Eine Stichwahl zwischen den beiden Erstgereihten am 24. März ist so gut wie sicher. Die größten Chancen, in die Endrunde der Bürgermeisterdirektwahl zu kommen, haben die Kandidaten von ÖVP, SPÖ und KPÖ. In der Folge porträtiert DER STANDARD die sechs Kandidaten und die Kandidatin. Wir beginnen mit der Kandidatin:

Anna Schiester, Bürgerliste

Anna Schiester Bürgerliste
Anna Schiester ist das junge Gesicht der Salzburger Bürgerliste.
Foto: Bürgerliste/Andreas Farcher

Die Chancen, dass sie die erste Bürgermeisterin der Stadt Salzburg wird, sind nicht besonders groß. Das wissen auch die Strategen und Strateginnen der grünen Bürgerliste in der Stadt. Wichtiger als das Rennen um den Bürgermeistersessel ist aber ohnehin der Klassenerhalt, wie man in der Fußballersprache sagen würde. Im Klartext: Die Bürgerliste verteidigt ihren Sitz in der Stadtregierung. Trotzdem wird die 35-Jährige als "Bürgermeisterin" plakatiert. Die Botschaft ist klar: In der Kandidatenriege für die Direktwahl am 10. März ist Schiester die einzige Frau.

Schiester gehört zur neuen Generation in der Salzburger Politik und ist gleich alt wie Landeshauptmannstellvertreter Stefan Schnöll (ÖVP) oder KPÖ-Kandidat Kay-Michael Dankl. Trotz ihres vergleichsweise jugendlichen Alters kann sie – ähnlich wie Schnöll oder Dankl – durchaus auf einige politische Erfahrung zurückgreifen. Sie war lange Jahre Pressesprecherin des grünen Landtagsklubs, und als 2015 die ersten Kriegsvertriebenen in Salzburg strandeten, gründete sie auf Facebook die Plattform "Flüchtlinge willkommen in Salzburg", die schnell zur zentralen Informationsdrehscheibe wurde. 2019 wurde sie Gemeinderätin und Vorsitzende des Sozialausschusses. Im Herbst 2022 schließlich wurde sie Berufspolitikerin und Baustadträtin, nachdem Martina Berthold von der Stadtpolitik ins Land zurückgewechselt ist.

Auch wenn das Bauressort finanziell hoch dotiert ist, der politische Spielraum ist für die jeweilige Ressortchefin oder den Ressortchef gering. Und so versucht Schiester sich auch außerhalb der Ressortpolitik zu positionieren – beispielsweise mit weitreichenden Vorschlägen zur Reduktion des motorisierten Individualverkehrs im Stadtzentrum.

Florian Kreibich, ÖVP

Florian Kreibich ÖVP
Florian Kreibich soll das Image der ÖVP korrigieren und so den Bürgermeistersessel retten.
Foto: Neumayr/Leopold

Viele sind es nicht, die über den Rechtsanwalt, Hotelier und Großgrundbesitzer am Gaisberg Florian Kreibich ein böses Wort verlieren. Wo der 54 Jahre alte Jurist auch auftaucht, er ist meistens ein gerngesehener Gesprächspartner. Auch weil er trotz langjähriger Politerfahrung manchmal offener spricht als so mancher seiner durch die Schule der Message-Control gedrillten Parteifreunde. So räumt er – obschon langjähriger ÖVP-Landtagsabgeordneter und seit 2019 dann Gemeinderat in der Landeshauptstadt – bei Bürgerversammlungen offen ein, bis dato "ein Hobbypolitiker" gewesen zu sein.

Dass er jetzt für die ÖVP den Bürgermeistersessel retten soll, hat Kreibich vermutlich auch eher überraschend getroffen. Nach der Ankündigung von Harald Preuner, nicht mehr zur Verfügung zu stehen, musste die Stadt-ÖVP schnell einen Kandidaten aus dem sprichwörtlichen Hut zaubern. Dass die Wahl auf Kreibich fiel, hat viele verblüfft: Im Gegensatz zum eher kleinbürgerlichen Milieu der Stadt-Türkisen steht der Anwalt doch eher für einen großbürgerlich-weltoffenen Stil.

