Kalifornien! Da sind wir! Es ist das Jahr 2004, auf Partys singen wir bei "Die perfekte Welle" mit oder tanzen zu den Black Eyed Peas. Serien wie "Die Sopranos" oder "The Wire" beschwören eine neue Ära des Fernsehens herauf, werden aber noch brauchen, um Kultstatus zu erreichen. Für Jugendliche und jene, die gerade am Erwachsenwerden sind, gibt es ab Herbst 2004 jedenfalls auch in Österreich eine andere Kultserie: "The O.C." oder, wie sie im deutschsprachigen Raum heißt, "O.C., California" widmet sich der kalifornischen Version des Dramas Adoleszenz.

Sonnenuntergang und Lagerfeuer – ein Abend in Newport Beach mit Seth (Adam Brody), Summer (Rachel Bilson), Ryan (Benjamin McKenzie), Marissa (Mischa Barton), Sandy (Peter Gallagher), Kirsten (Kelly Rowan), Caleb (Alan Dale), Jimmie (Tate Donovan) und Julie (Melinda Clarke; von links).
IMAGO/Album

Als Erinnerung der Plot in einem Satz: Ryan, ein Teenager mit einem schwierigen familiären Umfeld landet erst wegen eines Autodiebstahls im Gefängnis, wird dann von seinem reichen Pflichtverteidiger zu Hause aufgenommen und lebt fortan als Ziehsohn der Familie Cohen.

Und was uns dann – vor allem in der ersten Staffel – geboten wird, ist viel Sozialdrama, viel Schmäh, ein bisschen Sozialkritik und jede Menge schöne Menschen. Die Geschichte selbst hat sich erstaunlich gut gehalten, was man weder von der Mode noch von dem einen oder anderen Witz behaupten kann. Ryan, der kluge, meistens besonnene, gerechtigkeitsliebende Teenager aus der Unterschicht, dient als Projektionsfläche für das schrille, überbordende, scheinbar unbeschwerte Leben der Reichen aus "The O.C." – O.C. steht für Orange County, also den kalifornischen Bezirk, in dem die Serie spielt; die Stadt Newport Beach liegt südlich von Los Angeles, ist bis heute als eine der teuersten Wohngegenden der USA bekannt und hat angeblich die höchste Dichte an Ferraris weltweit.

Willkommen im Poolhaus

Während die Reichen und Schönen dieses Fleckchens Erde mittlerweile vorwiegend über Reality-TV-Formate wie "Real Housewives" oder die Immobiliensoap "Selling The OC" auf die Bildschirme kommen, gibt uns "O.C., California" einen Einblick in eine fiktive Welt aus Debütantinnenbällen, riesigen Villen und fetten Autos. Ryan steht immer wieder vor dem schier Unfassbaren, was er da sieht: Der Junge, der aus einer abgeranzten Bude raus ist, wo sich auf der Veranda alte Matratzen als Sitzmöbel stapeln, zieht bei den Cohens in ihr "Poolhouse" ein – also ein kleines Haus im Garten ihrer Villa. Vater Sandy ist sein Pflichtverteidigter und kommt selbst aus einfachen Verhältnissen, Mutter Kirsten ist Immobilienentwicklerin und im reichen Newport mit allen Annehmlichkeiten aufgewachsen, Sohn Seth gibt sich entzückend unbeholfen und wortgewandt, hat aber keine Freunde.

"The O.C." erzählt uns die alte Geschichte, dass reiche Menschen auch nicht per se besser dran sind. Oder glücklicher. Klar, Ryan hat es besonders schwer – die Mutter trinkt zu viel, der neue "Stiefvater" schlägt ihn, der Bruder klaut gerne Autos und macht auch sonst jede Menge Illegales. Doch bei den stinkreichen O.C.lern schaut's auch nicht wirklich besser aus.

Marissa ist zwar das beliebteste Mädchen der Schule, hat aber ein ausgewachsenes Alkoholproblem – kein Wunder, es saufen sich mehr oder weniger auch alle anderen ihr Leben schön. Ihr Vater steht nicht nur vor massiven Geldsorgen, nachdem er seine reichen Freunde um ihr Geld gebracht hat. Seth wird von seinen Schulkollegen im besten Fall ignoriert, im schlimmsten verprügelt. Dass er seinem Schwarm Summer nicht und nicht näherkommen kann, ist ein netter Dauerbrenner in der ersten Staffel, fühlte sich vor 20 Jahren aber auch noch irgendwie besser an. Heute fragt man sich, ob man als Teenager auch so deppert war. Spoiler: Ja, wahrscheinlich.

