Todesstrafe
In Österreich ist die Todesstrafe seit 1968 per Verfassung verboten.
Sascha Steinach

Wien – Die Zahl der Hinrichtungen weltweit ist im Vorjahr beinahe auf den höchsten Stand seit fast zehn Jahren geklettert. Das geht aus dem Jahresbericht von Amnesty International zur Anwendung der Todesstrafe 2023 hervor. Demnach wurden offiziell 1153 Todesurteile vollstreckt. Hinzu kommen mehrere Tausend weitere vermutete Hinrichtungen in China, das dazu keine Angaben macht. Ein starker Anstieg war in der Region des Nahen und Mittleren Ostens, insbesondere im Iran, zu verzeichnen.

In den vergangenen zehn Jahren wurden nur 2015 mehr Menschen hingerichtet als 2023. Damals waren es 1634. Zugleich sank die Zahl der Länder, die die Todesstrafe vollstreckten, 2023 auf den niedrigsten Stand, seit Amnesty den jährlichen Bericht erstellt. Die fünf Länder mit den meisten Hinrichtungen im Vorjahr waren China, der Iran, Saudi-Arabien, Somalia und die USA.

Hinrichtungen wegen Drogendelikten im Iran

Amnesty geht nach wie vor davon aus, dass China die meisten Menschen hinrichtet. Aufgrund der staatlichen Geheimhaltung gibt es keine offiziellen Zahlen, Amnesty International geht von mehreren Tausend Exekutionen pro Jahr aus. Aus demselben Grund liegen auch keine Zahlen zu Nordkorea und Vietnam vor. Auch in diesen beiden Ländern sei davon auszugehen, dass die Todesstrafe "in großem Umfang" angewendet werde.

Im Iran stieg die Zahl der Hinrichtungen stark – um 277 Fälle von 576 im Jahr 2022 auf 853 im Jahr 2023. Die Islamische Republik ist damit hauptverantwortlich für den Höchststand seit 2015. Auf den Iran allein entfielen 2023 74 Prozent aller offiziell registrierten Hinrichtungen, auf Saudi-Arabien 15 Prozent.

Todesstrafe
Die fünf Länder mit den meisten Hinrichtungen. Quelle: Amnesty International;
APA

545 der 576 Hinrichtungen im Iran wurden laut Amnesty völkerrechtswidrig für Taten vollstreckt, die nach internationalem Recht gar nicht mit der Todesstrafe geahndet werden dürften, darunter Drogendelikte, Raub und Spionage. Die Zahl der Hinrichtungen wegen Drogendelikten machte 56 Prozent aller Hinrichtungen im Iran aus, ein Plus von 89 Prozent gegenüber 2022.

Auch in Somalia und den USA wurden im Jahr 2023 mehr Menschen hingerichtet als 2022. Im US-Staat Alabama kam zudem erstmals die von Amnesty als grausam eingestufte neue Methode des Erstickens durch Stickstoff zum Einsatz. In Idaho und Tennessee wurden zudem Gesetzesentwürfe zur Durchführung von Hinrichtungen durch Erschießungskommandos eingebracht. In Montana wird die Ausweitung der bei tödlichen Injektionen verwendeten Substanzen geprüft.

20 Prozent mehr Todesurteile

Im von der Armee regierten Myanmar beklagt Amnesty die Verhängung von Todesurteilen in geheimen und äußerst unfairen Verfahren vor Militärgerichten. Rückschläge gab es auch in Ländern Afrikas südlich der Sahara. Die Zahl der registrierten Hinrichtungen in der Region haben sich mehr als verdreifacht – von elf im Jahr 2022 auf 38 im Jahr 2023. Es wurden dort im Jahresvergleich auch um 66 Prozent mehr Menschen mit dem Tod bestraft: 494.

Nicht nur die Zahl der Hinrichtungen stieg im vorigen Jahr, es wurden insgesamt weltweit auch mehr Todesurteile verhängt: 2428. Das sind um 20 Prozent mehr als 2022.

"Trotz der Rückschläge sind die Länder, die immer noch Hinrichtungen durchführen, zunehmend isoliert. Unser Einsatz gegen diese lebensverachtende Strafe zeigt Wirkung. Wir werden weitermachen, bis die Todesstrafe weltweit abgeschafft ist," resümierte Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, in einer Aussendung. In 112 Ländern der Welt sei die Todesstrafe vollständig abgeschafft. In 16 Ländern sei die bisher niedrigste Zahl an Hinrichtungen registriert worden. So wurden etwa in Belarus, Japan, Myanmar und dem Südsudan, die alle im Jahr 2022 Hinrichtungen vollstreckt haben, 2023 keine Hinrichtungen verzeichnet.

Hashemi rief insbesondere US-Präsident Joe Biden auf, die Todesstrafe auf Bundesebene in den Vereinigten Staaten abzuschaffen. Sie verwies auch auf Diskriminierung einzelner Personen oder Gruppen bei Todesurteilen. (APA, 29.5.2024)