Harry Kane diskutiert mit Schiedsrichter.
Die Proteste der Bayern, hier in Form von Stürmer Harry Kane, wurden von Schiedsrichter Glenn Nyberg nicht erhört.
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Ein "Kinderfehler" erzürnt den FC Bayern. Trainer Thomas Tuchel fand es "schrecklich" und "extrem arm", Superstar Harry Kane meinte entsetzt: "Das ist verrückt. Das ist ein blöder Fehler, aber das ist der eindeutigste Elfmeter, den ich je gesehen habe!" Doch der schwedische Schiedsrichter Glenn Nyberg sah das anders.

Was war passiert? In der 67. Minute des Viertelfinal-Hinspiels der Münchner in der Champions League beim FC Arsenal (2:2) pfiff Nyberg (35) in die Abstoßbewegung von Gunners-Torhüter David Raya hinein. Abwehrspieler Gabriel aber meinte wohl, er selbst solle abstoßen – und nahm den ihm zugespielten Ball in die Hand.

"Das habe ich so noch nie gesehen", sagte Joshua Kimmich, die Bayern protestierten. Nyberg aber, der erstmals ein K.-o.-Spiel in der Königsklasse leitete, meinte laut Münchner Aussagen, einen solchen "kid's mistake", also einen Kinderfehler, würde er in einem so bedeutenden Spiel nicht pfeifen. Wie bitte?

Krasse Szene, im Sinne des Fußballs

Der deutsche Ex-Schiedsrichter Manuel Gräfe wunderte sich. "Das ist eine krasse Szene!", schrieb er auf X. Nyberg habe es "lange gut" gemacht, dann aber neben "mehreren kleineren Fehlern" diese krasse Fehlentscheidung getroffen. Gräfe: "Bitter für die Bayern."

Schiedsrichterexperte Lutz Wagner, der für Prime Video in Deutschland das Spiel analysierte, findet die Szene "sehr eigentümlich", meinte aber: "Im Sinne des Fußballs war es, so wie er es gelöst hat, die bessere Entscheidung." Der Pfiff in die Ausführung des Abstoßes hinein habe die Abwehrspieler "etwas verunsichert. Er hat es auch selbst gemerkt, dass er dazu beigetragen hat. Da kam noch mal ein Nachpfiff." Wagner erklärte, dass die Unparteiischen Abstöße nicht anpfeifen müssten. "Das ist vom Regelwerk so vorgeschrieben."

Saka macht einen Haken um Neuer
In der Schlussphase ging Saka gegen Neuer zu Boden, die Pfeife des Schiedsrichters blieb auch hier stumm.
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Auch Arsenal forderte einen Elfer

Blieb die Frage, ob nicht auch Arsenal einen Elfmeter hätte bekommen können, als Torschütze Bukayo Saka gegen Goalie Manuel Neuer zu Fall kam (90.). Klar, hätte man schon, hieß es von Arsenal. "Ich habe einen Kontakt gesehen, aber viel zu spät. Der Ball war weg. Keine Chance mehr, und er läuft in das Bein von Manu rein", hielt Tuchel dagegen, gestand aber ein, dass er aus der Distanz von 60 Metern zum Geschehen "auch falsch liegen" könne.

Hätte sich Nyberg die Szene nicht noch einmal anschauen müssen? Er griff ans Ohr zu seinem Headset, erhielt aber offenbar kein Signal. Kane sprach salomonisch von einer "Fifty-fifty-Entscheidung" und ergänzte mit einem Schmunzeln: "Wenn das mein Team ist, würde ich den Elfmeter gerne haben wollen."

Die Bayern ärgerten sich nach dem Spiel auch über den Ausfall von Serge Gnabry. "Er hat wieder eine Oberschenkelverletzung und ist auf jeden Fall raus", sagte Tuchel, der Verdacht lautet auf Muskelfaserriss. Gnabry erzielte das 1:1 in der 18. Minute und machte sich berechtigte Hoffnungen, wieder in EM-Form zu kommen. Deutschlands Teamchef Julian Nagelsmann hatte den 28-Jährigen, der wegen eines Unterarmbruchs und einer Adduktorenverletzung in dieser Saison 20 Bayern-Spiele verpasste, für die März-Länderspiele nicht berücksichtigt. Danach schien klar: Der Weg wird steinig bis unmöglich.

Tuchel hingegen bekam nach dem Spiel höchste Anerkennung von Matthias Sammer. "Wir sollten auch mal unseren deutschen Trainer loben, der hat so viel auf die Nuss bekommen", sagte der Europameister von 1996. "Das war heute eine taktische Meisterleistung." Im nahezu gleichen Atemzug ergänzte Sammer: "Das war wahrscheinlich die beste Leistung in dieser Saison."

Tuchel dagegen war nicht vollständig zufrieden mit dem Ergebnis. "Wir hätten gewinnen können", sagte er angesichts des späten Stangenschuss des eingewechselten Kingsley Coman (90.).

Real befürchtet Aus gegen ManCity

Das zweiten Viertelfinalspiel vom Dienstag bereitet Real Madrid Sorgen. Mit einem Remis aus dem Hinspiel geht es nächste Woche nach England zu Manchester City. Diese Konstellation ist in der vergangenen Champions-League-Saison furchtbar schiefgegangen für die Spanier.

"Wir müssen es deutlich besser machen als letztes Jahr", sagte Toni Kroos nach der Partie auf Dazn, "da sind wir auch mit einem Unentschieden dort hingefahren und waren dann ja relativ chancenlos." 1:1 hieß es damals im Halbfinal-Hinspiel in Madrid, 4:0 gewann Manchester das Rückspiel, es ist eine Mahnung für die Königlichen. Nach dem wilden, atemlosen 3:3 (2:1) im ersten Duell gelte es am kommenden Mittwoch, auch auswärts das Heimgesicht zu zeigen.

"Wir wissen, dass City zu Hause noch mal ein Niveau stärker ist", sagte Kroos. "Wir müssen dort mit der gleichen Persönlichkeit auftreten wie im eigenen Stadion, dann haben wir eine Chance." Zumindest ein wenig trauerte der deutsche Nationalspieler einem besseren Ergebnis hinterher. "Sie schießen zwei Tore, die selbst City nicht jeden Tag gelingen", sagte er mit Blick auf die Treffer durch Phil Foden und Josko Gvardiol, die jeweils formschön ins Toreck flogen. "Das tut natürlich weh. Gefühlt bin ich nicht so zufrieden." (red, sid, 10.4.2024)