Regenbogenparade am Wiener Ring 2023
Regenbogenparade auf dem Wiener Ring 2023.
Standard/Christian Fischer

Wien – Seit dem vergangenen Wochenende findet unter dem Motto "Pride is a Demonstration" die jährliche Vienna Pride statt. Höhepunkt ist die Regenbogenparade am 8. Juni, zu der mehr als 300.000 Menschen erwartet werden, um auf der Wiener Ringstraße gemeinsam zu feiern und für die Rechte der LGBTIQ+-Community zu demonstrieren. Nachdem es im Vorjahr Anschlagspläne gegeben haben soll, stellt sich die Frage, wie sicher heuer die Pride-Veranstaltungen sind.

Die vorübergehende Festnahme dreier terrorverdächtiger, mutmaßlich radikalislamischer Jugendlicher, die im Namen des "Islamischen Staats" (IS) einen Anschlag im Sinn gehabt haben sollen – die diesbezüglichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft St. Pölten sind noch im Laufen, die Verdächtigen befinden sich längst wieder auf freiem Fuß – hatte nicht nur die Community beunruhigt. Auch die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) und die Politik waren alarmiert. Aktuell gibt es in Bezug auf die Vienna Pride und den Pride Month, der den ganzen Juni dauert, "keine Hinweise, die auf eine konkrete Gefährdung der Veranstaltungen hinweisen", heißt es seitens der DSN.

Letzteres bekräftigte die Wiener Landespolizeidirektion. Dessen ungeachtet "werden die Sicherheitsvorkehrungen hoch sein", wobei die Einsatzplanung noch nicht abgeschlossen sei, wurde auf APA-Anfrage mitgeteilt. Details zu den konkreten Sicherheitsmaßnahmen gab die Polizei nicht bekannt.

Aus Sicht der DSN könnten sich "die Mobilisierungsbemühungen seitens extremistischer Gruppierungen, Bewegungen und Netzwerke, welche in diesem Agitationsfeld ideologische Schnittmengen aufweisen, zuspitzen". Mit einem Mobilisierungspotenzial mit entsprechender Zugkraft in der Gesellschaft sei zwar nicht zu rechnen. "Aufgrund von anhaltend queerfeindlichen Agitationen besteht jedoch ein latentes Gefahrenpotenzial und somit kann auch ein vorurteilsmotivierter gewalttätiger Angriff gegen diese Personengruppe grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden", teilte die DSN auf APA-Anfrage mit.

USA warnen weltweit vor Terror gegen LGBTIQ+-Gruppen

Die US-Regierung hat in der Vorwoche ihre Bürgerinnen und Bürger ausdrücklich davor gewarnt, während des Pride-Monats im Juni ins Ausland zu reisen, um an LGBTIQ+-Veranstaltungen teilzunehmen. Diese könnten von extremistischen Gruppen ins Visier genommen werden. Man möge daher erhöhte Vorsicht walten lassen, um nicht Ziel möglicher Terroranschläge, Demonstrationen und anderer gewalttätiger Aktionen zu werden, wurde zu bedenken gegeben.

In Österreich versichert die DSN, dass mögliche extremistische Bedrohungsszenarien in Verbindung mit Queerfeindlichkeit laufend beobachtet würden, "um möglichst präventiv und im Falle von strafrechtlichen Tathandlungen mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen derartige antiliberale und antipluralistische Bestrebungen vorzugehen". Aus Sicht der Verfassungsschützer gibt es verschiedene Gründe, weshalb gerade die LGBTIQ+-Community ins Fadenkreuz extremistischer Strömungen geraten ist. Bestimmte Personen und Gruppierungen in Österreich sehen demnach die LGBTIQ+-Bewegung grundsätzlich als kontrovers an und lehnen mitunter die Existenz von Personen ab, die sich zur Community bekennen.

"Einzelne 'Kritiker' der LGBTIQ+-Bewegung suchen immer wieder in extremistischen Gruppen Zuflucht, um ihre Ansichten zu verbreiten und ihre teilweise aggressive Haltung gegen diese Gruppe zu rechtfertigen. Durch die in einigen Bereichen fortgeschrittene gesetzliche Gleichstellung sehen sich extremistische Gruppen dabei in ihren traditionellen Werten bedroht, die Hauptbestandteil ihrer Ideologie sind. Dieses immanente Bedrohungsgefühl schlägt bei einigen extremistisch veranlagten Personen im äußersten Fall in Hass gegen den 'Verursacher' um. Schlussendlich kann die offene Diskriminierung von LGBTIQ+-Personen als Mittel genutzt werden, um eine größere Anhängerschaft zu gewinnen, indem sie sich als Verteidiger der traditionellen Werte und der Familie präsentieren", erläuterte die DSN.

Kampf gegen Extremismus

Die Community kann dabei sowohl für den Rechtsextremismus als auch für den religiös motivierten Extremismus zum Feindbild werden. Bei Rechtsextremen verknüpft sich Queerfeindlichkeit mit einer nationalistischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Weltanschauung. Zugleich wird ein nichtheteronormatives Geschlechts- und Sexualitätsverständnis unter dem Deckmantel der "Gender-Propaganda" mit Frühsexualisierungs- und sexuellen Umerziehungspraktiken sowie mit Kindesmissbrauch in Verbindung gebracht, was eine erhöhte emotionale Wirkung in öffentlichen Diskursen bewirkt und queerfeindliche Narrative befördert. Religiös motivierte Queerfeindlichkeit speist sich wiederum aus der behaupteten Verteidigung und Bewahrung religiös tradierter Werte und Normvorstellungen.

"Extremismus entgegenzuwirken ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der jede und jeder Einzelne in der Gesellschaft etwas beitragen kann", hält die DSN fest. Und weiter: "Im Verfassungsschutz setzen wir sowohl auf strategische als auch operative Extremismusprävention, die Radikalisierungen verhindern beziehungsweise frühzeitig erkennen soll." (APA, 28.5.2024)