Kai Havertz von Arsenal
Fünf Treffer in den jüngsten sieben Premier-League-Spielen für Arsenal – der deutsche Teamspieler Kai Havertz hat vor dem ersten Duell mit den Bayern einen Lauf.
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London – Wem schon die Champions League als Verbrechen am Fußball gilt, dem kann vor der Klubweltmeisterschaft neuen Zuschnitts nur grausen. 2025 spielen sich nach dem Willen des Weltverbands Fifa erstmals 32 Klubs den eigentlich unbedeutenden Titel aus. Dabei zu sein in den USA ist aber schon erstrebenswert, allein das Startgeld soll 50 Millionen Euro pro Verein betragen. Das große Geldscheffeln wirft seine Schatten voraus, konkret in den Norden Londons, wo Dienstagabend (21 Uhr / Sky) Arsenal den FC Bayern zum Hinspiel im Viertelfinale der Champions League empfängt.

Parallel zum Heuler im Emirates-Stadion gastiert Manchester City quasi zum ersten von zwei vorgezogenen Endspielen bei Real Madrid. Die Citizens sind wie die Königlichen und auch die Bayern für die Klub-WM 2025 qualifiziert, die insgesamt zwölf europäische Teams schmücken, maximal zwei pro Land (ausgenommen Titelgewinner). Arsenal müsste die Champions League schon gewinnen, um dem Kreis der Absahner anzugehören. Wenn nicht, kommt jenes Team zum Zug, das zwar nicht zu den Titelgewinnern der vergangenen vier Jahren zählt, aber in diesem Zeitraum der achteifrigste Punktesammler in der sogenannten Königsklasse war: Red Bull Salzburg.

Österreichs Serienmeister verpasste zwar abgesehen von 2022 (Achtelfinale, gesamt 2:8 gegen Bayern München) stets die K.-o.-Phase der Champions League, holte aber aus 24 Gruppenspielen ebenso viele Punkte. Mehr haben in absteigender Folge auch ohne Titelgewinn nur die Bayern, Paris Saint-Germain, Inter Mailand, der FC Porto, Benfica Lissabon, Borussia Dortmund und Juventus Turin gemacht. PSV Eindhoven, das Salzburg ebenfalls mit dem Gewinn der Champions League hätte überrunden können, haben die Dortmunder dankenswerterweise jüngst im Achtelfinale den Garaus gemacht.

Goldenes Luftschloss

Bleibt also Arsenal. Und das ist ein schwieriger Fall, wie auch Bernhard Seonbuchner weiß. Der Sportgeschäftsführer der Salzburger will sich mit der Teilnahme an der Klub-WM gedanklich erst beschäftigen, wenn es so weit ist. "Weil: Vorher Luftschlösser bauen, die dann nicht eintreten, das ist gerade im Fußball mit Vorsicht zu genießen", sagte der Bayer dem Fachmagazin "Kicker" und verwies auf Arsenals Stärke.

Mikel Arteta
Der Baske Mikel Arteta hat von 2011 bis 2016 für Arsenal gespielt. 2019 machte er sich daran, als Manager aus den Gunners ein Spitzenteam zu formen.
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Tatsächlich treffen die gebeutelten Bayern unter ihrem tagtäglich mit der plötzlichen Ablöse rechnenden und im Sommer jedenfalls scheidenden Trainer Thomas Tuchel auf das europäische Team der Stunde. Arsenal liefert den Kontrahenten FC Liverpool und Manchester City ein mitreißendes Duell um den Meistertitel. Erst am Samstag stießen die Gunners mit einem 3:0 bei Brighton & Hove Albion an die Tabellenspitze vor und liegen noch dort, weil sich Jürgen Klopps Reds und Manchester United am Sonntag nicht über einen Sieger einigen konnten.

Die Position ist jedenfalls hochverdient. Arsenal hat vom Spitzentrio die meisten Spiele gewonnen, die meisten Treffer erzielt und die wenigsten Tore bekommen. Dazu hat die Truppe von Mikel Arteta weder Liverpool noch Man City im Restprogramm. Die Verfolger haben es also nicht in der Hand, den 14. Meistertitel der Gunners, den ersten seit 2004, zu verhindern.

Anreisen war gerechtfertigt

Stünde eine Leistung wie beim 2:3 in Heidenheim zu erwarten, sagte Bayerns neuer Sportvorstand Max Eberl, brauchten sich Tuchels Mannen gar nicht erst den Londonern zu stellen, bei denen selbstredend Kai Havertz im Zentrum des deutschen Interesses stand. Der Teamspieler hat schließlich 2021 unter Tuchel mit Chelsea die Champions League gewonnen und stach zuletzt aus Artetas Kollektiv heraus, das mit großen, aber eben nicht den allergrößten Namen des internationalen Fußballs aufwarten kann. Havertz, der in den jüngsten sieben Premier-League-Spielen fünf Treffer erzielte, lobte seinen Ex-Trainer Tuchel artig und prophezeite ein überaus hartes Ringen mit den Bayern, die wieder auf die zuletzt wegen diverser Wehwehchen fehlenden Manuel Neuer, Leroy Sane und Kingsley Coman und Noussair Mazraoui zurückgreifen können sollten.

Auch die Restbelegschaft des deutschen Rekordmeisters soll fokussiert sein. "Es ist nicht so, dass wir mit dem Finger in der Nase bohren und uns alles egal ist", sagte Routinier Thomas Müller, der zu seinem 150. Einsatz in der Champions League kommen soll. Wie zuversichtlich wäre der erst, wäre ihm bewusst, dass Red Bull Salzburg samt Anhang die Daumen drückt – wegen der 50 Millionen für den Klub-WM-Antritt wäre es. (Siegfried Lützow, 9.4.2024)