Sarah Kuratle
Sarah Kuratles Romandebüt "Greta und Jannis. Vor acht oder in einhundert Jahren" erschien im Otto-Müller-Verlag
Kuratle

Nun wohnt die gebürtige Bad Ischlerin in Vorarlberg, "wo es zwar den einen großen See gibt, aber nicht die vielen kleinen, die ich vermisse". Insbesondere den wenig bekannten Nussensee – "der liegt etwas oberhalb von Bad Ischl inmitten des Waldes" –, über den sie ein Gedicht schrieb, das in der Anthologie Salz Seen Land zum Kulturhauptstadtjahr erschienen ist. "Der Nussensee ist ein Ort, den ich regelmäßig besuche, wie einen alten Freund."

Die Welt vergessen

Ist sie denn eine Strandleserin? "Ich kann überall lesen, auch im Gehen, das habe ich immer gerne gemacht." Und zwar richtige Bücher. "Dabei muss ich zwar langsamer gehen, aber das kommt mir eh entgegen, weil ich gerne trödle und mich auch nicht ungern verlaufe." Während der Studienzeit in Graz hat sie noch geschaut, dass die Bücher klein und nicht zu schwer waren (Reclam!), mittlerweile nimmt sie mit, wonach ihr ist – keine Gesamtausgaben natürlich, aber schon auch dicke Bücher. Angefeindet – "Schleich dich mit deinem Buch!" – wurde sie dabei noch nie, es wäre ihr aufgefallen, weil sie auch beim Lesen im Gehen die Welt um sich herum stark wahrnimmt. "Manche verbinden ein literarisches Werk mit Musik, die sie beim Lesen gehört haben. Bei mir sind es oft Orte, an denen ich mit einem Buch unterwegs war." Während ihrer Zeit in Wien las sie gerne die Naturdichtung des Japaners Matsuo Bashō, nun in Dornbirn am liebsten surreale Literatur, "wo Traum, auch Albtraum, und Wirklichkeit vermischt und Grenzen relativ sind". Wie in einem Bild von Louise Bourgeois oder Max Ernst.

An Sämtliche Gedichte von Else Lasker-Schüler liebt sie die Sprache: "Diese ist selbst Gestalterin, sie ist unlösbar mit der Stimme des lyrischen Ichs, den Bildern und den Gefühlen verbunden, die sie ausdrückt. Und ich mag die Ambivalenz. Versöhnung ist das wichtigste Gedicht für mich, da steckt ebenso viel Verzweiflung wie Hoffnung drin, nichts ist je absolut. Anders als im Alltag, wo wir oft das Klare und Einfache suchen, greift Lasker-Schüler den Zwiespalt auf." Die deutsche Dichterin und Zeichnerin ist ihr folglich jeden Umweg wert. (Manfred Rebhandl, 1.6.2024)