Tomer Gardis "Eine runde Sache" ist im Grazer Verlag Droschl erschienen.

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Leipzig – So viel steht fest: Der Preis der Leipziger Buchmesse geht 2022 nicht nach Österreich. Denn unter den am Donnerstag veröffentlichten Nominierungen findet sich kein Werk heimischer Provenienz. Insgesamt zeigt sich die Anwärterliste heuer recht weltläufig. In der Belletristik-Kategorie hat die Jury fünf Romane nominiert, die sich thematisch teils weit in die Welt hinaus bewegen. Drei Autorinnen und Autoren auf der Shortlist wurden zudem nicht im deutschen Sprachraum geboren.

Chancen auf den Preis haben die aus Russland stammende Autorin Katerina Poladjan ("Zukunftsmusik"), Emine Sevgi Özdamar ("Ein von Schatten begrenzter Raum"), aufgewachsen in Istanbul, und Tomer Gardi ("Eine runde Sache"), geboren in Israel. Dessen Buch ist im Grazer Droschl-Verlag erschienen. Dazu nominierte die Jury die beiden Deutschen Heike Geißler ("Die Woche") und Dietmar Dath ("Gentzen oder: Betrunken aufräumen. Kalkülroman").

"Die nominierten literarischen Werke zeichnen sich durch ihre außergewöhnliche Sprachkunst aus, die überhaupt erst eine Auseinandersetzung mit ihren Themen ermöglicht", erklärte die Juryvorsitzende Insa Wilke am Donnerstag. Für die Auszeichnung waren 441 Werke aus 169 Verlagen eingereicht worden.

Michelangelo bis Pluralität

In der Kategorie Sachbuch/Essayistik wurden Horst Bredekamp ("Michelangelo"), Hadija Haruna-Oelker ("Die Schönheit der Differenz. Miteinander anders denken"), Christiane Hoffmann ("Alles, was wir nicht erinnern. Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters"), Juliane Rebentisch ("Der Streit um Pluralität. Auseinandersetzungen mit Hannah Arendt") und Uljana Wolf ("Etymologischer Gossip. Essays und Reden") nominiert.

Für den Übersetzer-Preis stehen Arbeiten auf der Shortlist, die aus dem Japanischen, Finnischen, Russischen, Niederländischen und Französischen übertragen wurden: Irmela Hijiya-Kirschnereit ("Dornauszieher. Der fabelhafte Jizô von Sugamo" von Hiromi Itô), Stefan Moster ("Im Saal von Alastalo. Eine Schilderung aus den Schären" von Volter Kilpi), Andreas Tretner ("Wunderkind Erjan" von Hamid Ismailov), Helga van Beuningen ("Mein kleines Prachttier" von Marieke Lucas Rijneveld) und Anne Weber ("Nevermore" von Cécile Wajsbrot).

Der Preis der Leipziger Buchmesse ist mit insgesamt 60.000 Euro dotiert – 15.000 Euro gehen an die Sieger der jeweiligen Kategorie, die Nominierten erhalten zudem je 1.000 Euro. Die Auszeichnung wird am 17. März in Leipzig vergeben.

"Buchmesse Pop Up" nach Absage

Nach der pandemiebedingten Absage der großen Leipziger Buchmesse zum dritten Mal in Folge planen unabhängige Verlage auf eigene Faust ein "Buchmesse Pop-up" in Leipzig. Von 18. bis 20. März – dem Termin der abgesagten Messe – wollen rund 50 Verlage im Werk 2 in Leipzig ihre Titel präsentieren. Dazu sei ein umfangreiches Programm an Lesungen geplant, teilten die Veranstalter am Donnerstag mit. Welche Autoren zum "Buchmesse Pop Up" kommen, stehe aber noch nicht fest.

Unter anderem beteiligen sich die Aufbau Verlage, C.H.Beck, Hanser, Klett-Cotta, Kunstmann und Wagenbach. Initiiert wurde die Veranstaltung von Leif Greinus vom Verlag Voland & Quist und Gunnar Cynybulk vom Kanon Verlag. Die Absage der Buchmesse sei "wirklich ein tiefer Schock gewesen", sagte Greinus. Sehr bald sei in der Branche jedoch die Entscheidung gereift, sich trotzdem in Leipzig treffen zu wollen. Das "Buchmesse Pop Up" sei keine Gegenveranstaltung zur großen Buchmesse, sondern eine einmalige Lösung für dieses Jahr. Die Leipziger Messe hatte die Buchmesse in der vorigen Woche abgesagt und dies damit begründet, dass zu viele, vor allem große Verlagskonzerne auf eine Teilnahme verzichten wollten.

Auftaktevent zum Gastlandauftritt

Trotz dieser Absage werden am 16. und 17. März einige Verlage und Autorinnen und Autoren aus Österreich in Leipzig präsent sein – einerseits durch die Verleihung des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung an Karl-Markus Gauß am 16. in der Nikolaikirche, andererseits gibt es laut Hauptverband des Österreichischen Buchhandels am 17. März in der Schaubühne Lindenfels einen Auftaktevent zum Gastlandauftritt Österreichs 2023. Unter dem Titel "Wildes Österreich" gibt es ab 18 Uhr eine "Lange Nacht der österreichischen Literatur", an der Xaver Bayer, Karl-Markus Gauß, Verena Gotthardt, Christopher Just, Fiston Mwanza Mujila, Jörg Piringer, Teresa Präauer, Stefanie Sargnagel, Daniela Strigl und Daniel Wisser teilnehmen sollen. Die Musik kommt vom Ersten Wiener Heimorgelorchester, durch den Abend führen Fritz Ostermayer und Katja Gasser, die künstlerische Leiterin des österreichischen Gastlandauftritts. (APA, 17.2.2022)