Auch mehr als 40 Tage nach dem gewaltsamen Tod der jungen Iranerin Mahsa Amini dauern die Proteste gegen die Staatsführung an – ja, sie nehmen laut Berichten aus der Bevölkerung stetig zu.

Kein Ende der Proteste im Iran.
Foto: AP Photo/Middle East Images

Der Widerstand gegen herrschende System ist mittlerweile in fast allen Landesteilen zu sehen und zu spüren, der Unmut wegen des brutalen Vorgehens des Sicherheitsapparats wächst weiter. Auffallend ist in der Hauptstadt Teheran und anderen Zentren des Landes, dass mit jedem Tag die Solidarität – auch jene zwischen den verschiedenen Ethnien des Landes – zum beherrschenden Thema wird. Die Iranerinnen und Iraner präsentieren sich in einer bis jetzt noch nie da gewesenen Einheit, sie beweisen Zusammenhalt.

Ärgernis für das Regime

Gerade diese Einheit, diese Solidarität scheint ein Dorn im Auge der Systembewahrer zu sein. Diese warnten wiederholt vor Verhältnisse wie in Syrien, sollten die Unruhen andauern. Hunderttausende Menschen im Iran werten diese Warnungen bloß als Vorwand der Mächtigen, um den zivilen Widerstand in der Bevölkerung zu brechen – und zwar mit Gewalt.

Gerade die jüngere Generation scheint ein Motor dieses solidarischen Widerstands gegen die Staatsführung zu sein. Es ist eine Generation, die zur Gänze in diesem System aufwuchs und seiner Propaganda völlig ausgesetzt war. Doch nun will diese Gruppe der iranischen Gesellschaft diesem Machtapparat offenbar einen Strich durch die Rechnung machen.

Mit Spannung wurde daher dieser Freitag erwartet. In Zahedan, der Hauptstadt der im Südosten gelegenen Provinz Sistan-Belutschistan, sollte es zu einer Großkundgebung kommen, ebenso in weiteren Städten in dieser Region – aber auch darüber hinaus. Auch wenn die Region im Gegensatz zum sonst schiitisch geprägten Iran eine sunnitische Mehrheitsbevölkerung aufweist, wird nun viel Einheit und Solidarität zwischen den Landesteilen demonstriert.

Auge und Licht des Iran

"Zahedan und Kurdistan sind Auge und Licht des Iran!", ist ein oft gehörter Slogan bei fast alle Demonstrationen. Er beweist, dass sehr viele Menschen im Iran – unabhängig von ihrer Religion oder ethnischen Zugehörigkeit – ein Ziel verfolgen: Sie wollen sich nicht mehr dem herrschenden System beugen.

Unterdessen wurde der Polizeichef von Zahedan entlassen: Die Maßnahme sei ein Ergebnis einer Untersuchung zur gewaltsamen Niederschlagung der Proteste am 30. September. Damals kamen mindestens 66 Menschen ums Leben.

In der Hauptstadt Teheran gingen in der Nacht auf Freitag wieder zahlreiche Menschen auf die Straße, oft unterstützt von Menschen auf Balkonen entlang der Straßenzüge. Berichten zufolge schoss die Polizei nicht nur auf den Demonstrationszug, sondern auch auf die Menschen in den Häusern. Neben Protestslogans ertönten auch Rufe nach einem Referendum und dem Sturz des Systems. (red, 28.10.2022)