Und so überrascht er seine Parteifreunde im Wahlkampf auch immer wieder mit aus türkiser Sicht fast ungehörigen Ansagen: Etwa wenn er sich für eine Verkehrsberuhigung in der Innenstadt und eine De-facto-Sperre des Neutors ausspricht. Ob er sich mit solchen Positionen auf Dauer durchsetzen kann, ist fraglich.

Kreibichs größte Chance ist wohl, dass neben ihm KPÖ-Mann Kay-Michael Dankl in die Stichwahl kommt. Salzburg vor einem kommunistischen Bürgermeister zu schützen könnte ein probater ÖVP-Slogan sein. Kreibich selbst sieht das weniger eng: Er würde notfalls unter Dankl auch den Vize machen, sagt er.

Kay-Michael Dankl, KPÖ

Kay-Michael Dankl KPÖ
Kay-Michael Dankl könnte in Salzburg für die nächste KPÖ-Überraschung sorgen.
Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Kann die KPÖ plus ihren Sensationserfolg bei der Landtagswahl im Frühjahr 2023 in die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl der Stadt Salzburg mitnehmen? Das ist die entscheidende Frage beim kommenden Urnengang. Zur Erinnerung: Bei der Landtagswahl im April erreichte die KPÖ landesweit 11,7 Prozent, in der Stadt Salzburg wurden die Dunkelroten mit 21,5 Prozent zweitstärkste Kraft, nur rund drei Prozent hinter der ÖVP.

Nach außen trägt der Erfolg der KPÖ im sonst eher konservativ geprägten Salzburg einen Namen: Kay-Michael Dankl. Der 35 Jahre alte Historiker ist der Politstar in Salzburg und sowohl in der Landespolitik als Landtagsklubobmann der KPÖ als auch in der Stadtpolitik als Gemeinderat quasi omnipräsent.

Entgegen allen Prognosen hat er bis dato auch den Spagat zwischen Chiemseehof – dem Sitz des Landtags – und dem Rathaus geschafft. Seine Chancen, in die Stichwahl zu kommen, seien intakt, stellen sogar die Salzburger Nachrichten fest. Und sein Konkurrent um den Bürgermeistersessel, Florian Kreibich von der ÖVP, sah sich auf Journalistenfrage schon genötigt, festzuhalten, dass er unter Dankl auch den Stadtvize machen würde.

Inhaltlich orientiert sich der im Zivilberuf immer noch fallweise als Museumsführer aktive Historiker vor allem an der KPÖ in Graz. Nach Vorbild der Grazer Genossen und Genossinnen stellt er das in Salzburg besonders drängende Thema Wohnungsnot in den Mittelpunkt. In eigenen Beratungsstunden versuchte er Menschen durch den Bürokratiedschungel zu helfen, notfalls hilft er auch mit eigenem Geld aus: Dankl gibt Teile seines Politikersalärs nach Grazer Vorbild an Salzburger und Salzburgerinnen in Notsituationen weiter.

Linksradikale Positionen sucht man bei Dankl, der seine Politkarriere bei den Grünen begonnen hatte, vergeblich. Das macht ihn auch für bürgerliche Kreise wählbar. Seine Popularität reicht weit in die bürgerlichen Stadtteile, wie eine Analyse der Sprengelergebnisse der Landtagswahl zeigt. Das könnte bei der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl am 10. März dazu führen, dass viele von der Möglichkeit des Stimmensplittings Gebrauch machen – also für Dankl als Bürgermeister stimmen, nicht aber für die KPÖ im Gemeinderat. Beobachter in Salzburg halten es daher für möglich, dass der Stimmenanteil Dankls bei der Bürgermeister-Direktwahl wesentlich höher ist als jener der KPÖ plus. Auch wenn der KPÖ durchaus der Einzug in die Stadtregierung zugetraut wird.

