Teamchef Ralf Rangnick setzt für die EM vorerst auf 29 Spieler, darunter ein Debütant.
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Wien – Österreichs Fußball-Teamchef Ralf Rangnick machte einen durchaus entspannten Eindruck, als er am Dienstagabend, kurz nach 18 Uhr, in einem Hotel im Prater die Katze, die den hübschen Namen "EM-Kader" hat, aus dem Sack ließ. Er nominiert 29 Fußballer, am 7. Juni werden drei gestrichen, was für die Betroffenen kein Grund für Depressionen sein soll. "Immerhin haben sie eine neue Erfahrung gemacht, sie waren zumindest kurz dabei, haben gelernt."

Ob dann vier Torhüter und 22 Feldspieler oder drei und 23 nach Deutschland reisen, ließ Rangnick offen, es ist aber ziemlich egal. Es gibt einen Debütanten im Großkader, den 22-jährigen Thierno Ballo vom Wolfsberger AC. An ihm gefällt dem Teamchef das "Tempodribbling". "Er muss mich überzeugen, zeigen was er kann."

Video: Rangnick präsentierte ÖFB-Kader für Testspiele.
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Kapitän David Alaba muss und kann das nicht, aufgrund eines Kreuzbandrisses fällt der 31-Jährige aus, das war eigentlich seit Monaten klar. Er wird trotzdem dabei sein – als Non-playing-Captain. Real-Madrid-Trainer Carlo Ancelotti hat dem zugestimmt, was wiederum den 65-jährigen Rangnick gerührt hat. "Er ist ein großartiger Trainer und ein besonderer Mensch." Alaba sei als Bindeglied enorm wichtig. "Er hat Ausstrahlung, hat Charisma. Die Mannschaft hört auf ihn. Natürlich wäre er mir als Spieler noch lieber."

Torhüter Heinz Lindner von Union Saint-Gilloise kehrt nach überstandener Krebserkrankung ins ÖFB-Team zurück, Verteidiger Gernot Trauner ist ebenfalls nach langer Teampause zurück im Nationaltrikot.

Einfädeln

Xaver Schlager und Sasa Kalajdzic haben ebenfalls Kreuzbandrisse, sie sind im Gegensatz zu Alaba im Betreuerstab nicht vorgesehen, das hat natürlich nichts mit fehlendem Charisma zu tun. In der Innenverteidigung gibt es drei Fragezeichen: Philipp Lienhart, Max Wöber und Kevin Danso sind noch nicht voll fit. Freiburgs Lienhart hat seit fünf Monaten kein Pflichtspiel bestritten. Sie trainieren "integrativ", das muss man sich laut Rangnick so vorstellen: "Es ist wie das Einfädeln auf die Autobahn."

Alexander Schlager, prinzipiell die klare Nummer eins im Tor, ist nach seiner Meniskusoperation vorerst nicht an Bord. "Man muss abwarten und hoffen." Ein Einsatz im ersten EM-Spiel am 17. Juni in Düsseldorf gegen Frankreich sei aber auszuschließen. Rangnick: "Von der kalten Hose ins Tor geht nicht."

Das größte Kontingent stellt übrigens Rapid mit vier Vertretern: Niklas Hedl, Leopold Querfeld, Marco Grüll, der nach Bremen wechselt, und Matthias Seidl. Das überrascht, die Hütteldorfer spielten eine mäßige bis grottenschlechte Saison, das 0:3 daheim gegen Hartberg war quasi der krönende Abschluss. Zum Vergleich: Doublegewinner Sturm Graz hat nur Alexander Prass anzubieten. Rangnick nominiert freilich nicht nach Vereinszugehörigkeit. "Wir nehmen die, wo wir glauben, dass sie unseren Fußball bestmöglich auf den Platz bringen."

Marcel Sabitzer kann das Trainingslager in Windischgarsten (ab 29. Mai) nicht bestreiten, er ist erfreulicherweise verhindert, hat am 1. Juni noch im Wembley mit Borussia Dortmund das Champions-League-Finale gegen Real Madrid zu bestreiten. Er kommt frühestens am 3. Juni nach Wien. Rangnick hofft: gut gelaunt.

Schwierige Zeit

Der Teamchef begründete noch einmal seinen Verbleib, Bayern München hatte ja heftig um ihn gebuhlt. "Das war keine einfache Zeit. Wir haben zwei Jahre sehr viel Energie in diese Aufgabe gesteckt, für diese Ausgangsposition gearbeitet. Ich wollte die unter gar keinen Umständen gefährden."

Am Vormittag des 1. Mai habe er den Bayern abgesagt. "Ich glaube einfach, dass es schwierig geworden wäre. Wenn ich es ab dem 1. Mai tatsächlich hätte machen wollen, wäre ich auch Trainer von Bayern München gewesen. Zweieinhalb Monate wirklich beides zu machen, das wäre fast unmöglich gewesen. Auch bei aller Energie, die ich verspüre, hätte irgendetwas darunter gelitten", sagte Rangnick "Das wollte ich nicht, und deshalb habe ich auf meinen Bauch vertraut, auf mein Herz gehört. Das war nach wie vor die richtige Entscheidung."

Entschieden ist auch das Finanzielle, sind die EM-Prämien. ÖFB-Wirtschaftsgeschäftsführer Bernhard Neuhold hat mit dem Spielerrat eine Einigung erzielt, über die Höhe wurde Stillschweigen vereinbart. "Sie wollten mehr haben, wir weniger geben. Es passt."

Am 4. Juni wird in Wien gegen Serbien getestet, es sind rund 25.000 Karten abgesetzt. Am 8. Juni steigt in St. Gallen die Generalprobe gegen die Schweiz, dann gibt es einen kurzen Heimaturlaub, das EM-Quartier in Berlin wird am 12. Juni bezogen. "Wichtig ist", sagte Rangnick, "dass die Tanks voll sind." (Christian Hackl, Lukas Zahrer, 21.5.2024)

ÖFB-Großkader für die EURO 2024

TOR:

VERTEIDIGUNG:

MITTELFELD:

ANGRIFF:

Auf Abruf: Daniel BACHMANN (Watford FC/ENG; 14), Cican STANKOVIC (AEK Athen/GRE; 4); Samson BAIDOO (FC Red Bull Salzburg; 1/0), Marco FRIEDL (SV Werder Bremen/GER; 5/0); Muhammed CHAM (Clermont Foot/FRA; 3/0), Christoph LANG (SK Rapid; 0), Dejan LJUBICIC (1. FC Köln/GER; 9/1), Manprit SARKARIA (SK Puntigamer Sturm Graz; 1/0), Kevin STÖGER (VfL Bochum/GER; 0); Junior ADAMU (SC Freiburg/GER; 6/0), Guido BURGSTALLER (SK Rapid; 26/2), Benedikt PICHLER (Holstein Kiel/GER; 0)