffeisen bedeutet. Ich vertrete diese Nutznießer-These eher nicht, weil ich bis heute nicht verstehe, wie die Regierung tatsächlich glauben konnte, dass die Bayerische Landesbank die Hypo in die Insolvenz schicken will. Das war doch ungefähr so glaubwürdig, als ob die bayrischen Verhandler damit gedroht hätten, sich hier und jetzt einen Fuß abzuschneiden!

Lopatka: Zu diesem Zeitpunkt hatten die Bayern wegen der Hypo ja schon mehr als drei Milliarden abschreiben müssen. Deswegen war der politische Druck aus München enorm, das Ganze zu beenden.

STANDARD: Nun tragen wir mit den Bayern einen milliardenschweren Kampf vor den Gerichten aus, weil sich unsere Nachbarn beim Verkauf getäuscht fühlen, Österreich beim Rückkauf. Kann sich das auch auf die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen auswirken?

Lopatka: Nein. Wir leben in Rechtsstaaten, und es gibt Gerichte, die das klären werden - auch wenn heute keiner weiß, wie das in ein paar Jahren ausgehen wird. Faktum ist aber, dass die BayernLB beim Kauf der Hypo in einer ähnlichen Goldgräberstimmung gewesen sein dürfte wie einst Kärnten, als es über Jahre hinweg die milliardenteuren Landeshaftungen eingegangen ist. Und damit die Grünen hier auch nicht ganz ungeschoren davonkommen: Diesen Haftungen haben 2004 leider alle Parteien im Landtag zugestimmt - auch wenn Jörg Haider der Brandstifter war, der als Landeshauptmann das ganze Desaster verursacht hat.

Kogler: Die Kärntner Grünen haben nur dem Gesetz zugestimmt, das endlich ein Auslaufen der Haftungen festgeschrieben hat. Bedauerlich ist nur, dass es nicht noch strenger gefasst wurde. Nun ist der bayerische Steuerzahler der Depp und der österreichische Steuerzahler der Depp - und bei alldem steigen die Kärntner eh noch am besten aus. Deswegen wäre ich für eine geordnete Insolvenzvariante gewesen, damit wir auch die Privatgläubiger in die Pflicht hätten nehmen können, die wohl von all den nichtgedeckten Landeshaftungen ge-wusst haben.

STANDARD: Der Kärntner Zukunftsfonds, der aus dem Hypo-Verkauf an die Bayerische Landesbank gespeist ist, soll jetzt anscheinend doch nicht zur Abwicklung der Bank angezapft werden. Doch kann man das Land aus einer höheren Pflicht entlassen?

Lopatka: Meines Erachtens nicht. Aus meiner Sicht ist ein zusätzlicher Beitrag notwendig, wo die Ursache des Desasters doch klar zuordenbar ist. Die Hypo ist ein Kärntner Kriminalfall - bis heute, zu dem es mittlerweile mehr als 300.000 Aktenseiten bei den Gerichten gibt.

Kogler: Natürlich wollen wir das Bundesland nicht zusperren, aber für völlig inakzeptabel halte ich, dass Provisionen für die Haftungen bezogen werden, für die man offenkundig nie einstehen konnte. Dieses Geld muss jedenfalls zurückgezahlt werden - das brauchen wir für den Frieden zwischen den Kärntnern und dem Rest der österreichischen Bevölkerung.

STANDARD: Muss die Kärntner Regentschaft von Jörg Haider im Hypo-U-Ausschuss tatsächlich noch einmal penibel durchleuchtet werden?

Kogler: Unbedingt. Denn der Kärntner Landtag hat für seinen einstigen U-Ausschuss vom Bund ja keinerlei Akten zur Verfügung gestellt bekommen. Dazu müssen wir uns anschauen, wie die Bundesorgane ihre Kontrollaufgaben wahrgenommen haben.

STANDARD: Wie wird sich die ÖVP bei der Abstimmung zum U-Ausschuss verhalten? Wollen einige Abgeordnete symbolisch dafür stimmen?

Lopatka: Die Opposition braucht uns für das Einrichten des U-Ausschusses nicht - und wir werden uns jetzt hüten, ihr "den Untersuchungsgegenstand zu verwässern", wie es Kollege Kogler formuliert hat.

STANDARD: Kogler bezeichnete die Regierung im Zusammenhang mit der Causa Hypo ja nicht nur einmal als "Verbrecherbande" - kriegt er es da mit Verleumdungsvorwürfen zu tun, die nach den neuen Regeln seine Immunität gefährden würden?

Kogler: Bitte, ich lege Wert auf den Ausdruck "organisierte Verbrecherbande"! Weil sich die Regierung am Höhepunkt der Krise wochenlang zum Zustand der Hypo ausgeschwiegen hat - als würde wie bei der Mafia die Omertà herrschen.

Lopatka: Den Tatbestand der Verleumdung erfüllt das noch nicht, deswegen ist das auch kein Fall für die Aufhebung der Immunität. Aber natürlich weise ich solche ehrenrührigen Äußerungen auf das Schärfste zurück. Denn das Ansehen der Politik ist ohnehin schon arg genug beschädigt. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 19.12.2014)