Macht Olaf Scholz hier etwa das nächste Video für Tiktok? Man weiß es nicht...
Macht Olaf Scholz hier etwa das nächste Video für Tiktok? Man weiß es nicht ...
IMAGO/dts Nachrichtenagentur

So mancher war am Montagvormittag doch etwas verblüfft. Olaf Scholz, Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und 65 Jahre alt, tauchte plötzlich auf der umstrittenen Videoplattform Tiktok auf. "Wir sind genauso überrascht wie ihr!", heißt es unter dem kleinen Video von "TeamBundeskanzler". Dieses zeigt zunächst die Aktentasche des Kanzlers auf der Couch in seinem Büro und dann ihn selbst an seinem Schreibtisch.

"Guckt doch mal nach, ob in der Aktentasche die Erinnerungen zu dem Cum-Ex-Treffen sind", bat der deutsche Comedy-Autor Fabian Köster gleich in einem Kommentar. Andere hießen Scholz einfach willkommen, auch mal mit "Hallo Olaf" oder Herzchen. Wenig später bestätigte Steffen Hebestreit, der Sprecher des Kanzlers, die Neuheit: Scholz hat Neuland betreten, er wird künftig auch auf der vor allem bei jüngeren Menschen beliebten chinesischen App Tiktok präsent sein und sein Regierungshandeln erklären.

Es ist ein Experiment

Das Erstaunen war auch so manchem in der Bundespressekonferenz anzumerken – jener Runde von deutschen Hauptstadtjournalistinnen und -journalisten also, in der Hebestreit die Neuigkeit verkündete. Schließlich gibt es an Tiktok viel Kritik – sie reicht von mangelndem Datenschutz über Cybermobbing bis zum Einfluss Chinas.

"Es ist ein bisschen ein Experiment", räumte der Sprecher des Kanzlers, der natürlich auch auf anderen Plattformen wie Instagram oder X (vormals Twitter) längst präsent ist, ein. Aber man habe sich das ganze gut überlegt und auch mit "einflussreichen Influencern kritisch diskutiert". Deren "einhellige Meinung" sei gewesen, Scholz solle den Schritt wagen, denn Tiktok brauche ohnehin mehr seriöse Inhalte.

Wer Angst um seine Daten habe, müsse nicht auf Tiktok, versicherte Hebestreit, denn Scholz werde natürlich auch auf den herkömmlichen Informationskanälen präsent bleiben. Zudem stehe das Kanzleramt in Kontakt mit dem Tiktok-Anbieter. Bedenken über die Rolle der chinesischen Staatsführung kann Scholz am bevorstehenden Wochenende gleich vor Ort ansprechen, da wird er nämlich nach Peking reisen.

Chef am Schreibtisch

Das erste Filmchen mit dem Kanzler ist recht unspektakulär, er sitzt einfach nur am Schreibtisch. Zu hoffen, dass es bald noch sehr aufregend wird, braucht man nicht. Denn Scholz selbst erklärte auf X: "Ich tanze nicht. Versprochen." Aber man will eben die jüngere Zielgruppe erreichen.

Da haben andere die Latte schon ziemlich hoch gelegt. Die AfD-Fraktion im Bundestag hat 411.433 Follower und Followerinnen. Überhaupt sind AfD-Politikerinnen und -Politiker auf Tiktok sehr umtriebig. Der Spitzenkandidat für die EU-Wahl im Juni, Maximilian Krah, etwa fiel dort schon mit Dating-Tipps auf.

"Schau keine Pornos, wähl nicht die Grünen! Geh raus an die frische Luft! Steh zu dir! Sei selbstbewusst, guck geradeaus! Und vor allem: Lass dir nicht einreden, dass du lieb, soft, schwach und links zu sein hast! Echte Männer sind rechts! Echte Männer haben Ideale! Echte Männer sind Patrioten! Dann klappt's auch mit der Freundin!“ – so lautet sein Rat.

Allerdings wurde Krahs Reichweite auf Tiktok Mitte März deutlich eingeschränkt. Nutzerinnen und Nutzer können seine Videos nur noch für 90 Tage sehen, wenn sie seine Seite aufrufen. Die Beiträge werden jedoch nicht mehr vorgeschlagen. Laut "Spiegel" hat Krah mit homophoben Aussagen, mit Hetze gegen Geflüchtete und Aussagen im Sinne der Verschwörungstheorie vom großen Bevölkerungsaustausch gegen die Regeln der Plattform verstoßen.

Lauterbach war Pionier

Der Erste aus der deutschen Regierung auf Tiktok war Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Er sagte in der ARD-Sendung "Hart, aber fair": "Ich glaube, wir dürfen die sozialen Medien nicht der AfD überlassen."

Wer nun doch Gefallen an einem tanzenden Olaf Scholz finden könnte, wird dennoch auf Tiktok fündig. Ein User bietet eine Montage unter "OL@F SCHOLZ am Dancen".

Des Kanzlers Team und den Chef selbst dürfte mehr interessieren, was man ihm auf Tiktok so zuraunt. Da ist die Bandbreite ziemlich groß. "MACH DÖNERPREISE RUNTER OLAF", fordert da jemand. und ein anderer fragt: "Wann bekommen wir endlich Frieden?" (Birgit Baumann aus Berlin, 8.4.2024)