Patrick Graichen (links), Staatssekretär des grünen Wirtschafts- und Klimaschutzministers Robert Habeck (rechts).

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Was sich am Mittwochvormittag in Berlin anspielte, kann man in Österreich als Lehrstunde in Sachen politischer Hygiene nutzen. Patrick Graichen, der umstrittene Staatssekretär des Grünen Wirtschafts- und Klimaschutzministers Robert Habeck musste nun doch gehen.

Er ist jener Mann, der wegen Filz und Vetternwirtschaft schwer ins Gerede gekommen ist – saß er doch in der Findungskommission, die nach einem Chef für die bundeseigene Deutsche Energieagentur (Dena) suchte und ihn dann in Michael Schäfer fand. Doch der war mal Graichens Trauzeuge. Von einem "Fehler" war dann bei Habeck und Graichen die Rede, der Job wurde neu ausgeschrieben. Dennoch: die Aufregung war groß.

Sauberer wäre natürlich ein Rückzug sofort nach Auffliegen dieser "Trauzeugenaffäre" gewesen. Aber Habeck wollte an Graichen festhalten und der auch nicht gehen. Jetzt hat sich der Wind gedreht, der Staatssekretär verlässt das Ministerium. Denn Habeck hat weitere Entscheidungen, in die Graichen involviert gewesen war, intern prüfen lassen. Dabei kamen noch zwei Unsauberkeiten ans Licht. Da staunen viele in Wien, wo alle Welt in Chats nachlesen kann, wie eng geschäftlich verbandelt so einige waren und wie hemmungslos "Familie" ausgelegt wurde.

Der Schaden bist angerichtet

Für Habeck hingegen war das zu viel, er konnte und wollte Graichen dann doch nicht mehr halten, weil er den sonst so hehren moralischen Ansprüchen der Grünen nicht genügt hätte. Die Wahl in Bremen hat ja gezeigt, dass Grüne Aktien derzeit nicht hoch im Kurs stehen. Im Gegenteil: In der Hansestadt stürzte die Ökopartei am Sonntag bei der Landtagswahl um 5,5 Punkte ab. Das ist nicht alleine Graichens Schuld, aber die Affäre um ihn trug natürlich zur aktuellen Misere der Partei zu.

Fürs Erste ist der Fall erledigt, aber der Schaden bleibt. Viele sind frustriert, dass so etwas in Habecks Haus überhaupt passiert ist und dann – nach Bekanntwerden des Fehlers – nicht schnell aufgeräumt wurde. Zudem war Graichen der wichtigste Mann für die Energiewende. Und diese ist wiederum das zentrale Vorhaben Habecks. Jetzt muss dieses Feld personell neu aufgestellt werden. Und das kostet wertvolle Zeit. (Birgit Baumann, 17.5.2023)