Sie produzieren Wellpappe für Transporte, Kartons für Supermarktregale, Papier für Etiketten, Taschentücher und Bücher. Das Umfeld dafür ist widrig, vor einer Zerreißprobe stehen Papierverarbeiter dennoch nicht, auch wenn viele unter ihnen deutliche Abstriche machen müssen.

Der wachsende Onlinehandel erfordert zusätzliches Verpackungsmaterial. Statt Kunststoff und Styropor kommen zusehends Papier und Karton zum Einsatz.
APA/HANS KLAUS TECHT

1,1 Millionen Tonnen Papier produzierte Österreichs Papier- und Kartonindustrie 2023 und damit um 9,1 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Ausgelassen haben vor allem Exporte, mit denen die Branche 80 Prozent ihres Geschäfts bestreitet. Die Gründe für den Einbruch sind vielfältig. Bremsend wirkt etwa die schwache Nachfrage nach Gebrauchsgütern. Auch gilt es, hohe Lagerbestände abzubauen.

Georg Dieter Fischer, Obmann des Fachverbands Propak, macht die Probleme der Papierverarbeiter an den Markt- und Rahmenbedingungen fest. Die Betriebe an sich seien resilient und robust. Sie kämen folglich einigermaßen unbeschadet durch die Krise, zumal sie für den Alltag unerlässliche Produkte erzeugten.

Fischer erlaubt sich für das laufende Jahr "verhaltenen Optimismus". Auch auf längere Sicht dürfte es der Branche nicht an Rückenwind fehlen. Der wachsende Onlinehandel erfordert zusätzliches Verpackungsmaterial. Statt Kunststoff und Styropor kommen zusehends Papier und Karton zum Einsatz.

"Lawine an Regelwerken"

Was aus Fischers Sicht gegen die Industrie arbeitet, ist zusehends teureres Personal. Die Arbeitskosten, die rund ein Viertel der Gesamtaufwendungen ausmachten, seien hierzulande in den vergangenen drei Jahren um ein Fünftel gestiegen – und damit deutlich stärker als in Deutschland, rechnet Marko Bill Schuster, Vizeobmann des Verbands, vor. Die sich daraus ergebenden Wettbewerbsnachteile ließen sich nicht durch höhere Produktivität kompensieren.

Ein rotes Tuch für die Branche sind zudem neue gesetzliche Bestimmungen, von der Entwaldungsverordnung über das Lieferkettengesetz bis hin zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Schuster macht darin eine "Lawine an europäischen Regelwerken" für mittelständische Betriebe aus.

Er wähnt sich in seinen Befürchtungen durch eine aktuelle Umfrage unter 30 der 87 Unternehmen der papierverarbeitenden Industrie bestätigt: Demnach ziehe ein Drittel der Betriebe Maßnahmen in Erwägung, die von Outsourcing einzelner Dienstleistungen bis zur Verlagerung von Teilen der Produktion an andere Firmenstandorte reichen.

Die Branche zählte 2023 in Österreich knapp 8700 Arbeitnehmer und damit um zwei Prozent weniger als im Jahr zuvor. Noch sei die Lage stabil, sagt Schuster. Ohne wirtschaftliche Erholung sei jedoch ein Abbau von Arbeitsplätzen gerade bei einfachen Tätigkeiten unvermeidlich.

Hohe Recyclingquoten

Drehen die Papierverarbeiter an der Preisschraube? Bisher sei es gelungen, Ausschläge nach oben weitgehend zu vermeiden, zieht Fischer Bilanz. Er erwartet, dass die Betriebe auch heuer von höheren Preisen absehen werden, es sei denn, ihre Rohstoffe verteuerten sich. Zum einen habe die Branche ausreichend freie Produktionskapazitäten. Zum anderen sei der Verdrängungswettbewerb auf dem Markt groß. 60 bis 65 Prozent der Papierverpackungen werden importiert.

Als Vorreiter sehen sich Papierverarbeiter dank Recyclingquoten von im Schnitt 75 Prozent in Sachen Nachhaltigkeit. Papierfasern hätten mindestens 25 Umläufe, betont Propak-Geschäftsführer Martin Widermann. Altpapier sei ein wertvoller Rohstoff, kein Abfall. (Verena Kainrath, 5.6.2024)