Polizisten
Die deutsche Polizei kann einen Fahndungserfolg für sich verbuchen.
IMAGO/Christoph Hardt

Berlin – Nach mehr als 30 Jahren Fahndung ist die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette (65) in Berlin gefasst worden. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Sicherheitskreisen. Zuvor hatten "Bild"-Zeitung und "B.Z." berichtet. Die Festnahme erfolgte Montagabend in Kreuzberg vor allem durch die Polizei aus Niedersachsen, die Berliner Polizei war nur als Unterstützung dabei. Nach Agentur-Informationen geht sie auf Ergebnisse niedersächsischer Zielfahnder zurück.

Jahrzehntelange Fahndung

Die seit Jahrzehnten als Terroristin der Roten Armee Fraktion (RAF) gesuchte Klette wurde in einem Mietshaus in der Sebastianstraße festgenommen. Am Dienstag standen uniformierte Polizisten vor dem siebengeschoßigen Gebäude. Der Eingang war gesperrt. Kriminaltechniker waren vor Ort und untersuchten die betreffende Wohnung nahe der früheren Grenze zwischen West- und Ostberlin.

Das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen wollte bei einer Pressekonferenz am frühen Nachmittag weitere Details zur Festnahme bekanntgeben. In der Einladung hieß es: "Zielfahnder des LKA Niedersachsen haben gestern, am späten Montagnachmittag, eine 65-jährige Frau in Berlin festgenommen. Es könnte sich hierbei um ein gesuchtes mutmaßliches RAF-Mitglied, dem verschiedenste schwere Raubtaten zur Last gelegt werden, handeln. Ihre Identität wird aktuell noch geprüft."

Video: Als RAF-Terroristin gesuchte Daniela Klette gefasst
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Die RAF galt in Deutschland über Jahrzehnte als Inbegriff von Terror und Mord. Ihrem "bewaffneten Kampf" gegen das "imperialistische System" fielen dutzende Menschen zum Opfer. Insgesamt ermordete die RAF 34 Menschen, darunter hohe Repräsentanten von Wirtschaft und Politik. Die Terrorgruppe löste sich 1998 offiziell auf.

Die Staatsanwaltschaft Verden und das Landeskriminalamt Niedersachsen fahnden seit Jahrzehnten nach den früheren RAF-Terroristen Burkhard Garweg (55), Ernst-Volker Staub (69) und Daniela Marie Luise Klette. Sie werden der dritten RAF-Generation zugeordnet.

Vertreter dieser Generation sollen den damaligen Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, und den Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder umgebracht haben. Täter und Motiv sind bis heute jedoch unbekannt. Rohwedder war am 1. April 1991 in Düsseldorf in seinem Haus am Schreibtisch erschossen worden. Das RAF-Kommando reklamierte die Tat für sich. Rohwedder wurde aus einer Kleingartenlage und mehr als 60 Metern Entfernung ins Visier genommen. Es war der letzte Mordanschlag, der der RAF zugeordnet wird.

Schwere Vorwürfe

Die Behörden werfen Garweg, Staub und Klette versuchten Mord und eine Serie schwerer Raubüberfälle zwischen 1999 und 2016 vor. Die Tatorte lagen demnach in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Überfälle nicht politisch motiviert waren. Die Beschuldigten sollen die Taten begangen haben, um an Geld zu gelangen.

Klette steht im Verdacht, an einem Schusswaffenangriff auf die US-Botschaft in Bonn 1991 beteiligt gewesen zu sein. Vermutet wird außerdem eine Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag auf die Justizvollzugsanstalt Weiterstadt 1993. Spuren deuten darauf hin, dass sie auch bei der Anti-Terror-Aktion 1993 im mecklenburgischen Bad Kleinen am Tatort war. Bei der Aktion starben damals der Polizist Michael Newrzella und der RAF-Mann Wolfgang Grams. Die frühere RAF-Terroristin Birgit Hogefeld wurde verhaftet.

Zuletzt hat die Staatsanwaltschaft Verden am 14. Februar Hinweise zu früheren Terroristen der Roten Armee Fraktion in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" erbeten. Danach gab es zahlreiche Hinweise aus der Bevölkerung. Die Festnahme von Klette soll allerdings nicht auf den Fahndungsaufruf in der Sendung zurückgehen.

In Wuppertal wurde am 18. Februar der Hauptbahnhof weiträumig abgesperrt, und schwer bewaffnete Spezialkräfte der Polizei holten einen Mann aus einem Zug, weil ein Augenzeuge ihn für einen gesuchten Ex-RAF-Terroristen gehalten hatte. Der Verdacht, es handle sich um Ernst-Volker Staub, bestätigte sich aber nicht. (APA, red, 27.2.2024)