Phantom Planet - California
Phantom Planet - California Der Titelsong zu "OC California" - kann man sich auch heute noch gut anhören.
PhantomPlanetVEVO

Auf den Partys der Newport-Beach-Kids werden Drogen aller Art konsumiert. Als Marissa in der ersten Folge gleich so viel Alkohol trinkt, dass sie bewusstlos wird, laden sie ihre besten Freundinnen einfach in der Einfahrt ihrer Zuhauses ab.

Aus der Mode

Optisch ist "The O.C." immer ein Kind seiner Zeit: Klapphandys erinnern uns daran, dass man damals schon am Mobiltelefon kleben konnte, selbst wenn es keinen Internetzugang hatte. Dass Ryan als Teenager raucht, schert eigentlich niemanden.

Ganz beiläufig wird das gemacht, was wir heute als "Bodyshaming" kennen – subtile und nicht ganz so subtile Kommentare über Gewicht und generell das Aussehen fallen an allen Ecken und Enden. Marissas Mutter erklärt ihrer gertenschlanken, normschönen Tochter, dass die zurückgebundenen Haare ihr Gesicht kantig aussehen lassen. Das würde man heute wohl alles nicht mehr ohne Einordnung in einer Serie bringen können. Und ohne Shitstorm. Ob das gut oder schlecht ist, überlasse ich in der Bewertung den Lesern und Leserinnen.

Was aus völlig unerfindlichen Gründen in den vergangenen Jahren eine Wiederauferstehung erlebt, sind gewisse modische Eigenheiten der 2000er-Jahre: Marissa entscheidet sich fast immer für bauchfrei und Hüfthosen, ihre Stirnfransen wurden wohl in zahlreichen Friseursalons diesseits und jenseits des Atlantiks mehr oder weniger schön nachgeschnitten.

Sie haben die Haare (nicht) schön

Frisuren halten sich übrigens generell nicht sehr gut, ihr Ablaufdatum hätte man schon damals erkennen können – zum Beispiel bei den Stufenschnitten, die aussehen, als hätte man auf den langen Haaren noch eine Kurzhaarperücke obendrauf. Das kommt uns heute nicht mehr auf den Kopf, genauso wenig wie die blockigen Strähnchen – wer sich nichts darunter vorstellen kann: Eine Kollegin nennt diesen Haarfauxpas "Streifenhörnchen" – gern geschehen.

Ryan trägt in erster Linie weiße Feinrippunterleiberln mit einer Kapuzensweatjacke drüber – manchmal auch, so wie es sich für einen echten Rebellen aus der Unterschicht gehört, darüber noch eine Lederjacke in Schwarz. Geht gerade noch, muss aber auch nicht wirklich sein. Die gern von jungen Männern getragenen Lederbändchen, die eng um den Hals gebunden wurden, dürfen gerne in den 2000er-Jahren bleiben. Es soll einfach ein Rätsel der Geschichte bleiben, warum das zum Trend wurde.

Bonus Episode: Mischa Barton I Welcome to the OC, Bitches! Podcast
In ihrem Podcast "Welcome to the OC, Bitches" schwelgen Rachel Bilson und Melinda Clarke in der Vergangenheit - hier zu Gast: Mischa Barton.
Broad Ideas with Rachel Bilson & Olivia Allen

2023 feierte die Serie ihr 20-jähriges Jubiläum – inklusive diverser Podcasts von und mit den Schauspielern und Schauspielerinnen und inklusive Klatsch und Tratsch vom Set. So wissen wir etwa erst seit kurzem, dass Ryan und Marissa, also Ben McKenzie und Misha Barton, auch im echten Leben kurz liiert waren. Alles in allem ist es jedenfalls noch immer eine passable Teenieserie. Und das Titellied von "O.C., California" – "California" von Phantom Planet – habe ich übrigens immer noch in meiner Playlist. (Daniela Rom, 30.3.2024)