Heumarkt Wien
Das historische Zentrum Wiens bleibt vor allem wegen des Heumarkt-Projekts vorerst weiter auf der Roten Liste der gefährdeten Welterbestätten.
APA/ROLAND SCHLAGER

Die Neugestaltung des Wiener Heumarkts im dritten Bezirk samt geplanten Neubauten beschäftigt die Stadtregierung seit mehr als zehn Jahren. Mittlerweile sind die Vorgänge rund um das umstrittene Bauvorhaben des Unternehmens Wertinvest von Milliardär Michael Tojner derart komplex geworden, dass ein Überblick immer schwieriger wird. Die Geheimniskrämerei der beteiligten Akteure rund um Tojner, Wiens Welterbebeauftragten und Landtagspräsidenten Ernst Woller (SPÖ) sowie die rot-pinke Stadtregierung tut da ihr Übriges dazu.

Wie berichtet waren vor allem Pläne für ein Hochhaus inmitten der Unesco-Zone dafür verantwortlich, dass Wien im Jahr 2017 auf die Rote Liste gefährdeter Welterbestätten gesetzt wurde. Dabei wurde die Höhe des geplanten Wohnturms über die Jahre sukzessive verringert: von einst 74 Metern auf 66,5 und zuletzt 56,5 Meter. Letztere Reduktion wurde von der Wertinvest erst Ende Juni publik gemacht.

Am Mittwoch entschied die Unesco bei ihrer jährlichen Sitzung des Welterbekomitees in Riad in Saudi-Arabien erneut, dass Wien auf der Roten Liste bleibt. In der Entscheidung nahm das Komitee laut einer Aussendung aber positiv zur Kenntnis, dass der Investor kurz vor der Sitzung in Riad eine erneute Reduktion der Pläne gegenüber der Unesco vorgeschlagen hat – die bisher noch nicht öffentlich bekannt waren.

Heumarkt, Plan, veraltet
Die erst Ende Juni von Wertinvest präsentierten Pläne sind schon veraltet. Der Wohnturm soll nun statt 56,5 Metern eine Höhe von rund 50 Metern aufweisen. Das ist eine Reduktion um weitere zwei Geschoße.
APA/HELMUT FOHRINGER

Wiens Welterbebeauftragter Woller legte in einer Stellungnahme dar, dass der Wohnturm nun eine Höhe von rund 50 Metern aufweisen soll. Damit werde vonseiten des Projektwerbers auf weitere zwei Geschoße verzichtet. An der Westseite des Turms soll eine Gebäudeachse wegfallen. Der Neubau des Hotel Intercontinental am Heumarkt soll nach dem geplanten Abriss aber wie zuletzt vorgesehen um rund fünf Meter höher als der aktuelle Bestand ausfallen.

Unesco kündigt weitere Prüfungen an

Ob dieses redimensionierte Projekt "Heumarkt neu neu" die Welterbehüter nun zufriedenstellt, bleibt freilich offen. Die Unesco kündigte an, den neuen Vorschlag einer technischen und wissenschaftlichen Beurteilung zu unterziehen. Dabei werde evaluiert, ob die adaptierten Baupläne mit dem Unesco-Prädikat vereinbar sind. In den vergangenen Jahren hatte die österreichische Unesco-Kommission darauf gepocht, dass die maximale Bauhöhe 43 Meter nicht überschreiten soll – die Höhe des Hotel Intercontinental.

Mit einem Ergebnis wird frühestens 2024 gerechnet. Der Status Wiens auf der Roten Liste könnte dann erst in einem Jahr bei der nächsten Unesco-Sitzung verändert werden – sofern die Organisation zu dem Schluss kommt, dass das Projekt welterbeverträglich ist.

Ein möglicher Baustart ist in weiter Ferne: Denn zuletzt legten sich auch die Neos in der Stadtregierung gegen die Heumarkt-Pläne quer. Diese müssten Unesco-verträglich sein, sagte der pinke Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr.

Bereits seit Mai blockieren die Neos die Vorlage eines Beschlusses der rot-pinken Landesregierung, wonach für das Vorhaben Heumarkt neu "keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist". Zu diesem Schluss in der UVP-Frage kam ein Feststellungsverfahren der MA 22 (Umweltschutz). Die Unterschrift von SPÖ und Neos wäre diesbezüglich ein Formalakt. Wiederkehr will aber nur dann unterschreiben, wenn davor Wien von der Roten Liste genommen wird.

Wertinvest: Genehmigungsfähigkeit festgestellt

Wertinvest zeigte sich indes optimistisch: "Nach über zehn Jahren und mit Investitionen von bisher rund 15 Millionen Euro scheint nun endlich eine Projektrealisierung möglich", sagte Daniela Enzi, Geschäftsführerin von Wertinvest, in einem dem STANDARD vorliegenden Statement. Für das Heumarktprojekt wurde demnach von der Stadt Wien bereits 2018 die baubehördliche Genehmigungsfähigkeit festgestellt. Tojner habe dennoch eine erneute Projektüberarbeitung durchgeführt, um eine welterbekompatible Adaptierung vorzulegen, hieß es weiter. "Wir unterstützen den nach der Unesco-Welterbekonferenz von der Stadt Wien und den involvierten Ministerien vorgegebenen Weg", betonte Enzi in dem Statement.

Das UVP-Feststellungsverfahren bezog sich dabei auf die alten "Heumarkt neu"-Pläne mit dem 56,5-Meter-Wohnturm. Die neuen Pläne könnten ein weiteres Verfahren notwendig machen. Das müsse "unter Beiziehung einer Sachverständigen geprüft und beurteilt werden", heißt es aus der MA 22 zum STANDARD. (David Krutzler, red, 13.9.2023)