Henry Kissinger in Peking.
Henry Kissinger in Peking.
AFP/ China's Ministry of Foreign

Sie sprechen wieder miteinander. Nach knapp drei Jahren ohne gegenseitige persönliche Besuche hat sich jetzt zwischen Peking und Washington eine rege Reisetätigkeit entfaltet. Aktuell sind gerade zwei hochrangige Persönlichkeiten in China.

Da ist zum einen der Altmeister der amerikanischen Außenpolitik, Henry Kissinger. Der in Deutschland geborene Staatsmann, der im Mai 100 Jahre alt wurde, genießt in China besonders hohes Ansehen. Auf ihn geht eine der wichtigsten geopolitischen Wenden in der amerikanischen Geschichte zurück: Als Außenminister bereitete er Anfang der 1970er-Jahre die diplomatische Anerkennung der Volksrepublik Chinas durch die USA vor. Bis dahin hatte Taiwan als einzige offizielle Vertretung Chinas gegolten. Aus der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Peking erhoffte man sich in Washington eine Schwächung der Sowjetunion. In der Folge wurden die Wirtschaftsbeziehungen, ohne die Chinas Aufstieg zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nicht möglich gewesen wäre, immer enger.

In Peking hat Kissinger Verteidigungsminister Li Shangfu getroffen, gegen den in den USA 2018 Sanktionen verhängt wurden. Ihm wurden militärische Geschäfte mit Russland vorgeworfen. Kissinger betonte, als "Freund Chinas" gekommen zu sein. "Die heutige Welt ist voller Herausforderungen und Chancen. Die USA und China sollten Missverständnisse beseitigen, friedlich zusammenleben und Konfrontationen vermeiden."

Systemrivalität

Tatsächlich sind die Beziehungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften aktuell mehr als angespannt. Die USA werfen Peking indirekte Parteinahme für Russland im Ukrainekrieg vor. Seit Oktober gelten zudem Exportkontrollen bei den für die chinesische Wirtschaft enorm wichtigen Halbleitern. Anfang der Woche hieß es, dass diese Kontrollen nochmals verschärft werden sollten.

Der zweite hochrangige Besucher aus den USA ist der "Klima-Zar" John Kerry. Er ist seit Sonntag in Peking. Der offizielle Klimaschutzbeauftragte der amerikanischen Regierung hat sich bereits mit Premierminister Li Qiang und dem obersten Chefdiplomaten Wang Yi getroffen, der wiederum den seit bald vier Wochen als verschwunden geltenden Außenminister Qin Gang vertritt. Klimapolitik ist so etwas wie das Feigenblatt der chinesisch-amerikanischen Beziehungen. Die beiden größten CO2-Emittenten der Welt betonen stets, in dieser Frage eng zusammenarbeiten zu wollen.

Fehlender Klimaschutz

Peking betont und Washington lobt die in absoluten Zahlen sehr hohen Investitionen Chinas in erneuerbare Energien. Nicht so oft zur Sprache kommt, dass derzeit auch kaum ein Land so viel in fossile Brennstoffe investiert wie die Volksrepublik China. Aktuell gehen in dem Land jede Woche zwei neue Kohlekraftwerke ans Netz. Kerry will aktuell aber vor allem über die Begrenzung des emittierten Methans reden, welches als Temperaturtreiber gilt. Ob er dabei auch auf Staatspräsident Xi Jinping trifft, ist noch unklar.

US-Klimagesandter John Kerry mit Chinas Premier Li Qiang.
US-Klimagesandter John Kerry mit Chinas Premier Li Qiang.
AFP/POOL/FLORENCE LO

Erst vor zwei Wochen war die amerikanische Finanzministerin Janet Yellen in Peking gewesen. Vor allem China dürfte derzeit an einer Verbesserung der bilateralen Beziehungen interessiert sein. Das Halbleiterembargo trifft die chinesische Wirtschaft an einer empfindlichen Stelle. Darüber hinaus drückt die Immobilienkrise auf die Wachstumsaussichten. Am Montag veröffentlichte Zahlen zur chinesischen Konjunktur hatten enttäuscht. Durch die geopolitischen Spannungen zwischen China und dem Westen gehen auch die Investitionen zurück. (Philipp Mattheis, 19.7.2023)