Wilma Pfeiffer, ihres Zeichens in Bayern lebende gebürtige Oberösterreicherin, Kulturwissenschafterin und Touristikfachfrau und der Historiker und Journalist Walter Stelzle, seines Zeichens überzeugter Altbayer und Sommerfrischler (Eigenaussage), haben eine Vorliebe gemeinsam: gut recherchierte Regionalgeschichten spannend zu erzählen. In ihrem jüngsten Projekt haben sie Salz und die Region des Salzkammergutes mit Blick nach Bayern als Buch realisiert. Durch die Verwendung von Großbuchstaben im Titel SALZ MACHT KULTUR wird bewusst eine Zweideutigkeit erzeugt. Zum einen verdeutlichen die drei Worte isoliert betrachtet drei Positionen, zum anderen ergeben sie als Satz gelesen ein Programm. Beide betonen im Vorwort, "dass unsere alpenländische Kultur ohne das Salz nicht so wäre, wie wir sie heute kennen". Geografisches Zentrum der Salzgewinnung, wie auch Inhalt des Buches, ist die Region zwischen Inn und Salzach.

Vom Salzwissen im Allgemeinen

Im ersten Part des Buches Salz und Wissen erfährt man viel über die Bedeutung und den Wert des Salzes, das lange Zeit zu den kostbarsten Gütern gehörte. Auch dessen Herkunft ("Alles Salz kommt aus dem Meer") und die Verwendung im Alltag, das im Unterkapitel "Pökeln und Suren" zur Sprache kommt, wird hier thematisiert. Geschildert wird auch der Raub der Saliera, des wohl kostbarsten Salzbehältnisses der Welt, am 11. Mai 2003. Der legendäre Mann im Salz, jener frühgeschichtliche Bergmann, den man im Jahr 1734 in einem Hallstätter Stollen fand, kommt ebenso vor, wie der Hinweis auf dessen Würdigung in einem historischen Roman von Ludwig Ganghofer. Frei nacherzählte Sagen, wie "Mühle, Mühle, mahle mir …" (aus dem Norwegischen), lockern den informativen und gut lesbaren Text auf.

Natursalz
Ein Brocken Natursalz: vor 250 Millionen Jahren abgelagert, seit Jahrtausenden begehrt.
Thomas Hofmann

Zur Geschichte regionaler Macht

Die Teile zwei, "Macht und Wege", und drei, "Kultur und Geschichte", nehmen Bezug auf die oben erwähnte Region, die nicht nur Österreich, sondern auch das südliche Bayern betrifft. Beschrieben wird hier die Gewinnung von Salz, die durch das Laugverfahren einen großen Fortschritt erfuhr, aber gleichzeitig einen enormen Bedarf an Holz für das Beheizen der Sudpfannen nach sich zog. Einmal mehr wird gezeigt, wie sehr Salz regional verwurzelt ist und wie weitreichend Auswirkungen auf Forstwirtschaft und das Transportwesen entlang der Flüsse waren.

Bei der Beschreibung der Orte, wobei zunächst das Salzkammergut, dann die Region rund um die Landeshauptstadt Salzburg und schlussendlich die bairischen Orte Bad Reichenhall und Berchtesgaden angeführt werden, geht es um lokale Geschichten. Die Fixpunkte reichen vom Traunfall, über den Traunsee, Gmunden, Bad Ischl bis hin zum Ausseerland in Österreich, wobei der jeweilige Blick auf die Rolle des Salzes herausgearbeitet wurde. Ausflugstipps bereichern das Buch.

Landesweite Salzpoesien

Der Schriftsteller Alfred Komarek hat sich ebenfalls dem Thema Salz verschrieben. Komarek ist seit seiner Geburt im Jahr 1945 in Bad Aussee ein Salzkundiger. Nicht erst mit dem Buch Salz & Österreich (2022), sondern schon einige Jahre vorher mit Österreich mit einer Prise Salz (1998), dem Vorgängerwerk des vorliegenden Buches, schrieb er immer wieder über Salz.

