Rechtzeitig zum zweiten Jahrestag des Angriffs der russischen Armee gegen die Ukraine wird die Europäische Union ein weiteres Paket an Sanktionen gegen Russland beschließen. Laut der belgischen Ratspräsidentschaft sind davon 193 Personen und Unternehmen betroffen, die direkt oder indirekt in den Krieg des Regimes in Moskau involviert sind.

Die Einigung vom Mittwoch erfolgte auf Botschafterebene, der Ministerrat wird es am 24. Februar formell umsetzen, das 13. Maßnahmenpaket seit 2022. Ziel ist es, durch Exportverbote den russischen Rüstungskomplex bei der Produktion von Drohnen zu treffen. Dazu werden nicht nur Firmen auf russischem Boden sanktioniert, sondern auch in Belarus, Nordkorea – konkret den nordkoreanischen Verteidigungsminister – und erstmals auch in China. Den Nachschub an Elektronikteilen für Russland zu behindern, das gehört zum Kern aller EU-Maßnahmen, neben breiteren Wirtschaftssanktionen und Blockaden im Banksektor. Tausende Firmen und Personen stehen für sechs weitere Monate auf schwarzen Listen.

Bereits zum 13. Mal verhängt die EU Sanktionen gegen Russland, um die Ukraine zu unterstützen.
REUTERS/DADO RUVIC

Neben diesen Aktionen gegen die russische Kriegswirtschaft sollen auch jene Personen getroffen werden, die die Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland betreiben. Laut dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag geht es nachgewiesenermaßen um hunderte Kinder, die aus Waisenhäusern oder Kinderhorten entführt wurden. Der ICC will deshalb Angehörige des Regimes in Moskau und auch Präsident Wladimir Putin anklagen.

Sanktionen gegen Kindesverschleppung

Kinderverschleppung ist ein Kriegsverbrechen. Laut der Regierung in Kiew ginge die Zahl sogar in die Tausende. Die EU versucht Personen, denen eine Involvierung nachgewiesen werden kann, Vermögen zu entziehen und ihnen Reisen nach Europa zu verwehren.

Weniger Harmonie als bei den Russlandsanktionen herrscht unter den Mitgliedstaaten bei der Verteilung der Lasten, was die Lieferung von Waffen und Munition an die Ukraine betrifft. Wie berichtet, haben die Staats- und Regierungschefs Anfang Februar im Zuge einer Revision des langfristigen EU-Budgets bis Ende 2027 eine 50-Milliarden-Euro-Hilfe für Kiew beschlossen. Der größte Teil davon sind Kredite (33 Milliarden Euro) und geht in den zivilen Bereich, in den Gesundheitsbereich, in Schulen, Beamtengehälter und Pensionen, damit die Ukraine als Staat funktioniert.

Mit fünf Milliarden soll die sogenannte EU-Friedensfazilität aufgestockt werden. Aus diesem gemeinschaftlichen Topf wird die Lieferung von militärischem Material zur Verteidigung finanziert. Wie das Portal "Politico" berichtet, ist zwischen den Staaten ein offener Streit darüber ausgebrochen, wer wie viel zahlen soll bzw. wie das mit bilateralen Waffenlieferungen gegenverrechnet werden könnte.

Deutschland hat die Partner demnach um einen "Rabatt" ersucht, weil es mit weitem Abstand am meisten Kriegsmaterial in die Ukraine liefert. Frankreich – das zwar viel von "europäischer Souveränität" spricht, wenn es um Verteidigung geht, aber im Vergleich wenig liefert – beharrt darauf, dass Waffen aus europäischer Produktion zum Zug kommen. Also die starke französische Waffenindustrie.

Wer zahlt wie viel im EU-Waffenbudget?

Verkompliziert wird das Ganze, weil die osteuropäischen Nachbarländer der Ukraine im Baltikum, Polen oder Bulgarien auf rasche und möglichst umfangreiche militärische Hilfe für Kiew drängen. Sie lieferten im Vergleich zur Landesgröße auch bedeutende Mengen. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie oft nur alte Rüstungsbestände aus Sowjetzeiten "ausverkaufen" und sich das aus EU-Mitteln für moderne Anschaffungen refundieren lassen.

Es ist ein Feilschen ums Geld, weniger um den Grundsatz. Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hat am vergangenen Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz angekündigt, dass ihre Regierung den gesamten Bestand an Artilleriegeschützen liefern werde.

In Deutschland hingegen gibt es Streit innerhalb der Ampelregierung. Grüne und die SPD sprechen sich gegen die Lieferung hochmoderner und weitreichender Taurus-Lenkwaffen aus – aus Sorge, dass die Regierung in Kiew damit russisches Gebiet beschießen könnte, was diese mit Garantien ausschließt. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Agnes Strack-Zimmermann vom Koalitionspartner FDP, hält das für grundfalsch. Sie will im Bundestag einem eigenen Antrag der Opposition von CDU/CSU zustimmen, der den Taurus in die deutsche Hilfe für Kiew einschließt. Die ukrainische Armee müsse sich gegen Beschuss von russischen Stellungen in der Ostukraine wehren können, ist ihr Argument. (Thomas Mayer aus Brüssel, 21.2.2024)