Der menschliche Zeitbegriff – also die Drehung der Erde um sich selbst beziehungsweise der Erde um die Sonne – in einer Armbanduhr zusammengefasst.

Foto: Doppelgänger

Stefan Kieninger ist Bergführer. Aber im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen verdient Kieninger seine Brötchen nicht mehr damit, seine Kunden sicher zu den Gipfeln zu geleiten. Der 53-jährige Salzburger hat vor über zwei Jahrzehnten die Firma Höhenwerkstatt gegründet.

Das Unternehmen ist spezialisiert auf Arbeiten in großen Höhen. Dort, wo der Aufbau von Gerüsten, Kränen oder Hebebühnen nicht möglich oder zu teuer ist, kommen die Industriekletterer der Höhenwerkstatt zum Einsatz. So können Montagearbeiten oder Inspektionen von Bauwerken durchgeführt, aber auch Zugangs- oder Rettungskonzepte ohne allzu großen technischen Aufwand erarbeitet werden.

Handymasten und Schneeräumung

Darüber hinaus bietet die Höhenwerkstatt auch Schulungen für Arbeiten in absturzgefährdeten Bereichen an. Die Themen reichen von der profanen seilgesicherten Schneeräumung auf Dächern bis hin zur Ausbildung von Technikern und Technikerinnen, die für Telekommunikationsunternehmen tätig sind und hin und wieder auch auf einen Handymast hinaufmüssen. Die Höhenwerkstatt betreibt inzwischen österreichweit sechs Trainingszentren und schult etwa 7.000 Personen pro Jahr.

Der Bergsteigerei und dem Klettern ist Kieninger freilich trotzdem treu geblieben. Privat wie beruflich. Privat ist er dieser Tage mit der Alpenüberschreitung von Nizza nach Wien beschäftigt.

Hallenklettern

Beruflich gründete Kieninger im Jahr 2016 in Salzburg die Boulderbar. Die Kombination aus trendigem Klettern in Absprunghöhe ("bouldern") und einer stylishen Bar schlug sofort ein. Etwa 200 Kletterbegeisterte besuchen die Boulderbar täglich, macht beachtliche 60.000 Leute pro Jahr. Noch heuer kommt eine weitere Boulderbar in Leonding nahe der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz dazu.

Inzwischen hat der umtriebige Kieninger ein weiteres Betätigungsfeld: Gemeinsam mit dem Rhythmuspädagogen und Schwimmlehrer Heinz Fladl und dem Designer Gerold Rubenbauer ist Kieninger in das Uhrmachergeschäft eingestiegen. Ausgangspunkt war die Idee Fladls, die Zeit dreidimensional anzuzeigen, da dies dem menschlichen Zeitbegriff – also der Drehung der Erde um sich selbst beziehungsweise der Erde um die Sonne – am nächsten käme.

Hohe Uhrmacherkunst

"Herausgekommen ist ein mechanisches Meisterwerk, eine technische Weltneuheit und die erste österreichische Uhrenmarke, die in der Haute Horlogerie mitspielen kann", sagt Kieninger. Er steuerte als "Geburtshelfer" das Anfangskapital und das wirtschaftliche Know-how zum Projekt bei. Haute Horlogerie bedeutet in Anlehnung an Haute Couture (gehobene Schneiderei) in etwa so viel wie "hohe Kunst des Uhrmachens". Das Stück besteht aus über 1.000 Einzelteilen und wird ob seiner Komplexität gleich von fünf Federhäusern angetrieben, um die Zeit tatsächlich dreidimensional anzeigen zu können.

Die Antwort ist: 42!

Der Firmenname Doppelgänger wie die Modellbezeichnung sind wohlüberlegt. "Doppelgänger" bezieht sich auf den Stunden- und den Minutenindikator, die einmal pro Stunde übereinander liegen; die Typenbezeichnung der Uhr, NGC-42, stammt vom New General Catalogue of Nebulae and Clusters of Stars (NGC) und von der Zahl "42", die nach dem Klassiker von Douglas Adams’ Per Anhalter durch die Galaxis ja die Antwort auf alle Fragen sei.

"Nicht für die Firmung"

Ende März wird das edle Teil im Rahmen der Uhrenmesse in Genf erstmals offiziell der Öffentlichkeit präsentiert. In der Schweiz wird die Uhr von der Uhrteil AG gefertigt, obgleich der Firmensitz in Salzburg ist. Es habe in Österreich keinen Uhrmacher gegeben, der eine derart komplexe Uhr produzieren könne, sagt Kieninger.

Bleibt die Frage nach dem Preis. Um 156.000 Euro netto ist man dabei. "Das ist keine Uhr für die Firmung", sagt Kieninger. Er hofft auf "technikverliebte Sammler mit entsprechend großem Portemonnaie". (Thomas Neuhold, 22.3.2022)