Flockiger Pulverschnee, der in der Sonne glänzt: So wird fürs Skifahren in Österreich geworben. Zum Winterbeginn 2023 gab es solchen sogar, über weite Strecken musste er aber den gefürchteten weißen Kunstschneebändern weichen. Das bricht aber nicht die Reiselust. "Mit 71,12 Millionen Nächtigungen verzeichnen wir den zweitbesten Winter aller Zeiten", sagte Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Mit dieser Aussage ließ sie sich wohl von der guten Stimmung der Touristiker anstecken.

Nach STANDARD-Recherchen gestand man im Staatssekretariat ein, dass es sich nur um die drittbeste Saison gehandelt hat (siehe auch Grafik). In der Saison 2017/18 gab es 71,9 Millionen Übernachtungen und in der Rekordsaison 2018/19 knapp 73 Millionen. Jedenfalls habe sich der Wintertourismus rehabilitiert und fast an die Zeit vor der Corona-Pandemie angeschlossen, so Kraus-Winkler.

Snowboarder, die im Tiefschnee auf einem Hang stehen
So wünscht man sich den Winter in Österreich ...
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Das ist nicht nur angesichts der mauen Schneelage eine beeindruckende Entwicklung, sondern auch angesichts der Rekordinflation und der massiv gestiegenen Preise. In den Top-Skigebieten des Landes kostet eine Tageskarte 70 Euro aufwärts. Hotels- und Gastronomie gehören seit Monaten zu den Preistreibern schlechthin. Beim Städtetourismus gab es mit 11,5 Millionen Nächtigungen sogar einen neuen Rekord.

Schneeband auf weißer Wiese.
... so sah es dann aber über weite Teile der Saison aus.
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Eindrücke aus Skigebieten

"Die Rahmenbedingungen waren insbesondere aufgrund der ungewöhnlich warmen Temperaturen in der zweiten Winterhälfte nicht einfach. Trotzdem erfreute sich Winterurlaub in Tirol einer guten Nachfrage und bilanzierte mit einem Plus. Begünstigt wurde dieses Ergebnis auch durch den Schalttag, da dieser einen zusätzlichen Tag im nächtigungsstärksten Monat Februar bedeutet", sagt Florian Neuner von der Tirol Werbung zur abgelaufenen Saison.

Von einer guten Entwicklung ist auch im Pinzgau die Rede: "Der Wintereinbruch Anfang Dezember war zunächst positiv zu vermerken. Die warmen Temperaturen und der Regen ab Mitte Jänner und im Februar hatten starke Auswirkungen. Auch der frühe Ostertermin hatte einen Einfluss auf die Gästeeintritte. Insgesamt hat sich der Tourismus in den letzten Jahren dennoch, trotz Inflation, Klimakrise und Arbeitsmarktkrise, gut entwickelt", meint Katharina Murauer von der Schmittenhöhenbahn.

2023/24 war in puncto Nächtigungen im Wintertourismus das dritterfolgreichste Jahr in der Geschichte.
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Verschiebungen bei Gästen

Eine Zielgröße blieb ziemlich unverändert: Im Schnitt bleiben die Leute drei bis vier Nächte. Doch selbst das in der Vergangenheit bei Touristikern gefürchtete Jännerloch gab es heuer nicht mehr wirklich. "Jänner und Februar waren die stärksten Monate und sogar besser gebucht als vor Corona, dafür gab es im März und April einen leichten Rückgang", sagt Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Bei den knapp 55 Millionen Gästen aus den Ausland habe es diese Saison deutliche Verschiebungen bei den Herkunftsländern gegeben.

Laut Statistik Austria reisten weniger Menschen aus der Schweiz, Dänemark und dem Vereinigten Königreich nach Österreich. Dafür fanden mehr Polen, Tschechen und besonders Niederländer den Weg in die Alpen. "Gäste aus den Niederlanden stellen mit fast zehn Prozent nach Deutschland (36,9 Prozent) und Österreich (22,9) Prozent den drittwichtigsten Herkunftsmarkt dar", erklärt Thomas. Auch Staatssekretärin Kraus-Winkler unterstreicht deren Rolle: "Den Wegfall von russischen Gästen machten jene aus den Niederlanden wett, es gibt dort einen regelrechten Österreich-Boom".

Zudem wird nun besonders auf die Niederländer auch als Sommergäste gesetzt und der Markt eigens beackert, kündigte die Politikerin etwa eine Delegationsreise noch dieser Tage dorthin an. Damit ist sie nicht allein. Auch Ski-Star Marcel Hirscher, der Ende April sein Comeback angekündigt hat, rührt in den Niederlanden ordentlich die Werbetrommel für den Urlaubsort Österreich. DER STANDARD hat berichtet. Zudem wird er künftig ja sogar für die Oranjes antreten.

Innovation gegen Klimawandel

Der Klimawandel hinterlässt im Skitourismus bereits deutlich seine Spuren, Kraus-Winkler gibt sich dennoch optimistisch. Es brauche Innovation auf allen Ebenen, bei Seilbahnen, Hotels und Restaurants. Neue Mountainbike-Trails, Kletterrouten, Wanderwege, Loipen, Thermen – all das seien Ansätze für die Zukunft, und es müsse mehr Richtung Ganzjahrestourismus gehen. Schwächere Ergebnisse aus der Nebensaison ließen sich mit der Hauptsaison tendenziell kompensieren.

Ganzjahrestourismus setzt allerdings voraus, dass Menschen in der Branche arbeiten. Und bekannterweise leidet der Tourismus sehr stark unter Fachkräftemangel. Selbst in der gehobenen Hotellerie beklagt knapp die Hälfte der befragten Betriebe offene Stellen, wie eine Erhebung der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) vom April zeigt. Die Zahl der Beschäftigten aus Österreich sei von der Tendenz her weiter rückläufig, schuld daran seien die Demografie und die unattraktiven Arbeitszeiten. Ohne Verstärkung durch ausländische Arbeitskräfte sei der Betrieb meist nicht mehr möglich.

Problem Fachkräftemangel

Kraus-Winkler meinte, dass man verstärkt auf Mitarbeitende aus Drittstaaten setzen müsse. Im Jahresschnitt arbeiteten in der Branche in Österreich etwa 45 Prozent Österreicherinnen und Österreicher, 35 Prozent Menschen aus dem EU-Ausland, sieben Prozent aus europäischen Drittstaaten und 13 Prozent aus außereuropäischen Drittstaaten.

Um den großen Bedarf an Arbeitskräften im Tourismus etwas entgegenzukommen, stockt das Wirtschaftsministerium das Kontingent für Saisonarbeiterinnen und -arbeiter von außerhalb der EU auf. Konkret werden 200 neue Kontingentsarbeitsplätze zusätzlich zu den bisher 4295 geschaffen, wie Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) am Mittwoch vor dem Ministerrat ankündigte. (Andreas Danzer, 29.5.2024)