Venedig
Einheimische und in Venedig geborene Personen, Immobilienbesitzer, Studenten und Arbeitnehmer müssen keine Tagesgebühr zahlen.
IMAGO/Eberhard Thonfeld

Venedig – In Venedig beginnt am Donnerstag eine neue Ära. Die Lagunenstadt, die zum Symbol des Massentourismus geworden ist, testet erstmals ein umstrittenes Gebührensystem für Tagestouristen. Damit hofft die Stadtregierung, den Besucherandrang zu regeln.

Das Experiment beginnt am 25. April, einem Nationalfeiertag in Italien. Die Sonderabgabe von fünf Euro müssen alle Besucher zahlen, die zwischen 8.30 Uhr und 16.00 Uhr in die Lagunenstadt wollen. Tagestouristen müssen im Vorfeld im Internet einen QR-Code erwerben, der an den wichtigsten Zugangspunkten in die Stadt kontrolliert wird. Zudem müssen sie sich auf der von der Gemeinde eingerichteten mehrsprachigen Webseite www.cda.ve.it ihre Eintrittskarte besorgen, die fünf Euro kostet. Gezahlt wird mit Kreditkarte oder Paypal. Das Ticket kann auch in Trafiken erworben werden.

Das Eintrittsgeld wird an insgesamt 29 Tagen im Jahr 2024 erhoben: Vom 25. bis 30. April, vom 1. bis 5. Mai und an allen übrigen Wochenenden (samstags und sonntags) bis zum 13. und 14. Juli. Davon ausgenommen ist das Wochenende zum Tag der Republik (1. bis 2. Juni), einem weiteren Nationalfeiertag in Italien. Wer zu den kleineren Inseln Murano, Burano und Torcello will, braucht kein Ticket.

Weltweit erstes derartiges Experiment

"Es handelt sich um ein Experiment, das erste weltweit", sagte der Bürgermeister von Venedig, Luigi Brugnaro. Er verteidigt die umstrittene Maßnahme hartnäckig. "Unser Ziel ist nicht, Geld zu kassieren, sondern zu verhindern, dass die Stadt explodiert. Wir wollen Venedig touristenfreundlicher gestalten, denn es gehört nicht nur den Venezianern, sondern der ganzen Welt", sagt Brugnaro. Er verspricht "sehr sanfte Kontrollen", die eher stichprobenartig ausfallen und auf keinen Fall zu Warteschlangen führen sollen. Es werden keine Drehkreuze, sondern mehrere Tore aufgestellt, die es ermöglichen, den Großteil der Touristen abzufangen.

Einheimische und in Venedig geborene Personen, Immobilienbesitzer (auch wenn sie nicht in Venedig wohnen), Studenten und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen kein Eintrittsgeld zahlen. Für Kinder unter 14 Jahren, Behinderte und Begleitpersonen besteht zwar eine Buchungs-, aber keine Zahlungspflicht.

Tagestouristen, die ohne den QR-Code mit der Eintrittskarte erwischt werden, müssen mit einer Geldstrafe zwischen 50 und 300 Euro rechnen. Der Tourismus-Assessor Venedigs, Simone Venturini, betonte, dass es nicht darum gehe, die Stadt abzuschotten, und dass man keine Obergrenzen für die Vergabe von QR-Codes an den jeweiligen Tagen einführen werde.

"Schikane"

Die Pläne der Gemeinde sorgen für Diskussionen. Arrigo Cipriani, 91-jähriger Gastwirt und Eigentümer der legendären Harry's Bar, einst Künstlertreff von Größen wie Schriftsteller Ernest Hemingway, bezeichnet das Eintrittsgeld für Tagestouristen als "Schikane". Kritisch zeigte sich auch der Ex-Bürgermeister von Venedig, Massimo Cacciari. Er rief die Touristen zum Ungehorsam auf: Sie sollten die Eintrittskarte nicht zahlen, denn diese sei seiner Ansicht nach "verfassungswidrig". "Es ist reiner Wahnsinn, diese Maßnahmen ist völlig unrechtmäßig. In keiner Stadt der Welt zahlt man Eintritt", kritisierte Cacciari.

"In Venedig zahlen die Touristen bereits dreimal so viel wie die Einwohner für Fahrkarten, für Museen, für alles. Die Erklärung, Venedig sei ein reines Museum, ist nicht haltbar", kritisierte Cacciari, ein Venezianer seit Generationen.

Die Eintrittskarte für Tagestouristen findet dagegen bei den Hoteliers Zustimmung. "Es ist inakzeptabel, dass die einzige Steuer für Besucher die Touristensteuer ist, die nur Personen zahlen, die in Hotels übernachten", sagte Vittorio Bonacini, Präsident des venezianischen Hotelierverbands (AVA). Für Bonacini sei die Erprobung des Beitrags "eine komplexe Herausforderung", mit der die Hoteliers jedoch vollkommen einverstanden seien. (APA, 24.4.2024)