"Tempolimit? Ja bitte!" – So steht es auf einem großen Plakat vor der Station in Berlin, wo die FDP am Freitag ihren dreitägigen Bundesparteitag begann. Ein Tempolimit? Die FDP? Natürlich nicht. Es waren Umweltaktivisten und -aktivistinnen, die bei den deutschen Liberalen eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h auf Autobahnen anmahnten.

Eine solche fehlte der Partei gerade noch. Viele an der Basis sind ohnehin sauer, sie finden, dass sich die FDP in der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP zu sehr unterbuttern lässt und es nicht schafft, ihre Markenkerne ausreichend sichtbar zu machen.

Schlechte Ergebnisse

Das hat sich zuletzt in vielen schlechten Landtagswahlergebnissen gezeigt. Fünf Landtagswahlen gab es, seit die FDP Teil der Ampel ist. In Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen verlor sie und flog aus den Landesregierungen, im Saarland, in Niedersachsen und in Berlin scheiterte sie sogar an der Fünfprozenthürde.

Christian Lindner, FDP-Chef.
Foto: EPA/Bilan

In Umfragen für den Bund liegt sie auch nur noch zwischen sechs und acht Prozent. Bei der Bundestagswahl 2021 hat sie noch 11,5 Prozent erreicht.

Parteichef Christian Lindner ist seit zehn Jahren im Amt. Und er macht in seiner 90-minütigen Rede deutlich, dass er noch nicht ans Abtreten denkt. "Ihr seid es wert", sagt er, "wir haben noch viel vor, wir kämpfen für ein modernes, nicht linkes Deutschland." Und er betont: "Wir stehen gemeinsam erst am Anfang."

Parteiseele

Die vielen Misserfolge der vergangenen eineinhalb Jahre erwähnt er mit keinem Wort. Im Gegenteil: Lindner vergleicht die aktuelle Situation lieber mit jener vor zehn Jahren, als die FDP nicht einmal im Bundestag saß. Damals habe sie 55.000 Mitglieder gehabt, jetzt seien es 20.000 mehr. Damals habe sie nur bei zwei Prozent in Umfragen gelegen, jetzt seien es mehr als sieben.

Inhaltlich spannt Lindner einen weiten Bogen von der Ukraine bis zu Familienleistungen. Die Seele der Partei streichelt er mit einem Bekenntnis zur Schuldenbremse. Das Festhalten daran sei "nicht irgendein Fetisch, es ist ein Gebot der ökonomischen Klugheit", betont er. Auch im Leitantrag der Partei heißt es: "Zu lange wurde der Wohlstand in Deutschland nur verteilt, ohne zu fragen, wo er herkommt oder wie wir den Wohlstand der Menschen und der Gesellschaft mehren können."

"Nicht jeder falschen Idee folgen"

Lindner macht auch deutlich, dass er von der neuesten Idee der CDU zu Steuererhöhungen nichts hält. Die CDU schlägt vor, den Spitzensteuersatz zwar später greifen, dafür dann aber höher ausfallen zu lassen. Die sei kein Signal für die Menschen, "in Deutschland etwas erreichen zu wollen". Die FDP jedenfalls werde "nicht jeder falschen Idee folgen".

In der Halle ist die Aufforderung "Let's grow" zu sehen. Ob das gelingt, wird man sehen. In Bremen wird am 14. Mai eine neue Bürgerschaft gewählt, derzeit liegt die FDP in Umfragen bei sechs Prozent. (Birgit Baumann aus Berlin, 21.4.2023)