Bernhard Auinger, SPÖ

Bernhard Auinger SPÖ
Bernhard Auinger ist aktuell Vizebürgermeister der Stadt Salzburg und tritt zum dritten Mal als Bürgermeisterkandidat an.
Foto: SPÖ Salzburg-Stadt

Dem ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden der Porsche-Holding in Salzburg Bernhard Auinger geht es wie vielen, die einer über lange Zeit dominierenden Persönlichkeit in deren Funktion nachfolgen: Sie tun sich in den großen Schuhen der Vorgänger schwer. So auch Auinger. Er übernahm die SPÖ 2017 nach der Verurteilung von Langzeit-Bürgermeister Heinz Schaden und unterlag dem damaligen Vizebürgermeister Harald Preuner (ÖVP) in der nach dem Rücktritt von Schaden notwendig gewordenen Nachwahl nur sehr knapp. 2019 war der Abstand dann auf den mit Bürgermeisterbonus antretenden Preuner in der Stichwahl schon bedeutend größer.

Nun geht der 49 Jahre alte Auinger zum dritten Mal ins Rennen um den Bürgermeistersessel. Und es scheint, als ob das Glück schon wieder nicht auf seine Seite will. Da ist einmal der immer noch nicht ganz stabile Zustand der Bundespartei, vor allem aber sitzt der SPÖ das Ergebnis der Landtagswahl im April noch in den Knochen. In der Stadt fiel man hinter ÖVP, KPÖ und FPÖ auf den vierten Platz zurück.

Im Dreikampf um den Bürgermeisterjob zwischen ÖVP-Mann Florian Kreibich und KPÖ-Mann Kay-Michael Dankl versucht sich Auinger als Kraft der Mitte zu positionieren. Es gehe weder um links oder rechts noch um arm oder reich, sondern darum, Politik für die Mehrheit zu machen, wird er von der Austria Presse Agentur zitiert.

Klare Kante hatte Auinger zuletzt in der Debatte um die unterirdische Verlängerung der Lokalbahn durch die Stadt Salzburg bis nach Hallein gezeigt: Die SPÖ stemmt sich als einzige Partei explizit gegen die S-Link genannte Mini-U-Bahn. Sie warnt vor einem "Milliardengrab".

Lukas Rupsch, Neos

Lukas Rupsch Neos
Lukas Rupsch kandidiert, will aber gar nicht Bürgermeister werden.
Foto: Susi Berger/Neos

Es geht uns nicht um den Bürgermeister-Sessel, sondern um die Salzburgerinnen und Salzburger – jetzt starten wir die Aufholjagd", sagt Neos-Spitzenkandidat Lukas Rupsch. Dass der absolute Neuling im Salzburger Politkarussell bei der Bürgermeisterdirektwahl nicht in die engere Auswahl kommen wird, wissen die Pinken an der Salzach. Zu tief war der Fall von der einstigen Überraschungspartei bei den Wahlen 2014 mit damals 12,4 Prozent und einem Regierungssitz in der Stadt Salzburg auf knapp sechs Prozent 2019 und zwei Gemeinderatssitzen.

Und dann war da noch die Landtagswahl 2023, bei der es die Regierungspartei Neos (2018–2023) erst gar nicht mehr in den Landtag schaffte. Mitverantwortlich für den Absturz der Pinken war die ÖVP, die ziemlich gezielt zentrale Neos-Funktionäre abgeworben hatte.

Die Kandidatur für das Bürgermeisteramt dient dazu, dass Rupsch und die Neos bei den Diskussionsrunden im Wahlkampf mit auf dem Podium sitzen. Ein Quäntchen Öffentlichkeit können die Pinken gut brauchen, in den vergangenen Jahren waren sie kommunalpolitisch kaum präsent. Wahlziel: die zwei Mandate halten.

Rupsch kann auf eine fast prototypische Unternehmerkarriere verweisen – von der Wirtschaftsuniversität bis zum Firmengründer und Geschäftsführer der Rupsch Investments im Flachgauer Neumarkt. Zitat aus dem offiziellen Lebenslauf: "Tätigkeit als Investor im Rahmen der Betriebsnachfolge sowie Unterstützung von Start-ups im Bereich Sales, Marketing und Finanzen."

