Wien, Tiergarten Schönbrunn. Panzernashorn
Ein Panzernashorn streift durch das Gehege im Tiergarten Schönbrunn.
Robert NewaldRobert Newald Photo

Der Vorfall habe ihn und seine Mitarbeiter schon sehr betroffen gemacht, erzählt Reinhard Pichler. "Natürlich fragt man sich nach solch einer Tragödie, wie das passieren konnte, und man reflektiert, wie man selbst aufgestellt ist." Pichler ist Zoologischer Leiter der Tierwelt Herberstein in der Oststeiermark. "Uns muss immer bewusst sein, dass wir es mit sehr gefährlichen Tieren zu tun haben", erklärt er. Nach dem Unfall in der Nashornanlage im Zoo Salzburg, bei dem am Dienstag eine Tierpflegerin getötet wurde, stellt sich nun auch die Frage nach der Sicherheit in österreichischen Zoos.

In der Tierwelt Herberstein gibt es zwar keine Nashörner, aber Raubkatzen wie Löwen und Geparden. "Wir haben ständige Arbeitsanweisungen, Schulungen und Referate für unsere Mitarbeiter, bei denen die Sicherheitsvorkehrungen und mögliche Szenarien besprochen und gelehrt werden", sagt Pichler. Beim Kontakt zwischen Pfleger und Tier müsse immer eine Barriere und eine weitere, verschlossene Tür dazwischen sein. Außerdem gelte das Vieraugenprinzip. "Unsere Mitarbeiter dürfen nur zu zweit das Gehege betreten und müssen beide kontrollieren, ob alle Tore verschlossen sind."

Auch im Salzburger Zoo seien die Sicherheitsvorkehrungen hoch, erklärte Direktorin Sabine Grebner am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Die pflegerischen Tätigkeiten an den Nashörnern dürfen nur hinter einer Barriere erfolgen. Diese besteht aus etwa 1,40 bis 1,50 Meter hohen Betonpollern, die einen Durchmesser von ungefähr 30 Zentimetern haben und im Abstand von etwa 40 Zentimetern angebracht sind. "Ich bin mir sicher, dass sie alle Sicherheitsrichtlinien eingehalten hat, weil sie immer äußerst vorsichtig und behutsam vorgegangen ist", sagt Grebner über die getötete Pflegerin. Möglicherweise sei die 33-Jährige mit dem Horn über die Poller katapultiert worden, "aber wir wissen es nicht, wir waren nicht dabei, und vielleicht werden wir es auch nie erfahren".

Änderung am Sicherheitskonzept nicht ratsam

In Herberstein ist der Vorfall in Salzburg ein großes Thema. "Wenn man so etwas hört, ist man natürlich geschockt", erklärt Reinhard Pichler. "Wir werden den Fall mit den Pflegern im Team aufarbeiten und besprechen." Allerdings sieht der zoologische Leiter aktuell keine Notwendigkeit, die Sicherheitsvorkehrungen in seinem Zoo zu erweitern. "Jede gravierende Änderung im Sicherheitskonzept ist auch eine Änderung im Arbeitsalltag und in der Routine der Mitarbeiter", erklärt Pichler. Wenn diese Änderung nicht notwendig sei, könne sie sogar eher nachteilig sein. "Wir sind mit unserem Sicherheitskonzept sehr gut aufgestellt", betont er.

Ähnlich sieht man das im Tiergarten Schönbrunn. "Der Vorfall hat uns alle tief betroffen gemacht, und wir sind in unseren Gedanken bei den Opfern, den Angehörigen und den Kolleginnen und Kollegen", erklärte Sprecherin Johanna Bukovsky. Das Thema Sicherheit sei bereits wichtiger Teil der Tierpflegerausbildung. "Im Tiergarten Schönbrunn gibt es für jede Tierart bzw. Tiergruppe eine klare Sicherheitsanweisung basierend auf einer Risikobewertung", so Bukovsky. Die Sicherheitsmaßnahmen würden laufend evaluiert werden. Eine zusätzliche Anpassung der Maßnahmen ist demnach nicht geplant. Auch nicht im Schönbrunner Nashorngehege.

Nashörner eigentlich friedliche Tiere

Nashörner gelten eigentlich weder als besonders aggressiv oder gefährlich. Der internationale Tierschutzfonds berichtet, dass Nashornmütter ihre Jungen verteidigen und dann gefährlich werden können, wie das auch von Elefanten bekannt ist. Problematischer sind noch Spitzmaulnashörner, erklärt der Wildtierarzt Joseph Okori gegenüber dem WWF. Sie reagieren bei Bedrohung mit Angriff. Breitmaulnashörner wie jene im Salzburger Zoo sind eigentlich sanftmütig und flüchten, wenn sie bedroht werden. Okori bezieht sich allerdings auf ihr Verhalten in freier Wildbahn. Dort kommt es in seltenen Fällen zu Angriffen durch Nashörner, etwa in Afrika und Nepal. In Indien attackierten Nashörner 2012 mehrmals Autos.

Auch Reinhard Pichler von der Tierwelt Herberstein betont, dass es sich bei Zootieren um Wildtiere handelt, "und sie sollen auch Wildtiere bleiben. Wir sind kein Zirkus, der versucht, die Tiere zu domestizieren." Als Zoo habe man den Auftrag, das Gehege möglichst groß zu gestalten und die Tiere zu fördern. Das sei der wichtigste Aspekt – neben der Sicherheit. (Leonard Laurig, Reinhard Kleindl, 14.9.2023)