Dimorphos, Asteroid, Dart
Der Asteroid Dimorphos wurde im September erfolgreich beschossen. Nach dem Aufprall von Dart umkreiste er seinen Mutterasteroiden merklich schneller.
Foto: NASA/Johns Hopkins APL

Am 13. Juli rauschte ein Asteroid von der Größe eines 20-stöckigen Gebäudes völlig unbemerkt mit 100.000 Kilometer Abstand an unserem Planeten vorbei – das entspricht nur etwa einem Viertel der Entfernung zwischen Erde und Mond. Während man solchen aus der Richtung der Sonne kommenden Brocken mehr oder weniger hilflos ausgeliefert ist, könnte man gegen frühzeitig entdeckte Gefahren aus dem All durchaus etwas unternehmen, das zeigte der Double Asteroid Redirection Test (Dart) der Nasa im vergangenen Herbst.

Bei dem Dart-Experiment ließ man am 26. September 2022 eine 570 Kilogramm schwere Sonde mit einer Geschwindigkeit von über 22.500 Kilometern pro Stunde absichtlich auf dem Asteroiden Dimorphos einschlagen, um festzustellen, ob sich ein solcher Felsen künstlich von seiner Bahn ablenken ließe. Dimorphos durchmisst 165 Meter, und er ist gravitativ an den mit 780 Meter Durchmesser deutlich größeren Brocken Didymos gebunden.

Video: Die letzten fünf Sekunden bevor Dart auf den Asteroiden Dimorphos trifft.
JHU Applied Physics Laboratory

Erfolgreiches Experiment

Der Impakt fand in rund elf Millionen Kilometer Entfernung von der Erde statt und erwies sich als voller Erfolg: Vor dem Einschlag von Dart benötigte Dimorphos elf Stunden und 55 Minuten für eine Runde um seinen Mutterasteroiden. Nach der Kollision hat sich seine Umlaufzeit auf elf Stunden und 23 Minuten verkürzt. Es war somit das erste Mal, dass die Menschheit die Bewegung eines Himmelskörpers vorsätzlich abgelenkt hat.

Welche Konsequenzen der Zusammenprall sonst noch für den Astroiden hatte, zeigen aktuelle Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops: Ein Forschungsteam der Nasa hat auf den Bildern einen Schwarm von Felsbrocken entdeckt, die offenbar durch den Aufprall der Dart-Sonde von der Oberfläche von Dimorphos fortgeschleudert worden sind.

Bis zu sieben Meter große Brocken

Insgesamt konnten die Astronomen 37 Felsen beobachten, die laut Hubble-Photometrie zwischen einem und fast sieben Metern groß sind und sich mit einer gemächlichen Geschwindigkeit von rund 800 Metern pro Stunde von dem Asteroiden entfernen. Die Gesamtmasse dieser sichtbaren fortgeschleuderten Felsbrocken entspricht etwa 0,1 Prozent der Masse von Dimorphos.

Dimorphos, Hubble, Dart
Der Aufprall der Dart-Sonde hat zahlreiche Felsbrocken von Dimorphos ins All hinausgeschleudert. 37 davon konnten nun mit dem Hubble-Weltraumteleskop beobachtet werden.
Foto: NASA, ESA, David Jewitt (UCLA); Alyssa Pagan (STScI)

Wie genau dies vor sich gegangen ist, bleibt vorerst jedoch noch ein Rätsel. Die Felsbrocken könnten Teil jener Auswurfwolke sein, die kurz nach dem Impakt fotografiert wurde. Sie könnten jedoch auch durch eine Art seismische Welle fortgeschleudert worden sein, die den Asteroiden nach dem Einschlag von Dart durchgerüttelt hat.

"Dies ist eine spektakuläre Beobachtung – viel besser als ich erwartet hatte. Wir sehen eine Wolke von Gesteinsbrocken, die Masse und Energie vom Einschlagsort wegtragen", sagte David Jewitt von der University of California in Los Angeles. Der Planetenforscher hat mit Hubble die Veränderungen des Asteroiden während und nach dem Dart-Einschlag verfolgt. "Die Aufnahmen zeigen uns zum ersten Mal, was passiert, wenn man einen Asteroiden trifft."

Warten auf Hera

Die Hubble-Bilder sind freilich nur ein Vorgeschmack darauf, was die Raumsonde Hera der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) liefern wird. Hera soll 2024 starten und zwei Jahre später bei dem Doppelasteroiden eintreffen, um die Folgen des Zusammenpralls detailliert zu untersuchen. "Die Geröllwolke wird noch weiter auseinandergedriftet sein, wenn Hera eintrifft", sagte Jewitt. "Sie gleicht einem Bienenschwarm, der sich langsam ausbreitet. Letztlich werden sich die Brocken entlang der Umlaufbahn des Asteroidenpaars um die Sonne verteilen."

Bei den von Hubble eingefangenen Felsen handelt es sich nach Ansicht der Forschenden wahrscheinlich nicht um herausgebrochene Teile des kleinen Asteroiden. Vielmehr dürfte man es hier mit Brocken zu tun haben, die bereits lose auf der Oberfläche von Dimorphos verstreut lagen. Jewitt schätzt, dass bei dem Einschlag insgesamt rund zwei Prozent der losen Gesteinsbrocken von dem Asteroiden fortgeschleudert wurden. Solche Felsen sind auch auf der letzten Nahaufnahme zu erkennen, die die Dart-Sonde nur zwei Sekunden vor dem Aufprall geschossen hat. Zu diesem Zeitpunkt war Dart nur mehr elf Kilometer von der Oberfläche entfernt.

Dimorphos, Dart, Felsbrocken
Zwei Sekunden, ehe Dart auf der Oberfläche von Dimorphos zerschellte, schoss die Sonde noch dieses Foto. Einige der hier erkennbaren Felsbrocken dürften nun Teil einer sich ausbreitenden Trümmerwolke rund um den Asteroiden sein.
Foto: NASA, APL

Hinweis auf die Kratergröße

Die aktuellen Aufnahmen passen auch zu den Theorien über die Entstehung von Dimorphos: Die Forschenden vermuten, dass sich der kleine Asteroid aus Material gebildet hat, das vom größeren Didymos ins All geschleudert worden war, vielleicht etwa durch einen Zusammenstoß mit einem anderen Objekt. Das ausgeworfene Material bildete zunächst einen Ring, der sich durch die Schwerkraft schließlich zu einem losen Trümmerhaufen zusammenfügte.

Die neuen Hubble-Bilder lassen auch eine Schätzung über die Größe des Einschlagskraters zu, die Dart auf der Oberfläche von Dimorphos geschlagen hat. Vermutlich stammen die Felsbrocken aus einem Bereich mit einem Durchmesser von 50 Metern, glaubt Jewitt. Ob dies tatsächlich zutrifft, wird uns jedoch erst Hera in zwei Jahren verraten können. (Thomas Bergmayr, 29.7.2023)