Christoph Ferch, Salz

Christoph Ferch Salz
Christoph Ferch will ein drittes Mal in den Salzburger Gemeinderat.
Foto. Chris Hofer

Für Außenstehende und nicht mit den lokalen Gegebenheiten Vertraute muss Christoph Ferch, der quasi allein die Liste Salz repräsentiert, kurios wirken: Da gibt es seit zwei Perioden einen Mandatar, der sich nur über ein Single-Issue-Thema im Stadtparlament hält: Der 64 Jahre alte Geschäftsführer der noblen Villa Ferch-Erggelet (ehemals Palais Neustein), die vor allem für Empfänge und Bankette genutzt wird, hat sich gegen die Verbauung eines Grundstücks am Rehrl-Platz in Salzburg zur Wehr gesetzt.

Das längst verbaute Grundstück neben dem Salzburger Unfallkrankenhaus liegt unmittelbar unterhalb von Ferchs Palais, das in der Arenbergstraße am Fuß des Kapuzinerbergs steht. Nachdem Ferch die Verbauung nicht verhindern konnte, entschloss er sich vor zwei Jahrzehnten, zu kandidieren. Er schaffte es als Ein-Mann-Fraktion in den Gemeinderat. Die in der Stadt Salzburg bei Kommunalwahlen traditionell extrem niedrige Wahlbeteiligung senkt die Wahlzahl für den Einzug in den Gemeinderat: Ferch hat schon zweimal davon profitiert.

Dass er nun noch einmal kandidiert, obschon sein eigentliches Thema längst passé – sprich verbaut – ist, verwundert nicht. Ferch, im Gemeinderat oft bequemer Mehrheitsbringer für die ÖVP, vertritt eine sehr noble Bürgerschicht, die sich weder von der grünen Bürgerliste noch von der kleinbürgerlichen ÖVP vertreten fühlt.

Zudem hat er bereits ein neues Thema: Im Stadtteil Schallmoos soll an der Sterneckkreuzung ein Hochhaus entstehen. Wie schon beim Rehrl-Platz sieht Ferch das Weltkulturerbe in Gefahr. Und wie schon am Rehrl-Platz soll auch dieser Bau auf dem Gelände einer ehemaligen Tankstelle in die Höhe gezogen werden.

Paul Dürnberger, FPÖ

Paul Dürnberger FPÖ
Paul Dürnberger repräsentiert den äußerst rechten Rand der Gesellschaft.
Foto: FPÖ

Der Mann heißt Paul Dürnberger, ist 27 Jahre alt und kandidiert für die FPÖ als Bürgermeisterkandidat. Er studiert Politikwissenschaften und arbeitet für einen Wachdienst. Dürnberger hat ein Problem mit Migranten und Migrantinnen, fordert eine eigene Sicherheitswache für die Stadt und warnt vor den Kommunisten und Kommunistinnen. Viel mehr weiß man über den Neuen der Stadt-Salzburger Freiheitlichen nicht. Er ist selbst in FPÖ-Kreisen ein unbekanntes Gesicht.

Wirklich aufgefallen ist er bisher nur einmal: Unmittelbar nach seiner Nominierung zum Spitzenkandidaten im September wurde bekannt, dass Dürnberger im Juli an einer Demonstration der Identitären teilgenommen hatte. Es hagelte Rücktrittsaufforderungen vonseiten der grünen Bürgerliste und der SPÖ. Die FPÖ-Spitze in Salzburg nahm Dürnberger in Schutz und sprach von einem demokratischen Recht. Die Identitären seien eine Organisation "wie der Alpenverein oder SOS-Kinderdorf", wird ein FPÖ-Sprecher von den Salzburger Nachrichten zitiert. Auch Koalitionspartner ÖVP sah wenig Verwerfliches. Wen die FPÖ aufstelle, sei ihre Sache, ließ Landeshauptmann Wilfried Haslauer ausrichten.

Kommunalpolitisch spielt die FPÖ in der Stadt Salzburg traditionell keine Rolle. Sie steht aktuell bei drei Mandaten. Das wird sich auch mit Dürnberger kaum ändern. Im Rennen um das Bürgermeisteramt ist er chancenlos. (Thomas Neuhold, 3.12.2023)