Meteorit Antarktis
Antarktischer Meteorit (HUT 18036), der im Rahmen des Projekts Lost Meteorites of Antarctica gefunden wurde.
Katherine Joy, Universität Manchester

Erst vor wenigen Tagen sorgte ein Meteorit aus der Antarktis für einiges Aufsehen in der Fachwelt: Der "Himmelsstein" mit Namen Allan Hills A77307, der 1977 oder 1978 auf der Eisfläche des südlichsten Kontinents gefunden worden war, enthält nämlich ein seltenes Staubteilchen, das älter als unsere Sonne ist, wie Forschende im "Astrophysical Journal" berichteten. Das außergewöhnlich hohe Isotopenverhältnis des Meteoriten deutet darauf hin, dass dieses Teilchen durch eine Supernova vor rund 4,6 Milliarden Jahren entstanden sein könnte. Das wiederum würde Einblick in uralte kosmische Ereignisse jenseits unseres Sonnensystems ermöglichen, wie die Forschenden schreiben.

Zwar verraten uns Meteoriten nur in Ausnahmefällen (wie eben A77307) etwas über das Universum jenseits unseres Sonnensystems. Die meisten stammen nämlich von verschiedenen Monden, Planeten und Asteroiden in unserem Sonnensystem. Dennoch liefern sie der Wissenschaft unschätzbar wertvolle Proben extraterrestrischen Materials, an das wir sonst nur sehr schwer herankommen würden.

Fast zwei Drittel aus der Antarktis

Allan Hills A77307 ist nur einer von rund 44.400 Meteoriten, die bisher in der Antarktis gefunden wurden, dem El Dorado für Meteoritenjagd. Denn auf der weißen Oberfläche des Eises sind Steine aller Art besonders leicht erkennbar. Das ist auch der Hauptgrund, warum dort über 60 Prozent der bekannten Meteoriten aufgespürt werden konnten. Schätzungen gehen davon aus, dass weitere 300.000 bis 850.000 Meteoriten auf dem Eisschilden der Antarktis liegen und darauf warten, eingesammelt zu werden.

Meteoritenjagd
Auf Meteoritenjagd: Forschende und Journalisten auf dem Eis der Antarktis während der Feldforschungsmission 2022 des Instituto Antártico Chileno.
José Jorquera (Antarctica.cl), Universität von Santiago, Chile

Die Erwärmung der Temperaturen könnte jedoch bald das Ende dieser goldenen Ära der Meteoritensuche am Südpol einläuten, wie eine neue kleine Studie im Fachblatt "Nature Climate Change" zeigt. Der simple Grund: Auch in der Antarktis wird es aufgrund des Klimawandels immer wärmer. Das wiederum führt dazu, dass immer größere Teile der früher festen Eisfläche sich in einen weichen Schneematsch verwandeln. Meteoriten und andere felsige Objekte neigen logischerweise dazu, auf weicherem Eis schneller zu sinken, wodurch sich das Zeitfenster verkleinert, in dem Forschende sie leicht identifizieren können.

5.000 jährlich versinkende Meteoriten

Ein Team um Veronica Tollenaar (Freie Universität Brüssel) hat dieses Problem nun mittels Klimadaten aus der Antarktis und eines KI-Algorithmus analysiert und kommt zum Schluss, dass derzeit jedes Jahr bis zu 5.000 Meteoriten durch das auftauende Eis für die Forschung verloren gehen. Bei den derzeitigen Maßnahmen gegen den Klimawandel, die zu einer Erwärmung von 2,6 bis 2,7 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau führen würden, könnten etwa 30 Prozent der Meteoriten in der Antarktis von der Eisoberfläche verschwinden. Bei einem weiteren Anstieg der Emissionen könnten es bis zu 75 Prozent sein.

18 Kilogramm schwerer Meteorit entdeckt
Gotcha! Forschende finden 2012/13 einen extrem großen Meteoriten nahe der belgischen Forschungsstation in der Antarktis. Credit: Harry Zekollari, ETH Zürich.
NPG Press

Angesichts dieser Prognosen erklärt Kevin Righter (Nasa Johnson Space Center) in einem begleitenden Kommentar, dass wir ernsthaft darüber nachdenken sollten, die Bemühungen zum Sammeln von Meteoritenproben in der Antarktis möglichst bald zu verstärken. Denn bald könnte es dafür zu spät sein. Dieser Verlust wäre ein schwerer Rückschlag für die gegenwärtige und künftige Planetenforschung – und für unser grundlegendes Verständnis von der Entstehung der Erde, des Sonnensystems und dem Entstehen jener Stoffe, die das Leben auf der Erde erst ermöglichten. (tasch, 9.4.2024)