Soldaten vor dem bolivianischen Präsidentenpalast in La Paz.
AP/Juan Karita

La Paz – In Bolivien ist der Anführer eines Putschversuches gegen die Regierung, General Juan José Zúñiga, von den Behörden verhaftet worden. Zúñiga war erst kürzlich seines Amts als Befehlshaber des Militärs enthoben worden. Militäreinheiten hatten sich unter seiner Führung Mittwochabend mit gepanzerten Fahrzeugen auf der Plaza Murillo in La Paz versammelt, wo sich der Präsidentenpalast und der Kongress befinden. Nach Angaben von Augenzeugen sollen sie eine Tür des Präsidentenpalasts gerammt und mehrere Soldaten das Gebäude gestürmt haben. Laut Innenminister Eduardo del Castillo gab es neun Verletzte.

General Juan José Zúñiga wurde verhaftet.
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Neuer Militärbefehlshaber vereidigt

Im Präsidentenpalast selbst wurde gerade der neue Militärbefehlshaber, José Wilson Sánchez, vereidigt. Er rief zur Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung auf. "Ich ordne an, dass alle auf den Straßen mobilisierten Kräfte zu ihren Einheiten zurückkehren", sagte Sánchez. "Wir bitten darum, dass das Blut unserer Soldaten nicht vergossen wird." Nach Angaben von Augenzeugen sind die Militärs der Aufforderung offenbar gefolgt. Sie zogen sich zurück, und die Polizei übernahm wieder die Kontrolle über den Platz.

Video: General nach gescheitertem Putsch festgenommen.
AFP

Zuvor wurden aus La Paz "irreguläre Truppenbewegungen" gemeldet. Laut der Agentur Reuters sollen Soldaten unter anderem den Regierungspalast betreten haben. Den Aufmarsch auf dem Platz davor zeigen auch Fotos internationaler Bildagenturen.

Während des Putschversuchs checkten Menschen ihre Telefone, während sie im Supermarkt warteten.
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Präsident bittet um internationale Unterstützung

Präsident Arce verurteilte das Vorgehen des ehemaligen Generals Zúñiga und der Militäreinheiten als Putschversuch gegen die Regierung und bat umgehend um internationale Unterstützung. "Heute sieht sich das Land mit einem versuchten Staatsstreich konfrontiert. Heute ist das Land erneut mit Interessen konfrontiert, die die Demokratie in Bolivien beschneiden", sagte Arce. Die bolivianische Staatsanwaltschaft erklärte, sie werde eine strafrechtliche Untersuchung gegen Zúñiga und andere Beteiligte einleiten.

Präsident Luis Arce verurteilte das Vorgehen des ehemaligen Generals Zúñiga und der Militäreinheiten als Putschversuch gegen die Regierung.
AP/Juan Karita

Staats- und Regierungschefs in der Region verurteilten das Vorgehen der Soldaten. Die Präsidentin von Honduras, Xiomara Castro, erklärte: "Die Streitkräfte haben wieder einmal einen verbrecherischen Staatsstreich durchgeführt." Sie rief die Mitglieder der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten auf, den Faschismus zu verurteilen, der die Demokratie in Bolivien angegriffen habe. Der Präsident von Paraguay, Santiago Peña, rief dazu auf, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu respektieren. Sein Kollege in Chile, Gabriel Boric, zeigte sich besorgt. Eine Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung dürfe nicht geduldet werden. "Wir verurteilen den versuchten Staatsstreich in Bolivien auf das Schärfste. Wir unterstützen Präsident Luis Alberto Arce Catacora voll und ganz", erklärte der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador auf X.

Parlamentswahl 2025

Die Spannungen in Bolivien haben sich im Vorfeld der 2025 anstehenden Parlamentswahl verschärft. Der linke Ex-Präsident Evo Morales plant, gegen seinen früheren Verbündeten Arce anzutreten, was zu einem tiefen Riss in der regierenden sozialistischen Partei und zu größerer politischer Unsicherheit führt. Morales, Vorsitzender der regierenden sozialistischen Partei MAS, sagte, dass seine Anhänger zur Unterstützung der Demokratie mobilisieren würden. Auch konservative Gegner der Regierung verurteilten die Militäraktion, darunter Ex-Präsidentin Jeanine Áñez. "Ich lehne die Mobilisierung des Militärs auf der Plaza Murillo, mit der versucht wird, die verfassungsmäßige Ordnung zu zerstören, voll und ganz ab", schrieb sie auf X.

Kritik gab es auch von Vertretern der EU. "Ich verurteile entschieden die Versuche, die demokratisch gewählte Regierung Boliviens zu stürzen", schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf X. Die EU stehe an der Seite der Demokratie. "Wir bringen unsere nachdrückliche Unterstützung für die verfassungsgemäße Ordnung und die Rechtsstaatlichkeit in Bolivien zum Ausdruck."

EU-Ratspräsident Charles Michel postete auf X: "Ich verurteile den Militäraufstand gegen die bolivianische Verfassungsordnung und die demokratisch gewählte Regierung von Präsident Arce scharf." Die EU unterstütze die Demokratie und das bolivianische Volk. Vom Chefdiplomaten der EU, Josep Borrell, hieß es, die EU verurteile jeden Versuch, die verfassungsgemäße Ordnung zu untergraben und demokratisch gewählte Regierungen zu stürzen. Man zeige sich solidarisch mit der bolivianischen Regierung und dem bolivianischen Volk, schrieb er auf X. (APA, red, Reuters, 26.6.2024)