Johan Eliasch hat sich mit seiner Amtsführung bisher wenige Freunde gemacht.

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Christian Scherer bemängelt, dass es aktuell keine zukunftsgerichteten Gespräche mit der Fis gebe.

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Roswitha Stadlober glaubt trotz vieler Probleme an das Gute und dass dies auch für die Fis gelte.


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Die Auftaktrennen der Weltcupsaison auf dem kompakten, weißen Schneeband zwischen dem Geröll des Rettenbachferners oberhalb Söldens sollen am Wochenende wieder die Lust auf Wintertourismus wecken. Unter den gegebenen Umständen kein leichtes Unterfangen. Noch schwieriger lösbar erscheint jedoch ein seit Monaten eskalierter Wickel, der zwischen dem Weltverband Fis und vielen nationalen Verbänden, darunter jene Österreichs und der Schweiz, tobt. Stein des Anstoßes sind die radikalen Reformen des 2021 noch als großen Hoffnungsträger an die Spitze der Fis gewählten Präsidenten Johan Eliasch. Die Skifahrt steht mitten in einer Zerreißprobe.

Zunächst ließ das Thema Zentralvermarktung die großen Skinationen auf die Barrikaden steigen, weil sie eine "Enteignung", wie es ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer formulierte, befürchten. "Diese Unterlagen wurden zurückgezogen. Fakt ist, dass eine zentrale Vermarktung nur dann Sinn macht, wenn sie zum Wohle aller Parteien ist. Und das hat sich bis jetzt noch nicht herauskristallisiert. Dafür muss es erst neue Konzepte geben." Nach einem Austausch mit der Fis im Sommer habe es keine Gespräche mehr gegeben, "weil auch das Thema der Überprüfung der Fis-Präsidentenwahl im Raum steht", sagt Scherer. ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober bezeichnet das Verhältnis mit der Fis und Eliasch als "angespannt". Auf viele Fragen kämen keine Antworten – oder erst nach mehrmaligem Nachfragen.

Wahlfarce mit Nachspiel

Die Wahl im Rahmen des 53. Fis-Kongresses Ende Mai in Mailand brachte das Fass zum Überlaufen. Wenig überraschend wurde Eliasch wieder gewählt. Er war einziger Kandidat. Von den 117 stimmberechtigten Verbänden wählten allerdings nur 70 den 60-jährigen früheren Head-CEO. Der Rest enthielt sich der Stimme und verließ aus Protest den Saal. Doch die Farce hat ein Nachspiel. Der ÖSV fechtet gemeinsam mit den Verbänden der Schweiz, Deutschlands und Kroatiens die umstrittene Wahl beim Europäischen Sportgerichtshof Cas wegen Unterwanderung der demokratischen Grundsätze an. Am 5. Dezember steht eine Anhörung beim Cas an. Stadlober befürchtet, dass sich das Urteil aber verzögern wird.

Bis dahin wird es eine formidable Eiszeit zwischen der Fis und den nationalen Verbänden geben. Scherer: "Wir arbeiten auf operativer Ebene gut zusammen. Zukunftsgerichtete Gespräche finden derzeit nicht statt, sie werden wohl erst nach der Entscheidung des Cas wiederaufgenommen."

Als Reaktion auf den Führungsstil mit mangelhafter Kommunikation seitens der Fis haben die Verbände untereinander einen Schulterschluss gesucht. Scherer: "Die Solidarität zwischen den Verbänden hat sich weiter manifestiert. Veränderungen funktionieren immer noch dann, wenn es Kommunikation gibt, und die hat es zu wenig gegeben und deshalb hat sich Widerstand aufgebaut."

Alte und neue Märkte

Weiters sorgt für Aufregung, dass der ohnehin schon prall gefüllte Kalender mit Rennen in Asien, Amerika oder auch in Skihallen (etwa in Dubai) erweitert werden soll – trotz Klimakrise, Teuerung und eines nicht gerade kleinen CO2-Fußabdrucks. So sahen sich heuer viele Teams durch die abschmelzenden Gletscher gezwungen, ihre Trainingslager wie früher auf der Südhalbkugel aufzuschlagen, auch um für den knapp nach Sölden geplanten Speed-Auftakt am Fuße des Matterhorns gerüstet zu sein. Stadlober fordert hinsichtlich eines schlankeren CO2-Abdrucks Anpassungen im Rennkalender, befürchtet dahingehend aber mangelnde Bereitschaft der Fis. "Offensichtlich gibt es da andere Interessen", sagt die 59-Jährige. Sölden-Kritikern hält sie entgegen, dass die Veranstalter mit den Schneedepots gut vorbereitet seien, das sei nachhaltig.

Scherer bekrittelt den Zeitpunkt der Expansion, zunächst gelte es, "die eigenen Märkte zu optimieren, bevor man den nächsten Schritt macht und in die große, weite Welt hinausstrahlt." Und es gebe noch genügend Möglichkeiten, die Reiserouten zu optimieren. "Mit der Konzentration auf gewisse Austragungsregionen kann man vermeiden, dass man öfter über den Atlantik fliegen muss." Aber Reisen werde es immer geben.

Ob Aktive aus Russland und Belarus wieder an Fis-Bewerben teilnehmen dürfen, wird am Samstag entschieden. "Vorläufig", wie die Fis betont, werden beide Nationen mit Startplätzen angeführt. Deutschland und skandinavische Länder stehen einer möglichen Rückkehr sehr kritisch gegenüber. Stadlober und Scherer betonen, dass man die Vorgaben des IOC und der Fis akzeptieren werde, zumal man in den Entscheidungsprozess nicht eingebunden sei. (Thomas Hirner, 21.10.2022)