Kai Wegner (CDU, vorne Mitte) hat es doch ins Rote Rathaus geschafft. Neben ihm links steht die neue Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD). Sie war in den vergangenen eineinhalb Jahren Bürgermeisterin. Links hinten: Kultursenator Joe Chialo (CDU).

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Schwarz, aber schillernd" – das könnte ein treffender Slogan für den neuen Berliner Bürgermeister Kai Wegner (CDU) werden. Ausgedacht hat ihn sich der Sozialdemokrat Klaus Wowereit, der von 2001 bis 2014 die deutsche Hauptstadt regierte.

Wowereit hat ja bekanntlich für das notorisch klamme Berlin die Würdigung "arm, aber sexy" erfunden. Sie wird heute noch gern zitiert und gilt als treffender Werbespruch.

Allerdings fand "Wowi" Wegner noch vor dessen verkorkster Wahl zum neuen "Regierenden" von Berlin "schwarz, aber schillernd". Jetzt trifft auf den Neuen eher die Beschreibung "schwarz, aber geschwächt" zu.

Denn Wegner brauchte drei Anläufe, dann erst bekam er im Berliner Abgeordnetenhaus genug Stimmen seiner eigenen rot-schwarzen Koalition, um sich endlich "regierender Bürgermeister von Berlin" nennen zu dürfen. Drei Versuche hatte noch nie jemand in Berlin nötig gehabt bei einer Wahl zum Regierungschef.

Mit AfD-Hilfe?

80 Stimmen brauchte Wegner, 86 bekam er im dritten Wahlgang. Genau so viele Abgeordnete von CDU und SPD gibt es im Abgeordnetenhaus. Allerdings ist bekannt, dass bei einer Probeabstimmung vor dem eigentlichen Ereignis zwar die CDU-Fraktion geschlossen für Wegner gestimmt hatte, bei den Sozialdemokraten jedoch zwei die Gefolgschaft verweigert hatten.

Da Wegner letztendlich dann 86 Stimmen in der geheimen Wahl erhalten hatte, behauptet die AfD, sie habe dem 50-Jährigen ins Amt verholfen. Auch AfD-Abgeordnete hätten Wegner gewählt.

"Dieser Schritt ist uns nicht leichtgefallen, denn wir halten den zwischen CDU und SPD geschlossenen Koalitionsvertrag für die weitgehende Fortsetzung rot-grün-roter Politik mit teilweise anderem Personal. Dennoch überwiegt für uns die gesamtstädtische Verantwortung, der wir uns stellen", erklärte AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker nach der Wahl.

Geheime Stimmabgabe

Grundsätzlich könnte sich ein Regierungschef ja freuen, wenn er auch aus den Reihen der Opposition Zustimmung wie Stimmen bekommt. Im Falle der AfD ist dies allerdings äußerst pikant. Die CDU ist sehr darauf bedacht, sich von der rechtsextremen Partei abzugrenzen. Es gibt auch einen Parteitagsbeschluss, der eine Zusammenarbeit ausschließt.

Die AfD weiß also genau, dass die CDU und Wegner ihre "Unterstützung" nicht möchten. Zu überprüfen, wer nun tatsächlich für Wegner gestimmt hat, ist ohnehin nicht möglich, die Wahl war ja geheim.

Die Abgeordneten wurden namentlich aufgerufen und warfen ihre Stimmzettel für andere nicht sichtbar in die Wahlurne.

AfD-Jägerin als Senatorin

Der neue Bürgermeister will sich ohnehin keine Stimmen von Rechtsaußen zurechnen lassen. "Ich glaube, dass die AfD hier chaotisieren will", sagt er. Er könne sich "beim besten Willen nicht vorstellen", dass die AfD einen Bürgermeister wähle, "der die größte AfD-Jägerin aus ganz Deutschland nach Berlin holt". Wegner: "Von daher ist das eine Taktik, eine Strategie. Davon lasse ich mich aber nicht beirren."

Mit "AfD-Jägerin" bezog sich Wegner auf die neue parteilose Justizsenatorin Felor Badenberg. Die gebürtige Iranerin hatte zuvor im Bundesamt für Verfassungsschutz gearbeitet und sich auch um die Einstufung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall gekümmert. Sie wurde von Wegner berufen.

Spekuliert wird, dass Badenbergs Berufung nicht allen in der CDU gefällt. Das Gleiche gilt für den neuen Kultursenator Joe Chialo (CDU). Der Quereinsteiger ist Musikmanager und war früher bei den Grünen.

So mancher, der seit langem in der Berliner CDU tätig ist und den klassischen Aufstieg durch die diversen Partei- und Fraktionsebenen hinter sich hat, könnte sich übergangen fühlen und dies bei den ersten beiden Wahlgängen zum Ausdruck gebracht haben.

Giffey nun Senatorin

Aber es gibt auch "alte Bekannte" in Wegners Kabinett. Franziska Giffey (SPD), die in den vergangenen eineinhalb Jahren Bürgermeisterin war, ist nun Wirtschaftssenatorin. Iris Spranger (SPD) bleibt auch in der großen Koalition Innensenatorin.

Jedenfalls haben Wegner sowie die zehn Senatorinnen und Senatoren am Freitag ihre Arbeit aufgenommen und ihre Büros übernommen. Es sei "sicher kein geglückter Start" gewesen, räumte der neue Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Christian Gaebler (SPD), ein. Er meinte auch, es werde "da noch mal interne Diskussionen geben". (Birgit Baumann aus Berlin, 28.4.2023)