"Wir haben unser Einrichtungsstudio in der Tuchlauben im Jahr 2011 eröffnet. Davor war ich Angestellter im Möbelhandel. Man kann durchaus sagen, ich arbeite in dieser Branche, seit ich denken kann. Dass ausgerechnet ein Deutscher mitten in der Wiener Innenstadt ein Einrichtungsstudio aufsperrt, ist natürlich schon außergewöhnlich. Dabei bin ich eigentlich der Liebe wegen nach Österreich gekommen. Das war noch vor dem EU-Beitritt Österreichs, damals ist man nicht des Verdienstes wegen hierher übersiedelt.

Innenstadt, Möbel, Einrichtung, Interieur
Reiner Mortensen in seinem Einrichtungsstudio Cor Interlübke in der Wiener Innenstadt.
Michael Hausenblas

Das Besondere an unserer Tätigkeit ist, dass man im Normalfall Menschen in einem positiven Lebensabschnitt erreicht, in dem sie sich einen Wunsch erfüllen wollen. Brauchen tut uns keiner. Wir können aber bei eben dieser Erfüllung von Wünschen helfen. Wir betreiben Möbelhandel, sind aber auch als Innenarchitekten und Innenraumgestalter tätig. Insgesamt sind wir zu fünft, plus einige Tischler, die aber als freie Unternehmer je nach Projekt gebucht werden. Das Geschäft misst 451 Quadratmeter auf drei Ebenen.

Warum die Möbelhausdichte in Österreich so besonders hoch ist? Eine gute Frage. Ich denke, das ist historisch gewachsen. Ich würde meinen, dass die großen Häuser und Ketten 90 Prozent des Gesamtbedarfs abdecken. Was wir hier bei uns anbieten, spricht maximal drei bis fünf Prozent der heimischen Bevölkerung an. Mehr sind es nicht, um die wir in unserem Segment buhlen.

Auf Dinge sparen

Ich würde nicht sagen, dass hierzulande ein anderer Zugang zum Thema Wohnen herrscht als anderswo. Wahrscheinlich ist es generell so, dass eine gewisse Anzahl von Menschen existiert, die sich bewusst mit schönen Dingen auseinandersetzen und auch in der Lage sind, sich das etwas kosten zu lassen. Das sind allerdings nicht so viele. Dieser Umstand hat allerdings nicht nur mit einer Einkommensschicht zu tun. Da geht es auch um Leute, die sich Dinge ersparen.

Am meisten Spaß in meinem Job macht mir, wenn Menschen zu uns kommen und sich auf ein Gespräch einlassen. Es gibt Leute, die durchaus eine gewisse Schwellenangst haben, schließlich befinden wir uns in bester innenstädtischer Lage. Die Berührungsangst ist also einer der Nachteile dieses Standorts. Schön wird es, wenn es zu einem 'Miteinander' kommt und sich Dinge herauskristallisieren, die dann umgesetzt werden. Das macht richtig, richtig Spaß. Am besten ist es, wenn das Ergebnis noch schöner wird, als es sich die Kundschaft ausgemalt hat.

Weniger gefällt mir, wenn ich das Gefühl habe, dass es an Wertschätzung mangelt. Manche wollen einfach nur Informationen absaugen und sich nicht auf ein Gespräch einlassen. Leider entwickelt sich das Geschäft mehr und mehr in diese Richtung. Durch die neuen Medien haben sich auch die Informationsstände der Menschen vergrößert, was dazu führt, dass manche glauben, sie können auf Beratung verzichten. Aber diese Tendenz gilt wohl in extrem vielen Branchen.

Innenstadt, Möbel, Einrichtung, Interieur
Das Studio handelt nicht nur mit Möbeln, angeboten wird auch Innenraumplanung. Das Team besteht aus fünf Personen.
Michael Hausenblas

Ich sehe uns in einem unglaublichen Umbruch, was Dienstleistung und deren Bereitstellung betrifft. Die KI wird diesbezüglich eine weitere Facette darstellen. Irgendwann wird man sich in unserem Segment überlegen müssen, ob man Beratung überhaupt noch kostenlos anbieten kann. Harscher gesagt: Probesitzen gegen Bezahlung. In dem Falle wäre meine Befürchtung allerdings, dass alles noch exklusiver und abgegrenzter wird. Ich fände das schlimm, schließlich sprechen wir von Wohnen als Kulturgut. Ferner ist zu beobachten, dass die Einkommensschere immer noch weiter auseinandergeht. Und noch etwas: Abgesehen von den großen Ketten konzentriert sich das Geschäft stärker auf kleinere Geschäfte in immer exklusiveren Lagen.

Bedrohung oder Herausforderung

Was sich also vor allem verändert hat, ist unsere Kundschaft. Früher bestand diese aus der, ich sag einmal, guten Mittelschicht. Uns ging es nie um Schickimicki- oder Haute-Couture-Möbel, sondern um gutes, gesundes Handwerk aus Deutschland und Österreich. Das bieten wir noch immer an. Mittlerweile bestücken wir viele Großprojekte, bei denen Geld jetzt nicht die allergrößte Rolle spielt. Früher bedienten wir viel mehr Kunden vom Metzgermeister bis zum Studienrat. Gebildete, etwas besser verdienende Menschen. Viele Kunden ziehe ich wenigen Großprojekten vor.

So viel dazu, ob früher alles besser war. Es ist einfach anders geworden. Und weil sich alles so schnell verändert, kann man manchmal schon ein bisschen wehmütig sein. Außerdem weiß man in vielen Branchen nicht, wohin die Reise geht. Ob ich das als Herausforderung oder als Bedrohung empfinde? Fragen Sie mich das zu unterschiedlichen Tageszeiten." (Michael Hausenblas, 8.10.2023)

www.cor-interluebke.at

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