Damaskus / New York – Millionen Menschen im Nordwesten Syriens sind nach einem Veto im Uno-Sicherheitsrat vorerst von humanitärer Hilfe abgeschnitten. Nach monatelangen Verhandlungen im mächtigsten Uno-Gremium legte Russland am Dienstag ein Veto gegen die Verlängerung einer Resolution zur weiteren Öffnung des wichtigen Grenzübergangs Bab al-Hawa für neun Monate ein. Ein von Russland selbst eingebrachter Vorschlag für eine Verlängerung um sechs Monate scheiterte anschließend.

Der Sicherheitsrat muss nun einen neuen Kompromiss aushandeln. Vor der zweiten Abstimmung hatte der russische Uno-Botschafter Wassili Nebensja angedeutet, dass die Maßnahmen, die seit 2014 in Kraft sind, beendet werden könnten. Die bisherige Regelung war am Montag ausgelaufen. Der Uno-Nothilfeorganisation OCHA zufolge wurde Bab al-Hawa wegen des ausgelaufenen Mandats in der Nacht von Montag auf Dienstag geschlossen.

Hilfsgüter in einem Lager am syrisch-türkischen Grenzübergang Bab al-Hawa.
Hilfsgüter in einem Lager am syrisch-türkischen Grenzübergang Bab al-Hawa.
AFP/OMAR HAJ KADOUR

UNO-Generalsekretär António Guterres gab sich "enttäuscht". Ein Sprecher sagte, die Vereinten Nationen hätten noch Hilfslieferungen in Syrien gelagert. Bab al-Hawa müsse aber trotzdem so schnell wie möglich wieder geöffnet werden. 85 Prozent aller Güter für den Nordwesten würden über diesen Übergang geliefert.

Über den Grenzposten zwischen der Türkei und den von Rebellen gehaltenen syrischen Gebieten läuft ein Großteil der humanitären Hilfe für den Nordwesten Syriens. Nach Angaben der Vereinten Nationen benötigen in dieser Region des Bürgerkriegslandes 4,1 Millionen Menschen Unterstützung. Russland ist einer der engsten Verbündeten von Syriens Regierung. Präsident Bashar al-Assad will mit der Schließung der Grenzübergänge Einfluss auf von Rebellen gehaltene Teile des Landes zurückgewinnen.

Neun von 15 Ratsmitgliedern müssen zustimmen

Nach dem schweren Erdbeben in Syrien und der Türkei vor einigen Monaten hatte Assad zwei weitere Grenzübergänge zur Türkei übergangsweise freigegeben: Bab al-Salam und Al-Ra'ee sind weiter offen. Bab al-Hawa ist für den Nordwesten des Landes aber deutlich wichtiger.

Der Sicherheitsrat muss die Lieferungen genehmigen, weil die syrischen Behörden dem humanitären Einsatz in den von Oppositionellen gehaltenen Gebieten nicht zustimmen. Um eine Resolution umzusetzen, müssen mindestens neun des 15 Mitglieder umfassenden Gremiums zustimmen. Zudem darf keines der fünf ständigen Mitglieder – Russland, China, USA, Frankreich und Großbritannien – ein Veto einlegen.

Bei der Verlängerung um neun Monate hatte sich China enthalten, die anderen 13 Länder stimmten dafür. Russland legte ein Veto ein. Bei dem russischen Vorschlag für eine sechsmonatige Verlängerung stimmten lediglich Russland und China dafür, die USA, Großbritannien und Frankreich stimmten dagegen, und die anderen zehn Mitglieder enthielten sich. (APA, 11.7.2023)