Dieses Bild wurde mit der KI Midjourney erstellt. Der Prompt lautete: "illustration of a friendly looking robot, presenting newspapers, looking at the camera. --ar 3:2"
Midjourney/Der Standard

In den Tyler Perry Studios in Atlanta gibt es fast alles, was das Herz eines Filmschaffenden begehrt. Ein ausgemustertes Flugzeug steht auf dem Areal herum, ein Nachbau des Weißen Hauses, amerikanische Einfamilienhäuser und ein Gerichtssaal. Es ist das flächenmäßig größte Filmstudio der Vereinigten Staaten, viele Filme und Serien wurden hier gedreht. Zwölf zusätzliche Soundstages, also schalldichte Multifunktionsstudios, wollte Perry hier bauen. Doch daraus wird vorerst nichts.

Der Schauspieler, Regisseur und Produzent hat die 800 Millionen US-Dollar teure Erweiterung auf Eis gelegt. Der Grund: Sora, ein KI-Modell, das aus Text Videos erzeugen kann. Bisher haben nur sehr wenige Menschen Zugriff auf das Modell. Doch in dem vor rund zwei Wochen veröffentlichten Ankündigungsvideo zeigt der Hersteller OpenAI, wozu die Software fähig ist.

Videos aus Text

Dort sind zunächst kurze Prompts, also Erklärungen in Textform, zu sehen und anschließend Ausschnitte aus den Videos, die Sora auf Basis dieser Befehle generiert hat. Eine stylische Frau, die eine Straße in Tokio entlanggeht? Eine Luftaufnahme von Wellen, die gegen schroffe Felsen klatschen? Zwei kämpfende Piratenschiffe in einer Kaffeetasse? Ganz egal, wie der Wunsch lautet, Sora scheint zu liefern – und zwar in atemberaubend realistischer Qualität.

Das hat auch Tyler Perry nicht kaltgelassen. Er habe zwar schon gehört, dass Video-KIs im Kommen seien, aber tatsächlich mit eigenen Augen zu sehen, was sie leisten, sei etwas komplett anderes, sagte er im Interview mit dem "Hollywood Reporter" – nämlich "schockierend".

Wer wird künftig noch aufwendige Sets bauen, Beleuchterinnen, Kostümbildner, Fachleute für Spezialeffekte engagieren, wenn die KI das alles viel einfacher, schneller und kostengünstiger erledigen kann? Perry macht sich deshalb große Sorgen um die Beschäftigten in seiner Branche, schließlich würde KI "jeden Winkel" von ihr berühren.

KI-Streit könnte wieder aufflammen

Künstliche Intelligenz wird in der Filmbranche schon länger eingesetzt ­– vor allem bei digitalen Spezialeffekten hilft Software in der Postproduktion. Sogar Perry selbst nutzt sie, um sich in Filmen älter wirken zu lassen und sich stundenlanges Stillhalten in der Maske zu ersparen.

Durch den Boom der generativen KI mit ihren Werkzeugen, die so allgemein anwendbar und leicht zu bedienen sind, ist die Sorge vieler Menschen in der Filmbranche noch einmal größer geworden. Nach einem monatelangen Streik von Schauspielerinnen und Autoren einigte man sich Ende des Jahres auf grundlegende Regeln, wie KI künftig in Filmen verwendet werden soll.

Darsteller sollen entschädigt werden, wenn KI-Klone in Filmen und Serien verwendet werden, der Einsatz von KI beim Schreiben möglichst gering gehalten werden, keine Autoren ersetzt werden. Möglich, dass man die Diskussion mit Videotools wie Sora oder RunwayML noch einmal neu aufrollen muss – nur, dieses Mal könnten es die Setdesigner und Kostümbildnerinnen sein, die aufbegehren.

Videospiele in wenigen Absätzen

Doch auch die Spieleindustrie (die längst größer ist als die Film- und Musikbranche zusammen) könnten Video-KIs wie Sora beeinflussen. Nachdem das Programm auf Basis eines kurzen Prompts eine Sequenz aus dem Spiel "Minecraft" generiert hatte, fantasierte ein User auf der Plattform X bereits von einer "Sora Box" als Konsole. Spiele könnten dann nur noch aus "zwei bis drei Absätzen Text" bestehen, in denen die Spielwelt und die Mechanik in natürlicher Sprache beschrieben sind. Den Rest könnte das KI-Modell dann in Echtzeit generieren.

Und auch eine andere Branche wird zunehmend von KI beeinflusst: die Pornoindustrie. Nach Pornhub und Onlyfans könnte KI die nächste große Transformation für die Branche sein, schreibt die "Washington Post". Dabei geht es nicht nur um Videos, sondern auch um Chatbots, welche die Persönlichkeit von Pornostars imitieren und so mit zahlenden Fans auf Plattformen wie Onlyfans interagieren.

Die große Frage, die bei dieser "speziellen" Anwendung von KI über allem schwebt, ist natürlich: Wie verhindert man Missbrauch? Wie leicht es ist, gefälschte Nacktbilder zu generieren, zeigt die App Clothoff, welche die Kleidung auf Fotos entfernt. Das funktioniert auch ohne Einwilligung der dargestellten Personen und sogar bei Minderjährigen. Jugendliche nutzen die App bereits, um Mitschülerinnen mit gefakten Nacktfotos zu diffamieren. Der "Guardian" hat die zuvor anonymen Drahtzieher hinter der App nun ausfindig gemacht. (Philip Pramer, 7.3.2024)