Bis vor kurzem hat Robert Habeck (rechts) noch an seinem Staatssekretär Patrick Graichen (links) festgehalten.

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Dass ihn der Schritt nicht leicht fiel, war Robert Habeck an Mittwoch anzusehen. Der Grüne Minister für Wirtschaft und Klimaschutz hatte zur Pressekonferenz in sein Ministerium gebeten, um über Neuigkeiten im Fall seines umstrittenen Staatssekretärs Patrick Graichen (51) zu berichten. Und die hatten es in sich. "Ich beabsichtige den Bundespräsidenten zu bitten, Patrick Graichen in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen", so Habeck.

Der Fall Graichen beschäftigt Habeck schon eine Weile. Zunächst war die "Trauzeugenaffäre" bekannt geworden. Graichen saß in einer Kommission, die einen neuen Chef oder eine neue Chefin für die bundeseigene Deutsche Energieagentur (Dena) suchte. Die Wahl fiel auf Michael Schäfer, der Graichens Trauzeuge war.

Habeck wollte, als dies bekannt wurde, Graichen im Amt halten. Doch er beauftragte eine interne Prüfung im Ministerium und ließ alle Entscheidungen, an denen Graichen beteiligt war, durchleuchten.

600.000 Euro

Da tauchte etwas auf, nämlich, so Habeck: "Ein Sachverhalt, der bisher öffentlich noch nicht diskutiert wurde und über den ich nun Transparenz herstelle". Dieser stammt aus dem Jahr 2022. Damals, am 30. November, hatte Graichen mehrere sogenannte "Projektskizzen" genehmigt. Eines der Projekte, die als "förderwürdig" angesehen wurden, war vom Landesverband der Umweltschutzorganisation BUND eingereicht worden. 600.000 Euro sollten fließen. Allerdings saß im Vorstand des BUND-Landesverbandes Verena Graichen, die Schwester des Staatssekretärs.

Habeck: "Diese Vorlage hätte Patrick Graichen weder vorgelegt werden dürfen noch hätte er sie abzeichnen dürfen." Es sei ein klarer Verstoß gegen die Compliance-Regeln des Ministeriums. Zudem sieht Habeck einen "Graubereich" bei der Besetzung der Expertenkommission zum Energiewendemonitoring.

Er betonte: "Stünde jeder dieser Fehler für sich allein, würde er eine solch dramatische Konsequenz nicht nötig machen." Aber: "In der Gesamtschau hat sich Patrick Graichen zu angreifbar gemacht, um sein Amt noch wirkungsvoll ausüben zu können."

Noch keine Nachfolge bestimmt

Einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Graichen gibt es noch nicht. Habeck macht sich jetzt auf die Suche. Der oder die Neue muss dann die Energiewende umsetzen.

"Ich habe entschieden, dass Patrick Graichen wegen dieses Fehlers nicht gehen muss" hatte Habeck noch vor einer Woche, als nur die "Trauzeugenaffäre" bekannt war, gesagt. Da war er vom Wirtschafts- und Klimaschutzausschuss des deutschen Bundestags in dieser Causa befragt worden. Habeck zeigte sich zuversichtlich, dass die Parlamentarier seine Entscheidung und seine Begründung dafür verstanden hätten.

Doch die Opposition war in der Vorwoche schon unzufrieden und forderte den Rücktritt Graichens. Die AfD forderte Habeck auf, gleich mit ihm zu gehen. In der kommenden Woche wollte die Opposition Habeck öffentlich befragen. (Birgit Baumann, 17.5.2023)