Hemma Schmutz
Museumsdirektorin Hemma Schmutz und ihr Buchtipp.
Lentos

Ob sie, die in Wien, Graz, Klagenfurt oder jetzt in Linz gelebt und gearbeitet hat, eine dieser Städte als so langweilig empfunden hat, dass sie dort zum Lesen geradezu gezwungen wurde? Darauf antwortet sie mit rücksichtsvollem Lachen ("Das ist eine gemeine Frage!") lieber nicht, erzählt dann aber von ihrer Geburtsstadt St. Veit an der Glan, wo das Lesen sehr wohl eine notwendige Flucht war. "Die Mutter, die als Kärntnerin natürlich Bachmann und Lavant liebte, war Gott sei Dank sehr literaturaffin. Der Nachschub ist mir nie ausgegangen."

Ein "elementares Ereignis"

Ihre Mutter ist letztes Jahr verstorben, was sie als "elementares Ereignis, mit dem nun alle in meiner Generation konfrontiert sind", beschreibt. Und in dieser Zeit der Trauer schenkte ihr ein Freund aus Salzburg das Buch Eigentum von Wolf Haas, in dem dieser die letzten Tage und Wochen seiner eigenen Mutter in einem Pflegeheim beschreibt bis hin zum finalen Abschied. "Ich denke, manchmal passieren solche Sachen, dass einem Bücher im richtigen Moment zufliegen. Haas nimmt dem Ereignis ein wenig die Schwere durch sein distanziert leichtes Schreiben, andererseits setzt er seiner Mutter aber auch ein Denkmal. Er beschreibt sie nicht beschönigend, sondern in ihrem ganzen Menschsein mit allen guten und schlechten Seiten." Mit dem Tod müsse man sich konfrontieren, sagt sie, "und so ein Buch kann einem vielleicht helfen, einen Prozess in Gang zu bringen".

Auch wie in diesem Buch die Elterngeneration beschrieben wird, war ihr vertraut: "Die Aufbauzeit, diese Fixierung auf das Schaffen, der Hausbau." Das alles sei vergänglich, und mittlerweile hätten sie fünf Geschwister das mit viel Mühe erbaute Eigenheim schweren Herzens verkauft. "So ein Haus ist ja dann, wenn man praktisch nie dort ist, auch mit großen Kosten verbunden." Bald darauf las sie Maja Haderlaps Nachtfrauen, und auch darin fand sie viele Motive, die sie kannte. "Der Versuch, ein neues Leben aufzubauen, die Rückkehr, die Entfremdung, das Aufarbeiten des Nachlasses." Dass Bücher in einer so schweren Phase des Lebens Trost sein können, das war ihr eine schöne Erfahrung. (Manfred Rebhandl, 16.3.2024)