"Toleranz, Respekt, Vielfalt" – diese Wörter stehen auf einem Papier, das auf dem Marktplatz in Mannheim liegt. Rundherum haben Menschen Blumen niedergelegt und Kerzen aufgestellt. Sie trauen um den Polizisten Rouven L. – der 29-Jährige hatte am Freitagnachmittag versucht, einen 25-jährigen Afghanen zu stoppen, der bei einer Kundgebung des islamkritischen Vereins Pax Europa auf Menschen eingestochen hatte. Dabei war der Polizist lebensgefährlich verletzt worden.

Zwei Tage später, am Sonntag, gab die Polizei seinen Tod bekannt. Für den verstorbenen Polizisten Rouven L. wird es eine Trauerfeier geben, der Zeitpunkt aber steht noch nicht fest. Am Freitag soll des Verstorbenen mit einer Trauerminute gedacht werden.

Kolleginnen und Kollegen trauern um Rouven L. (29).
Kolleginnen und Kollegen trauern um Rouven L. (29).
AP/Michael Probst

Das schreckliche Geschehen beschäftigte am Montag auch Bundeskanzler Olaf Scholz. "Wir werden mit allem, was wir zur Verfügung haben, den Rechtsstaat und die Sicherheit verteidigen. Polizei, Justiz und unsere Nachrichtendienste haben diese Aufgabe, sie tun das. Aber auch als Bürger müssen wir zusammenstehen", sagte er in Oberbayern. Dorthin war Scholz eigentlich gekommen, um sich über die Lage in den Hochwassergebieten zu informieren.

Auch der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) zeigte sich entsetzt und "wütend, was in unserem Land passiert". Er forderte auf X, vormals Twitter, "Schluss mit falscher Toleranz" und kündigte an, die Sicherheitsbehörden weiter zu stärken.

Geäußert wurden in Deutschland auch konkrete Forderungen. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sprach von einer Ausweitung von Messerverbotszonen in Kommunen. Dies könne "örtlich die Polizei stärken und präventiv wirken", auch wenn so nicht jede Tat, "insbesondere bei radikalisierten oder spontanen Einzeltätern", verhindert werden könne, sagte er der Rheinischen Post.

Verstärkte Maßnahmen

"Verstärkte Maßnahmen zur Kontrolle des Besitzes und Tragens von Messern", brachte auch der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul (CDU), ins Spiel. Er fordert in der Welt auch schärfere Strafen für die "missbräuchliche Verwendung" von Messern und "intensive Aufklärungskampagnen über die Gefahren".

Im Gespräch sind auch Abschiebungen nach Afghanistan. "Mutmaßlich ist es eine islamistische Tat. Und wenn es sich darum handelt, dann müssen wir diese Menschen abschieben. Auch nach Afghanistan, egal, wo die herkommen", meinte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in der Sendung n-tv-Frühstart. "Wer in einem Land zu Gast ist und sich nicht an die Gepflogenheiten, an die Regeln hält und gleichzeitig noch mordet, der hat hier einfach nichts zu suchen. Und das darf keine Floskel sein, sondern es muss Realität werden." Abschiebungen nach Afghanistan sind in Deutschland wie auch in Österreich seit der Machtübernahme der Taliban ausgesetzt. Auch SPD-Politiker Wiese und FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sprachen sich nun dafür aus, Abschiebungen nach Afghanistan wieder durchzuführen, und forderten die Bundesregierung auf, die entsprechenden Schritte einzuleiten.

Versuchter Mord

Der mutmaßliche Täter war mit 14 Jahren nach Deutschland gekommen Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt im hessischen Heppenheim. Bisher war der Mann polizeilich nicht in Erscheinung getreten. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe legt ihm versuchten Mord zu Last, ein Haftbefehl war am Samstag erlassen worden. Bis zum Montagnachmittag hatte die Polizei den Afghanen noch nicht zu seinem Motiv befragen können, da er von einem weiteren Polizisten am Marktplatz in dem Gerangel angeschossen worden war.

Stefanie Kizina, die Schatzmeisterin des islamkritischen Vereins Pax Europa, sagte der Bild-Zeitung, der Angriff sei gezielt gegen Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger gerichtet gewesen. Der 59-Jährige ist ein in Deutschland bekannter Islam-Kritiker. Er stammt aus Bayern und wurde eine Zeitlang vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. Auf der Website der "Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus" heißt es über ihn: "Es liegen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass Stürzenberger sowie der bayerische BPE-Landesverband verfassungsschutzrelevante islamfeindliche Bestrebungen verfolgen, die auf eine Abschaffung der Religionsfreiheit für Muslime gerichtet sind."

Stürzenberger erlitt bei dem Angriff Stichwunden im Gesicht, am Oberkörper und am Oberschenkel und wurde einer Notoperation unterzogen. Pax Europa hat angekündigt, man wolle weitermachen und plane weitere Auftritte. Am Samstag ist ein weiterer Informationsstand in Dortmund, Nordrhein-Westfalen, geplant. (Birgit Baumann aus Berlin, 3.6.2024)