Komarek beginnt mit dem Kapitel "Entdeckungsreise, länderweise" und stellt hier zu jedem der neun Bundesländer einen Salzbezug her, der vielfach kaum Bekanntes aufzeigt. In Vorarlberg erzählt er uns über den Salzstadel in Feldkirch, in Oberösterreich sind es die Magazine in Stadl-Paura und die Pferdeeisenbahn, die das kostbare Mineral nach Böhmen brachte. Im Burgenland sind es die Salzvorkommen im Seewinkel. Freilich ist es hier kein Steinsalz, sondern Soda, Bittersalz, Glaubersalz und andere Varietäten. In Wien geht es um die allseits bekannte Saliera. Hier lesen wir in der von Goethe ins Deutsche übertragene Biografie von Benvenuto Cellini, dem Goldschmied des Salzfasses, jene Stelle, wo es um die Überreichung des Kunstwerkes an den französischen König Franz I. geht. Dass die Saliera nach Österreich kam, haben wir im übrigen Karl IX. zu verdanken, der das Kunstwerk Erzherzog Ferdinand von Tirol schenkte. Damit überrascht Komarek, hätten wir doch bei der Saliera, dem berühmtesten Salzschüsserl des Landes, die Geschichte des Raubes erwartet. Diesen setzt er wohl als Allgemeinwissen voraus und zieht es vor, seine Leserschaft bei bekannten Themen mit Unbekannten zu bereichern.

Salzschuesserl
Die Salzbehältnisse in den Küchen erfreuen sich großer Formenvielfalt; hier des Autors Salzschüsserl.
Thomas Hofmann

Vom maritimen Österreich zu Zukunftswünschen

Die nun folgenden 20 Kapitel führen mit Geschichten quer durchs Land und illustrieren – im wahrsten Sinn des Wortes – mit ausgewählten bunten Bildern die Bedeutung des Salzes. In "Maritimes Österreich" geht es um die geologische Entstehung des Salzes. "Neulich, vor 250 Millionen Jahren also: Ein riesiger Universalkontinente Pangaea badete seine Ränder in den warmen Meeresfluten der Thetis …". Die Wortwahl und das damit verbundene Bild sind typisch für Komarek; Poesie vom Feinsten.

Natürlich wird Hallstatt, der Hallstattzeit und den prähistorischen Bergknappen auch hier breiter Raum gewidmet. Wir finden auch die Zutaten für deren kräftigende Nahrung, ein Ritschert, nämlich Saubohnen, Rollgerste, Hirse, Schweinefleisch, Thymian, Essig, Bohnenkraut und Salz.

Komarek liebt Wortspiele, so führt uns seine "Kleine Machtmusik" in die Landeshauptstadt Salzburg. Beleuchtet wird hier der Zeitraum von 700 n. Chr., der Ära des hl. Rupert, in der Salz "aus Bad Reichenhall" eine bedeutende Rolle spielte, bis hin zu den Salzburger Kirchenfürsten. Auf Seite 60 sehen wir Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau abgebildet. "Man lese und staune: Dem Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau wurden nicht seine mutmaßlich 15 Kinder, sondern seine wirtschaftlichen Fehlentscheidungen zum Verhängnis", so die Bildunterschrift.

Komarek sieht in Salz nicht bloß eine Handelsware, sondern "ein Zauberwort, das Österreichische Lebensräume für faszinierende, spannende, lustvolle Erfahrungen erschließt …". Den Entscheidungsträgern, den "Salzgewaltigen" gibt er einen Wunsch mit: "Hauptsache, sie teilen Brot und Salz und handeln auch danach." Damit schließt das Buch.

Fazit: Auch wenn beide Bücher die kulturhistorischen Hintergründe des Salzes in zum Teil gleichen Regionen behandeln, beruhen deren Inhalte auf verschiedenen Zugängen. Sie bringen Vertrautes, überraschen mit Unbekannten, sind wohl bekömmlich, bereichernd und sehr lesenswert. (Thomas Hofmann, 7.6.2024)