Blutrot in der Uniform der Grenadier Guards. Einem Schmetterling gefällt's.
Blutrot in der Uniform der Grenadier Guards. Einem Schmetterling gefällt's.
IMAGO/Spotlight Royal

Als König Charles III. höchstpersönlich das erste Porträt enthüllte, das ihn als Oberhaupt der Monarchie zeigt, war ihm ein kurzer Moment der Schockstarre durchaus anzusehen. Der Künstler Jonathan Yeo, dem Charles seit der Auftragsvergabe im Jahr 2020 mehrfach Modell gestanden war, hüllte den König nicht nur in die knallrote Uniform der Grenadier Guards, er tauchte gleich das ganze Ölgemälde in die sicher nicht gerade blutdrucksenkende Signalfarbe. Ein erregungsmildernder Schmetterling über der rechten Schulter, den Charles sich als Symbol für sein Umweltschutzengagement ins Bild gesetzt wünschte, geht im Farbeninferno regelrecht unter.

Unmutsbekundung war von König Charles öffentlich keine zu vernehmen, die Weltöffentlichkeit freilich entzweit sich an der Frage der Angemessenheit der Darstellung: Würde man so nicht eher den Grafen Dracula ins Bild setzen? Blut gar als Metapher für eine unrühmliche britische Geschichte? Rot als Marker dafür, dass die Monarchie im Bestand bedroht ist? Oder bloß dafür, dass seine Majestät manchmal etwas aufbrausend, also ein ganz schönes Häferl, sein kann?

Kurze Erschrockenheit war dem Monarchen beim Enthüllen seines Abbilds schon anzumerken.
Kurze Erschrockenheit war dem Monarchen beim Enthüllen seines Abbilds schon anzumerken.
AFP/POOL/AARON CHOWN

Manche wollen in dem Ölgemälde gar die finale Manifestation einer Episode erkennen, die Royals-Spötter bis heute mit den Ohren schlackern lässt: Charles, ein Romantiker vor dem Herrn, sei nun endlich jener Tampon geworden, der zu sein er sich einst in einer Mitteilung an Camilla so innigst gewünscht hatte. Die verehrte Gemahlin soll dem Künstler jedenfalls mit einem knappen "You've got him" der Akkuratesse der Darstellung versichert haben.

Trost für die Royals: Es hätte schlimmer kommen können, wie ein anderer aktueller Fall aus dem Commonwealth zeigt. Die australische Milliardärin Gina Rinehart kämpft gerade darum, ein Porträt von ihr aus der australischen Nationalgalerie entfernen zu lassen. Grund dafür? Der Aborigine-Künstler Vincent Namatjira hat der reichsten Frau Australiens ein nicht so schmeichelhaftes Doppelkinn samt Silberblick angedeihen lassen.

Die reichste Frau Australiens fordert die Entfernung ihres Porträts aus der australischen Nationalgalerie. Man kann ahnen, warum.
Die reichste Frau Australiens, Gina Rinehart, fordert die Entfernung ihres Porträts aus der australischen Nationalgalerie. Man kann ahnen, warum.
Imago, Getty Images

Dass die Beziehung zwischen Künstlern und Porträtierten, zumal sie der politischen Kaste angehören, nicht immer friktionsfrei abläuft, dafür gibt es auch ein legendäres heimisches Beispiel, das übrigens viel übers Selbstverständnis von Nachkriegsösterreich aussagt: Als 1955 im Belvedere der Staatsvertrag unterzeichnet wurde, fertigte der Avantgardekünstler Sergius Pauser ein Gemälde davon an. Er entschied sich für eine impressionistische Variante, die die Politikergesichter unkenntlich werden ließ und den Akt selbst in den Vordergrund rückte. ÖVP-Bundeskanzler Julius Raab schmeckte das nicht. Er lehnte Pausers Werk ab und ließ von Robert Fuchs, einem Künstler mit Nazivergangenheit, eine realistische Version anfertigen, die die Physiognomie der wichtigen Herren in kenntlicher Pracht zeigte. Wie modern und abgeklärt geben sich verglichen damit doch die Royals. (Stefan Weiss, 16.5.2024)