George Galloway
George Galloway arbeitete schon für den iranischen Staatssender Press TV, nun ist er Abgeordneter des Vereinigten Königreichs.
REUTERS/Phil Noble

Das politische Spektrum ist nicht linear, sondern eher ein Kreis: An den extremen Enden decken sich oft die Positionen der Vertreter von links und rechts. George Galloway ist so ein Fall. Der 69-jährige britische Politaktivist kann auf eine bewegte Laufbahn zurückblicken.

Schon 1987 war der gebürtige Schotte erstmals als Abgeordneter ins Londoner Parlament eingezogen, damals als Kandidat der Labour-Partei. Am Freitag gewann der Chef der Links-außen-Partei Workers Party of Britain eine Nachwahl in Rochdale, die durch den Tod des Mandatsinhabers notwendig geworden war. Galloway setzte auf den Krieg in Nahost als Wahlkampfthema und vertrat dabei propalästinensische Positionen. Damit führte er einen scharf gegen die differenzierte Position von Labour-Chef Keir Starmer und dem konservativen Premier Rishi Sunak gerichteten Wahlkampf. Die beiden seien die zwei Backen desselben Hinterns, und dieser sei von den Wählern ordentlich versohlt worden, sagte Galloway in seiner Siegesrede.

Labour hatte den Kampf um das Mandat aufgegeben: Mitte Februar zog die Partei die Unterstützung für ihren Kandidaten Azhar Ali wegen antisemitischer Verschwörungstheorien zurück. Doch auch Galloway streift notorisch am Antisemitismus an. 2003 flog er nach 36 Jahren aus der Labour-Partei, weil er Soldaten im Irakkrieg zur Dienstverweigerung aufgerufen hatte, danach trat er für verschiedene Linksparteien an.

Unterstützung für Assad

Als Kommentator bezog Galloway hohe Nebeneinkünfte: Auf dem englischsprachigen iranischen Auslandsstaatssender Press TV hatte er eine Sendung, in der gegen Israel gehetzt und iranische Propaganda verbreitet wurde, bis die britische Medienaufsicht das Programm einstellen ließ. Ab 2013 moderierte der Aktivist außerdem eine Sendung beim russischen Staatssender Russia Today. Wenig überraschend unterstützte er Moskaus Militäreinsatz für den syrischen Diktator Bashar al-Assad. Die Schuld am russischen Überfall auf die Ukraine schob er der Nato zu.

Den Londoner Bürgermeister Sadiq Khan kritisierte er, weil dieser den Koran in der linken, unreinen Hand gehalten habe, und unterstellte ihm damit, ein schlechter Muslim zu sein. Der Iran richte keine Homosexuellen, sondern nur Vergewaltiger hin, behauptete er außerdem. Der Sieg des Brexit-Unterstützers Galloway ist also erneut ein Beleg, dass in der gespaltenen britischen Gesellschaft fragwürdige Positionen mehrheitsfähig sind. (Michael Vosatka 4.3.2024)