Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos).

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Im Wiener Rathaus ist am Freitag das neue Expertengremium Wiener Integrationsrat (Wir) präsentiert worden. Dieses soll die Stadt im Bereich Migration, Integration und Diversität beraten, sagte der zuständige Stadtrat, Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos). Die aus zehn Fachleuten bestehende Einrichtung solle durchaus auch Handlungsempfehlungen aufzeigen.

"Wien ist eine weltoffene und vielfältige Stadt", sagte Wiederkehr. Eine Stadt ohne Vielfalt wäre ihm zufolge einfältig. Integration sei aber auch eine Herausforderung. Das Ziel sei in diesem Zusammenhang eine vernunft- und lösungsorientierte Politik. Er halte nichts davon, im Bereich Integration nur auf das Trennende zu fokussieren. "Mein integrationspolitischer Ansatz ist nicht das Schielen nach der nächsten Schlagzeile." Das würden ohnehin viele tun.

Bauböck, Kohlenberger und Co

Auch in der Pandemiebekämpfung habe sich gezeigt, dass der Dialog mit Expertinnen und Experten wichtig sei. Dieser werde nun auch im Integrationsbereich fortgesetzt. Mit dabei sind unter anderen der Integrationsforscher Rainer Bauböck, der Publizist Muamer Bećirović, die Migrationsforscherin und Religionswissenschafterin Astrid Mattes, die Politikwissenschaftsprofessorin Sieglinde Rosenberger, der Politologe Gerd Valchars und die Kulturwissenschafterin Judith Kohlenberger.

Das Gremium soll sich zweimal jährlich zu Wort melden. Darin können auch Lösungsansätze für Problemfelder enthalten sein, sagte Wiederkehr. Die Aufgabe der Politik sei es dann, daraus die entsprechenden Schlüsse zu ziehen.

Zum Auftakt wird sich der Integrationsrat mit Corona und Migration beschäftigen, kündigte der Stadtrat an. Man werde über die Auswirkungen der Pandemie sprechen. Dass es solche gebe, sei jetzt schon absehbar. Die aktuell an der Wirtschaftsuniversität lehrende Integrationsexpertin Kohlenberger erwähnte die "wellenartig" wiederkehrende Diskussion darüber, ob Migranten häufiger von der Erkrankung betroffen seien.

Auch die Auswirkungen auf geflüchtete Menschen seien teilweise massiv. Laut Kohlenberger führt die diffuse Bedrohung durch die Pandemie hier immer wieder zu Retraumatisierungen. Generell seien Diskriminierungen in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt verstärkt zu beobachten gewesen.

Nepp: "Hilfloser PR-Versuch"

Die Integrationssprecherin der Wiener ÖVP, Caroline Hungerländer, bezeichnete den Integrationsrat in einer Aussendung als "ersten Schritt". Kritik übte sie an der Besetzung des Gremiums, hier gebe es Aufholbedarf. Es sei etwa verwunderlich, dass dem Wiener Integrationsrat scheinbar kein Vertreter des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) angehöre. Die Experten seien offenbar mit politische Scheuklappen engagiert worden".

Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp ortete einen "hilflosen PR-Versuch", mit dem das integrationspolitische Versagen der Stadtregierung kaschiert werden solle. Wiederkehr agiert nach dem Motto: 'Wenn man nicht mehr weiter weiß, bilde einen Arbeitskreis.' (APA, 21.5.2021)