Der Neonazi Tommy Frenck, hier auf einem Bild aus dem Jahr 2017, gelangte in die Stichwahl um den Posten des Landrats in Hildburghausen.
Der Neonazi Tommy Frenck, hier auf einem Bild aus dem Jahr 2017, erreichte die Stichwahl um den Posten des Landrats in Hildburghausen.
imago/Michael Trammer

Mario Voigt postete gleich mal ein lachendes Foto von sich selbst. "Guter Tag mit vernünftigen Entscheidungen für Thüringen! Und: die @cdu_thueringen ist stärkste Kraft im Land!", schrieb der CDU-Landeschef von Thüringen am Montag auf X.

Auch aus Berlin, von SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, kam positive Resonanz. "Den Wählerinnen und Wählerin ist ein herzlicher Dank auszusprechen." Bei den Thüringer Kommunalwahlen seien Ergebnisse erzielt worden, "die vor ein paar Wochen nicht zwingend so zu erwarten gewesen" seien.

Kühnert meinte damit die sogenannte, von der AfD selbst ausgerufene "blaue Welle". Diese, benannt nach der Farbe der Partei, sollte über ganz Thüringen rollen, die AfD zur stärksten Kraft bei den Kommunalwahlen machen und in zahlreiche Ämter bringen.

Nicht schlechtreden

Doch nach einer Reihe von negativen Schlagzeilen ist es nicht so gelungen, wie es sich die AfD erträumt hätte, wenngleich Parteivize Torben Braga erklärte: "Das Ergebnis ist ein tolles, das lassen wir uns nicht schlechtreden."

Einerseits hat die AfD, die unter Führung von Björn Höcke in Thüringen vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird, zugelegt. Sie stand am Montag, als bereits ein Großteil der Stimmen ausgezählt worden war, bei 26,5 Prozent, nur knapp hinter der CDU.

Im Landkreis Sonneberg wurde sie stärkste Kraft. Dort war im Juni 2023 der erste AfD-Landrat in Deutschland – Robert Sesselmann – gewählt worden. Auch im Altenburger Land liegt der AfD-Kandidat auf Platz eins.

Allerdings gelang der Partei kein Durchmarsch im ganzen Land. Sie schaffte bei keiner Landrats- oder Oberbürgermeisterwahl einen Sieg im ersten Durchgang. In neun von 13 Landkreisen kommt sie in die Stichwahl, und überall hat sie bei der zweiten Runde, die gleichzeitig mit der EU-Wahl am 9. Juni stattfindet, Gegner mit starken Ergebnissen.

Stichwahl verfehlt

In den drei größten Städten kam die AfD gar nicht in die Stichwahl. In Weimar setzte sich der CDU-Kandidat am Sonntag bereits mit 72,2 Prozent durch, ein zweiter Wahlgang ist nicht nötig. In Jena wird die Stichwahl zwischen CDU und der Linken entschieden. Und in der Landeshauptstadt Erfurt liefern sich am 9. Juni der SPD-Amtsinhaber und der CDU-Herausforderer ein Duell.

Nur auf dem dritten Platz landete in der Hauptstadt Andreas Möller, der neben Höcke Co-Chef der AfD ist und in Erfurt gern Oberbürgermeister geworden wäre. "Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass wir da bessere Ausgangspositionen bekommen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Aber, so Möller: "Wir hatten im Vorfeld der Wahl kein einfaches Umfeld." Und: "Wir haben sicherlich auch einige Anteile daran, dass das Ergebnis ist, wie es ist." Die AfD war im Jänner unter Druck geraten, als die Rechercheplattform Correctiv über ein Geheimtreffen von Parteivertreterinnen und -vertretern sowie Rechtsextremisten berichtete.

Geldstrafe für Höcke

Es folgten weitere negative Schlagzeilen: Vor dem Oberverwaltungsgericht Münster unterlag die Partei dem Verfassungsschutz. Dieser darf die AfD sehr wohl als "rechtsextremistischen Verdachtsfall" einstufen und mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten. Das hatte die AfD eigentlich untersagen lassen wollen.

Zudem wurde Höcke vom Landgericht Halle zu einer Geldstrafe von 13.000 Euro verurteilt, weil er bei einer Wahlkampfveranstaltung die verbotene NS-Parole "Alles für Deutschland" verwendet hatte (das Urteil ist noch nicht rechtskräftig).

Schwer gebeutelt wurde die AfD durch den Skandal um ihren EU-Spitzenkandidaten Maximilian Krah. Nachdem dessen Mitarbeiter wegen des Verdachts der Spionage für China verhaftet worden war, wurde auch das Büro Krahs in Brüssel durchsucht. Krah erklärte dann auch noch in einem Interview, er würde nicht alle Angehörigen der SS als "Verbrecher" bezeichnen. Er hat nun, vor der EU-Wahl, Auftrittsverbot.

Neonazi in Stichwahl

Erschrecken löst das Resultat im südthüringischen Landkreis Hildburghausen aus. Dort schaffte es der deutschlandweit bekannte Neonazi Tommy Frenck in die Stichwahl um den Chefsessel im Landratsamt. Er zog mit 24,9 Prozent knapp am CDU-Kandidaten vorbei. Deutlich vor ihm liegt allerdings der Kandidat der Freien Wähler, dieser erhielt 42,2 Prozent.

Frenck ist eine zentrale Figur in der rechtsextremen Szene Thüringens, er hat einige Rechtsrockkonzerte organisiert. Der Thüringer Verfassungsschutz schreibt über ihn: "Seine unternehmerische Tätigkeit und seine politische Betätigung bilden inzwischen eine bedenkliche Symbiose von rechtsextremistischer Ideologie und eigenen wirtschaftlichen Interessen." Die Zulassung zur Wahl hatten vor allem die Grünen kritisiert. (Birgit Baumann aus Berlin, 27.5.2024)