Christoph Freund spricht.
Christoph Freund geht nach München.
APA/EXPA/JFK

Salzburg – Christoph Freund wird neuer Sportdirektor von Bayern München. Der 46-Jährige übernimmt ab dem 1. September die Kaderplanung des deutschen Serienmeisters, die derzeitige Transferphase vollendet er noch bei den "Bullen". Das bestätigten die Vereine am Dienstagnachmittag.

Freund löste Ralf Rangnick 2015 als Sportdirektor ab, zuvor war er von 2006 bis 2012 Teammanager und danach Sportkoordinator gewesen. "Mir ist es wichtig, dass ein Verein eine Identität hat, und dafür steht der FC Bayern ohne Frage. Salzburg bin ich für 17 erfolgreiche und emotionale Jahre sehr dankbar, und ich werde mich in dieser Transferperiode für den Club genauso einbringen, wie man es von mir kennt", sagte Freund.

Salzburg verliert damit seinen wichtigsten Mann. Freund war der Architekt zahlloser Meistermannschaften, bewies auch bei der Trainerauswahl oft ein gutes Händchen und verfügt im Ausland über Netzwerk und Ansehen. Er gilt als äußerst heimatverbunden, auch aus dieser Perspektive kommt ein Engagement im nahen München gelegen.

Transferkaiser

In acht Jahren unter Sportdirektor Freund holte Salzburg acht Meistertitel, sechs Cupsiege und qualifizierte sich fünfmal für die Gruppenphase der Champions League. Auch finanziell hob das Mastermind RBS in neue Sphären. Unter seiner Ägide gab der Klub 169 Millionen Euro für neue Spieler aus, nahm durch Verkäufe aber 569 Millionen ein – ein Plus von 400 Millionen. Schnäppchen wie Dayot Upamecano (2,20 Mio. Euro), Patson Daka (250.000 Euro) oder Philipp Köhn (900.000) gingen auf seine Kappe, auch teurere Transfers wie Erling Haaland (8 Mio.) oder Karim Adeyemi (10,10 Mio.) erwiesen sich als lukrative Glücksgriffe. Bei Bayern trifft er nun auf mehrere alte Bekannte, in Salzburg arbeitete Freund neben Upamecano auch mit Konrad Laimer und Sadio Mané zusammen. Auch Bayerns Nachwuchsleiter Jochen Sauer war an der Salzach bereits Freunds Kollege, er war zwischen 2013 und 2017 Geschäftsführer der Bullen.

Bei Bayern findet Freund freilich völlig andere Bedingungen vor als auf seiner bisherigen Spielwiese. Statt jährlich in einige Rohdiamanten zu investieren und diese möglichst zu Weltkickern zu schleifen, muss Freund künftig mit Spitzenvereinen um etablierte Stars verhandeln. Der große Kaderumbruch an der Säbener Straße dürfte bei Freunds Amtsantritt bereits erledigt sein, nach der durchwachsenen und nur dank Dortmunds Umfaller mit einem Titel garnierten Vorsaison kehrten Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge in ihre Machtpositionen zurück und forcierten frisches Blut bei dem zuletzt lethargischen Ligakrösus.

Transfersommer

Bis September regelt eine "Task Force" aus Hoeneß, Rummenigge, CEO Jan-Christian Dreesen, Finanzvorstand Michael Diederich und Trainer Thomas Tuchel die bayrische Transferpolitik, Kronjuwel der Transferphase soll Harry Kane sein. Um den Stürmer gibt es mit seinem derzeitigen Klub Tottenham Hotspur seit Wochen Verhandlungen. Die Verpflichtung von Napoli-Innenverteidiger Min-Jae Kim wurde am späten Dienstagnachmittag offiziell, zudem soll sich Tuchel einen weiteren "Sechser" wünschen. Zahlreiche Akteure will die Klubführung verkaufen, darunter Mané oder Leon Goretzka.

Welche Aufgaben Freund in München konkret übernimmt, scheint noch offen. Salihamidzic war Sportvorstand, Freund soll explizit als Sportdirektor vorgesehen sein. Nicht auszuschließen, dass der mit der Entwicklung junger Spieler erfahrene Fachmann auch die Durchlässigkeit der vereinseigenen Jugend zur Kampfmannschaft verbessern soll, gewiss gefragt sein wird er als Kaderplaner. Freund gilt als sehr umgänglicher Mensch, der nicht krampfhaft in die Öffentlichkeit drängt – eine Eigenschaft, die ihm in der Arbeit mit den rasenden Alphatieren Hoeneß und Rummenigge zugute kommen dürfte.

Im September 2022 war Freund auch vom FC Chelsea umworben worden, ein Wechsel zerschlug sich aber. Bei Bayern hatte lange Leipzigs Geschäftsführer Sport Max Eberl als aussichtsreichster Kandidat gegolten, auch Eintracht Frankfurts Markus Krösche war mit dem Job in Verbindung gebracht worden.

Nachfolger schon parat?

"Da uns dieser Wechsel nicht ganz unvorbereitet trifft, konnten wir uns schon Gedanken über die mögliche Nachfolge von Christoph machen", sagte RBS-Geschäftsführer Stephan Reiter. Mögliche Nachfolger für den Salzburger Sportdirektor-Posten sind Bernhard Seonbuchner, der Sportliche Leiter der Akademie, und Liefering-Geschäftsführer Manfred Pamminger.

Eine spannende externe Lösung wäre Oliver Glasner: Dem Ex-Trainer von Eintracht Frankfurt wird schon lange nachgesagt, näher an seine oberösterreichische Heimat zu wollen, aus seiner höchst erfolgreichen LASK-Zeit hat er bereits Erfahrungen als Sportdirektor. Die Gegebenheiten bei RB kennt er aus seiner Zeit als Co-Trainer von Roger Schmidt bereits. (Martin Schauhuber, 18.7.2023)