In den vergangenen eineinhalb Jahren galt der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Rumänien bei vielen als Feind des Landes, der aus unerklärlichen Gründen mit dem Schengen-Veto die Rumänen beleidigen wolle. Am Donnerstag wurde er in Bukarest dann aber so gefeiert wie sonst nur ein US-Präsident: Auf dem Weg vom Flughafen in Bukarest Richtung Parlament, den Nehammer zurücklegte, waren in der gesamten Stadt auf Gebäuden große Videoreklamen installiert, auf denen Nehammer zu sehen und darunter auf Deutsch die Botschaft zu lesen war: "Kanzler Nehammer, willkommen in Rumänien! Schengen ist hier!"

Karl Nehammer in Bukarest in voller Fahrt.
Karl Nehammer in Bukarest in voller Fahrt.
via REUTERS/Octav Ganea

Die Aktion des populären TV-Senders und CNN-Partners Antena 3 zeigt, wie sehr die Rumänen von dem plötzlichen "Nu" (Rumänisch für Nein) Österreichs zum Schengen-Beitritt im November 2022 enttäuscht waren. "Wir alle müssen für diese nationale Sache kämpfen. Wir alle müssen darum kämpfen, von keinem anderen Land gedemütigt zu werden", begründete der Generaldirektor von Antena 3, Mihai Gâdea, die Aktion für Nehammer. "Ganz Europa unterstützt unseren Beitritt zu Schengen. Es handelt sich um keinen Gefallen, sondern um ein Recht, das sich Rumänien durch internationale Verträge und die enormen Investitionen, die wir zur Sicherung der Grenzen getätigt haben, erkämpft hat", verkündete er am Mittwochabend.

Überraschung in Bukarest

Bis zuletzt war nicht klar, ob der schrittweise Beitritt Rumäniens und Bulgariens zum Schengen-Raum, der nur mehr von Österreichs Zustimmung abhing, dieses Jahr noch zu Ende gebracht werden kann. Österreich hatte bislang nur zugestimmt, ein Schengen-Visa-freies Reisen ab April auf die Flughäfen in Rumänien und Bulgarien auszuweiten. Und die österreichische Regierung hatte sogar angekündigt, am Mittwochabend beim Kongress der Europäischen Volkspartei (EVP) in Bukarest dem gemeinsamen EVP-Programm eine Absage zu erteilen – auch weil sich die EVP in ihrem gemeinsamen Programm für einen "schnellstmöglichen Beitritt" ausspricht.

Besonders positiv überrascht war man deshalb in Bukarest, als am Mittwochabend plötzlich durchsickerte, dass Österreich nun trotz gegenteiliger Ankündigung dem gemeinsamen Programm der Volkspartei im Jahr der Europawahlen de facto durch Stimmenthaltung zustimme. Offenbar hatten auch Parteifreunde aus anderen europäischen Staaten die ÖVP zu diesem Schritt bewegt. Der Präsident der Europäischen Volkspartei, der Deutsche Manfred Weber, hatte bereits am Mittwoch beim Mittagessen in Bukarest klargestellt, dass die EVP den vollständigen Beitritt Rumäniens zum Schengen-Raum unterstütze, und dabei von einer "österreichischen Herausforderung" gesprochen.

Zum Kongress der mächtigen EVP war auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gekommen. Der Präsident der rumänischen konservativen PNL, die zur EVP gehört, Nicolae Ciucă, sagte, dass der Sinneswandel der österreichischen Delegation "einen Sieg für Rumänien" darstelle – obwohl es noch gar "keinen konkreten Zeitplan" für ein tatsächliches Veto-Ende gibt, wie Nehammer selbst gegenüber Journalisten betonte.

Am Donnerstag empfing Premierminister Marcel Ciolacu seinen österreichischen Amtskollegen, und auch Präsident Klaus Iohannis hieß den Österreicher im Cotroceni-Palast willkommen. (Adelheid Wölfl, 7.3.2024)