Ralf Rangnick ÖFB-Teamchef
ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick blickt den die EM-Vorbereitung abschließenden beiden Testspielen zuversichtlich entgegen.
APA/GEORG HOCHMUTH

Wien - Österreichs Fußballer wollen sich also zweimal den Feinschliff fürs Wesentliche, die EM in Deutschland holen. Am Dienstag in Wien gegen Serbien und am 8. Juni in St. Gallen gegen die Schweiz. Teamchef Ralf Rangnick lehnt Bescheidenheit strikt ab, er möchte die Serie ausbauen, den sechsten und siebenten Erfolg en suite feiern. "Beide Partien sind Generalproben, wir werden Mannschaften ins Rennen schicken, die in der Lage sind zu gewinnen. Ich will unseren Fußball sehen." Logischerweise wird Rangnick etwas durchmischen, darauf achten, dass möglichst viele Akteure Einsatzminuten bekommen.

Schließlich war etwa ein Großteil der Verteidigung angeschlagen, Kevin Danso, Max Wöber, Philipp Lienhart und auch Gernot Trauner haben in den vergangenen Monaten vor allem zu Ärzten und Physiotherapeuten enge Kontakte gepflegt.

Arnautovic emotional

Das Happel-Stadion wird gut besucht sein, bis Montagnachmittag waren 34.000 Karten abgesetzt. Gegen Serbien darf Marko Arnautovic als Kapitän beginnen, für ihn ist es ein "emotionales Spiel". Sein Vater und andere Verwandte stammen aus Serbien. "Die Familie wird im Stadion sein. Aber es ist nur ein Fußballspiel, das ich gewinnen möchte. Jeder weiß, dass ich auch Serbien liebe." Der 35-Jährige wurde mit Inter Mailand Meister Italiens, allerdings gehörte er nur fünfmal der Startformation an.

Mit der Rolle des Jokers kann sich Österreichs Rekordinternationaler (111 Länderspiele) nicht wirklich anfreunden. Er geht so gar so weit zu behaupten, dass die vielen Muskelzerrungen mit den Kurzeinsätzen zu tun hätten. "Ich bin einer für den Beginn." Eine ärztliche Bestätigung für diese These gibt es nicht.

Rangnick zurückhaltend

Bei der Abschlusspressekonferenz am Montagnachmittag sagte Arnautovic: "Ich bin für mehr als 90 Minuten fit, es gibt keine Testspiele, ich ziehe nicht zurück." Rangnick fügte an: "Wir sind froh, dass wir ihn haben. Natürlich spielt er gegen Serbien." Die Aufstellung gab der Teamchef nicht preis, gegen die Schweiz wird jedenfalls ein anderes Innenverteidigerduo auflaufen. "Wir haben zwar eine gute Stimmung, trotzdem ist der Konkurrenzkampf groß. Wir liegen uns nicht dauernd in den Armen, es geht auf dem Platz sehr aggressiv zur Sache. Das ist wichtig."

Marcel Sabitzer wird gegen Serbien dabei, aber nicht mittendrin sein. Am Samstag hat er in London mit Borussia Dortmund das Champions-League-Finale gegen Real Madrid 0:2 verloren. Sein Einsatz käme zu früh. Physisch wie psychisch. Romano Schmid ist hingegen bereit und in einem psychisch hervorragenden Zustand. Er wurde am Sonntag zum zweiten Mal Vater, seine Frau und Sohn Emilio hatten ein perfektes Timing.

Stojkovic gesegnet

Die Serben sind die Nummer 33 der Weltrangliste, liegen acht Plätze hinter Österreich. Bei der EM in Deutschland bekommen sie es mit England, Slowenien und Dänemark zu tun, das klingt einen Hauch einfacher als Frankreich, Polen und die Niederlande. Die Mannschaft ist mit Stars bestückt, Teamchef Dragan Stojkovic "quält" quasi die Wahl. Juve-Stürmer Dusan Vlahovic, mit 16 Toren zweitbester Schütze der Serie A, droht die Rolle des Jokers. Denn der 59-jährige Stojkovic bevorzugt in seinem 3-4-2-1-System den in Saudi-Arabien tätigen Aleksandar Mitrovic. Im EM-Kader stehen mit Strahinja Pavlovic und Petar Ratkov zwei Salzburg-Legionäre.

