Insignien der Ehrung: Barbi Marković am Donnerstag auf der Leipziger Buchmesse.
Insignien der Ehrung: Barbi Marković am Donnerstag auf der Leipziger Buchmesse.
IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Vorlesen, Hände schütteln, anstoßen: Barbi Markovićs Buchmessentage in Leipzig sind am Donnerstag mit einem Schlag voller geworden. Der Preis für die beste belletristische Neuerscheinung brockt ihr und ihrem ausgezeichneten Erzählband Minihorror (Residenz-Verlag) jetzt extra Interesse ein. In 28 Kapiteln handelt er vom Mittelstandspaar Mini und Miki. Sie lässt ihren Alltag in Wien zum Horrortrip werden: beim Möbelkauf, mit Ungeziefer, mit Verwandten, in der Wohnung mit dünnen Wänden. Den Strandurlaub auch.

Eine Episode mit Schreckensschluss fügte Marković nun hinzu. Sie habe sie in der Kantine in zehn Minuten verfasst, leitete sie ihre Dankesrede ein, für die sie Mini aus dem Buch auskoppelte und die Messenbühne entern ließ: "Mini liest etwas vom Handy ab. (...) Minis Rede ist ein schreckliches Debakel, und sie wird sofort aus der Literatur rausgeworfen. (...) Sie weint. Sie wünscht sich, sie hätte nie einen Preis bekommen." Mini ist wie Marković gebürtige Serbin und Autorin. Jedenfalls die Preisverleihung hat Marković besser als Mini – und wie es sich für sie gehört – geschafft: mit den Lachern im Publikum auf ihrer Seite.

Im Affentempo

Theaterstücke, Hörspiele, Romane, Kurzgeschichten und schon einige Preise: Das Spiel mit Sprache und Formen gehört bei Marković dazu. In Die verschissene Zeit (2021) schickte sie jugendliche Außenseiter mittels Zeitmaschine mit einem Affentempo kreuz und quer im vom Jugoslawienkrieg gebeutelten Belgrad der 1990er hin und her. Ein Clou des Buches: die auf 70 Seiten angehängte Anleitung für Leser, um es nachzuspielen. Wer annimmt, der Roman war zuerst da, irrt! Humor, sagt sie, brauche sie, um nachzudenken.

Leipziger Messe

Seit 2006 lebt Marković in Wien. In Belgrad, wo sie 1980 geboren wurde, hatte sie schon Germanistik studiert. Der Balkan, der Krieg und Migrationserfahrungen durchziehen als schwere Themen ihre leichten, poppigen, surrealen Bücher. In Ausgehen (2006) nahm sie einen rasant mit in Belgrads Clubszene nach dem Krieg, in Superheldinnen (2016) pfuschen drei Frauen aus Ex-Jugoslawien in Wien in Schicksale. Ausgehen schrieb sie noch auf Serbisch, Superheldinnen enthält als Stilmittel Passagen in der Muttersprache.

"Mini muss den Preis zurückzahlen", endete die Dankesrede. I wo! Statt Minihorror jetzt also: große Freude. (Michael Wurmitzer, 22.3.2024)