Die Ehe ist für viele eine romantische Idee. Der Wunsch nach einem schönen Hochzeitsfest oder die Verwirklichung der großen Liebe. Tatsächlich ist die Ehe aber viel mehr als das. Sie ist vor allem ein waschechter und nur mittelromantischer Vertrag. Einer, aus dem man schwer rauskommt und der auch weitreichende finanzielle Folgen mit sich bringt. In der anwaltlichen Praxis hat man häufig die unangenehme Aufgabe, scheidungswilligen Menschen mit scheidungsunwilligen Partnern die rechtliche Situation zu erläutern.

Wenn gegen eheliche Pflichten verstoßen wird

Die Ehe basiert auf dem sogenannten partnerschaftlichen Prinzip. Eheliche Rechte und Pflichten sind gesetzlich festgelegt. Es ist den Eheleuten möglich, im Rahmen des Einvernehmlichkeitsprinzips bestimmte Dinge untereinander auszumachen. Von den Grundprinzipien der Ehe kann aber nicht abgegangen werden. Im Gesetz heißt es, dass Eheleute sich zum gegenseitigen Beistand, zur umfassenden Lebensgemeinschaft, zum gemeinsamen Wohnen, zur anständigen Begegnung und zur Treue verpflichtet sind. Im besten Fall sollte man gegen diese Pflichten nicht "verstoßen", um sich in einem etwaigen Scheidungsverfahren nicht selbst ein Ei zu legen. Und natürlich auch, weil es, abgesehen von rechtlichen Belangen, für die Beziehung oft abträglich ist, sich zu beschimpfen (anständige Begegnung) oder mit dem Nachbar zu turteln (Treuepflicht).

Eheringe und jemand unterschreibt einen Vertrag
Mit der Ehe sind Pflichten und Rechte verbunden.
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Wenn gegen eheliche Pflichten verstoßen wird, kann man diese nicht gerichtlich durchsetzen. Der untreuen Ehefrau aufzutragen, die Affäre zu beenden, ist (rechtlich) nicht durchsetzbar. Was aber geht, ist, dem gegen die ehelichen Pflichten verstoßenden Eheteil die schwere Eheverfehlung in einem Scheidungsverfahren vorzuwerfen und im besten Fall das Scheidungsverfahren zu "gewinnen". Ein gewonnenes Scheidungsverfahren wiederum kann dazu führen, dass nachehelicher Unterhalt vom besserverdienenden "schuldigen" Eheteil zusteht, oder aber dass wenn man das Scheidungsverfahren "verliert" eben kein Unterhalt zusteht.

Pflicht zum gemeinsamen Wohnen

Grundsätzlich gibt es die Pflicht zum gemeinsamen Wohnen. Die Ehegatten können sich aber einvernehmlich auf getrennte Wohnsitze einigen. Jeder Ehegatte kann aus gerechtfertigten Gründen die Verlegung des Wohnsitzes verlangen. Beispielsweise ein tolles berufliches Angebot in einer anderen Stadt. Hat der andere Partner keine gerechtfertigten Gründe von gleichem Gewicht, hat er mitzuziehen. Ist das Zusammenleben (zum Beispiel wegen körperlicher Bedrohung) unzumutbar oder aus wichtigen persönlichen Gründen unmöglich (zum Beispiel Pflege eines Angehörigen), kann auch jeder Ehegatte gesondert eine Wohnung nehmen. Hier empfiehlt es sich aber aus taktischen Gründen, wenn keine (schriftliche) Zustimmung des Ehegatten zu bekommen ist, einen Antrag auf vorübergehende gesonderte Wohnsitznahme beim zuständigen Bezirksgericht zu stellen. Ansonsten riskiert man bei einem eigenmächtigen Auszug aus der Ehewohnung sich eine schwere Eheverfehlung (böswilliges Verlassen) zuzuziehen. Einfach aus der Ehewohnung auszuziehen im Streitfall ist nicht empfehlenswert!

Treuepflicht

Immer noch gibt es sie. Die eheliche Pflicht zur Treue. Fremdgehen ist eine schwere Eheverfehlung. Hat eine Seite Beweise über die Untreue des anderen, bringt dies wesentliche Vorteile im strittigen Scheidungsverfahren. Oft nicht bekannt ist, dass die Treuepflicht keine rein sexuelle ist. Auch (intensive) Freundschaften zu einer Person des anderen Geschlechts können eine schwere Eheverfehlung darstellen. Ehegatten müssen jegliches Benehmen unterlassen, das den objektiven Anschein erwecken könnte, eine "ehewidrige Beziehung" zu sein. Eine solche Freundschaft kann dann eine Eheverfehlung darstellen, wenn sie den Eindruck einer ehewidrigen Beziehung erweckt. Zum Beispiel, wenn ein Ehepartner sie dem anderen trotz ihrer über das Normale hinausgehende Ausmaß verheimlicht.

Auch offengelegte und nicht heimliche Freundschaften können eine Eheverfehlung sein. Besonders dann, wenn der eigene Partner diese Freundschaft ablehnt, man sie aber trotzdem aufrecht hält und die Freundschaft geeignet ist, die Ehegatten einander zu entfremden oder eine bestehende Entfremdung noch weiter zu verstärken. Achtung: Die Treuepflicht kann nicht "verbindlich" abgewählt werden. Wenn nachweislich sexuelle Freiheit vereinbart wurde, sind außereheliche Liebschaften in einem Scheidungsverfahren zwar nicht vorwerfbar, dies aber nur, solange es beide wollen! Die Vereinbarung der sexuellen Freiheit nach der Rechtsprechung ist nicht verbindlich und kann jederzeit, auch einseitig, widerrufen werden.

Pflicht zur anständigen Begegnung und Beistand

Grundsätzlich sollten sich Ehegatten mit Respekt und Wertschätzung begegnen. Gegenseitige Rücksichtnahme ist wünschenswert. Ein angemessener Umgangston ist sozusagen auch gesetzlich festgelegt.

Die Beistandspflicht meint, dass man den anderen Ehegatten zu unterstützen hat. Dies sowohl monetär (Unterhaltsverpflichtung) als auch emotional. Geht die andere Person durch eine Krise, ist krank, stirbt der Hund oder Ähnliches, ist die (gesetzliche) Idee, dass man für die andere da ist und sich nicht gerade dann anderen, möglicherweise vergnüglicheren Dingen widmet.

Resümee

Jetzt könnte man sagen, alle oben genannten "Pflichten" gehören zum guten Ton in einer Beziehung. Wesentlich ist dennoch, dass im Lichte des in Österreich geltenden Verschuldensprinzips und den langwierigen und teuren Folgen eines etwaigen verlorenen Scheidungsverfahrens etwas mehr Augenmerk auf die rechtlichen Seiten des Ehelebens gelegt werden sollte. Weil es eben einen Unterschied macht, ob man sich nur "moralisch" nicht auf die Schulter klopfen kann, weil man den Lebensgefährten betrogen hat, oder ob man eventuell lebenslang Unterhalt zahlen muss, weil man den Ehepartner betrogen hat. (Theresa Kamp, 2.7.2024)