Hinter einer Solospitze sorgen die Routiniers Sergej Milinkovic-Savic und Dusan Tadic für Kreativität. Kapitän Tadic, genauso alt wie Arnautovic, ist mit 106 Einsätzen Rekordinternationaler, aktuell geigt er bei Fenerbahce. Der frühere Lazio-Star Milinkovic-Savic verdient seine Millionen wie Mitrovic bei Al-Hilal. Mitrovic schoss den Klub nach dem saudischen Meistertitel am Samstag auch zum Cupsieg. Er dürfte daher in Wien eine Pause erhalten. Zur Freude des 24-jährigen Vlahovic. Der Teamchef mahnt: "Vlahovic ist eine extrem wichtige Schraube. Das Talent muss er aber auch hier in diesem Umfeld zeigen. Das Nationalteam steht an erster Stelle."

Mitrovic gefährlich

Für Mitrovic spricht seine aberwitzige Torquote. Nur Cristiano Ronaldo hat in der saudischen Liga öfter genetzt als der 29-Jährige. In bisher 89 Länderspielen erzielte er 57 Treffer, im Vergleich dazu schaut Arnautovic mit 36 Toren fast arm aus. Was ihm allerdings egal ist.

Im österreichischen Team läuft alles planmäßig ab, Rangnick wird kaum abgelenkt. Im Gegensatz zu Julian Nagelsmann. Der deutsche Bundestrainer reagierte wütend auf eine vom Fernsehsender WDR in Auftrag gegebene Umfrage, bei der herauskam, dass sich jeder fünfte Wahlberechtigte mehr Spieler mit weißer Hautfarbe im DFB-Team wünscht. "Ich hoffe, nie wieder so was von so einer Scheißumfrage lesen zu müssen", tobte Nagelsmann. Möglicherweise lebt Rangnick auf einer Insel der Seligen. Andererseits hat der ORF niemanden befragt. (Christian Hackl, 3.6.2024)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen zum Fußball-EM-Testspiel zwischen Österreich und Serbien am Dienstag in Wien:

Österreich - Serbien (Ernst Happel Stadion, 20.45 Uhr/live ORF 1, SR Antonio Nobre/POR)

Österreich: Pentz (Bröndby/5 Länderspiele) - Lainer (Borussia Mönchengladbach/39/2 Tore), Danso (RC Lens/18/0), Wöber (Borussia Mönchengladbach/23/0), Prass (Sturm Graz/4/0) - Seiwald (RB Leipzig/22/0), Laimer (Bayern München/34/4) - Schmid (Werder Bremen/9/0), Baumgartner (RB Leipzig/36/13), Wimmer (VfL Wolfsburg/10/0) - Arnautovic (Inter Mailand/111/36)

Ersatz: Hedl (SK Rapid/1), Lawal (LASK/0), Lindner (Union Saint-Gilloise/36) - Daniliuc (Red Bull Salzburg/2/0), Posch (FC Bologna/30/1), Querfeld (SK Rapid/1/0), Trauner (Feyenoord Rotterdam/10/1), Lienhart (SC Freiburg/19/1), Mwene (FSV Mainz/11/0), Ballo (WAC/0), Grillitsch (1899 Hoffenheim/41/1), Grüll (SK Rapid/4/0), Kainz (1. FC Köln/27/1), Seidl (SK Rapid/3/0), Entrup (TSV Hartberg/2/1), Gregoritsch (SC Freiburg/53/15), Weimann (West Bromwich Albion/23/2)

Es fehlen: Sabitzer (Pause nach Champions-League-Finale), Alaba, X. Schlager, Kalajdzic (alle Kreuzbandriss), A. Schlager (Knieverletzung)

Serbien: Petrovic (Chelsea/3) - Veljkovic (Werder Bremen/29/1), Babic (Spartak Moskau/8/1), Pavlovic (Red Bull Salzburg/33/3) - Zivkovic (PAOK Saloniki/44/1), Gudelj (FC Sevilla/60/1), Lukic (Fulham/44/2), Kostic (Juventus Turin/62/3) - Tadic (Fenerbahce Istanbul/106/22), S. Milinkovic-Savic (Al-Hilal/KSA/49/8) - Vlahovic (Juventus Turin/25/13)

Ersatz: V. Milinkovic-Savic (Torino/18), Rajkovic (Real Mallorca/31) - Milenkovic (Fiorentina/51/3), Spajic (Roter Stern Belgrad/20/0), Stojic (Backa Topola/1/0), Mijailovic (Roter Stern Belgrad/7/0), Mladenovic (Panathinaikos Athen/30/1), Maksimovic (Getafe/48/0), Ilic (Torino/14/0), Samardzic (Udinese/7/0), Birmancevic (Sparta Prag/3/0), Gacinovic (AEK Athen/26/2), Mitrovic (Al-Hilal/KSA/89/57), Jovic (AC Milan/33/10), Ratkov (Red Bull Salzburg/1/0)

Fraglich: V. Milinkovic-Savic (muskuläre Probleme), Milenkovic (Pause nach Ligaspiel am Sonntag)