Peter Westenthaler, von der FPÖ in den ORF-Stiftungsrat entsandt, und FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker haben dem ORF am Mittwoch in einer gemeinsamen, auf FPÖ-TV übertragenen Pressekonferenz "bewusste Propaganda und Desinformation gegen die FPÖ" vorgeworfen. Der ORF sei "völlig durchgeknallt" und der ORF-Beitrag "rechtswidrig". Westenthaler kündigte ein "Nachspiel" in der kommenden Sitzung des ORF-Gremiums in einer Woche an.

FPÖ-Stiftungsrat Peter Westenthaler vor dem ORF-Logo auf dem Küniglberg.
APA Roland Schlager

Kommende Woche tagt der Stiftungsrat des ORF, das oberste Gremium des öffentlich-rechtlichen Medienkonzerns. Westenthaler beantragte neun Punkte für die Tagesordnung. Sie umfasst etwa Westenthalers "Überzeugung, dass die ORF-Haushaltsabgabe rechtswidrig ist". Er sprach von einem juristischen "Pfusch".

ORF-Beitrag: "Dilettanten unterwegs"

Bei der Kalkulation des ORF-Beitrags sieht Westenthaler "Dilettanten unterwegs in Regierung und ORF". Hintergrund: Das Finanzministerium berechnete den Beitrag mit 180.000 Haushalten mehr als derzeit vom ORF adressierbar, womit dem ORF rund 33 Millionen Euro fehlen (der STANDARD berichtete).

Westenthalers Agenda für den Stiftungsrat umfasst Fragen zum neuen Ethikkodex des ORF, er vermutet da einen "Papiertiger" und eine falsche Information an den Stiftungsrat darüber, nach Konsequenzen aus dem ersten Transparenzbericht, Social-Media-Diskussionen von ORF-Anchor Armin Wolf und der FPÖ, zu der Westenthaler auch Wolf in den Stiftungsrat laden wollte, und Fragen zu Profil-Berichten von 2021 über frühere Geschäftsbeziehungen zwischen ORF-Stiftungsrat Thomas Zach und Wirecard vor 2019.

Westenthaler äußert auch den Verdacht, dass der ORF die Zweierkonfrontationen zur EU-Wahl deshalb am Nachmittag auf ORF 3 zeigt, weil die FPÖ mit Harald Vilimsky einen "sehr guten Spitzenkandidaten und Diskutanten" habe. Die Konfrontationen hätten im Schnitt 30.0000 Zuschauerinnen und Zuschauer bei drei Prozent Marktanteil gehabt, einzelne Sendungen 7000 beziehungsweise 9000 Zuschauerinnen und Zuschauer.

"Unmöglich abzuberufen"

Westenthaler wies Vorwürfe unternehmensschädigenden Verhaltens etwa von einer Mehrheit des Stiftungsrats neuerlich zurück. Es sei sein "Recht, öffentlich Kritik zu üben an Fehlentwicklungen des ORF und für eine bessere Zukunft zu sorgen". Er erklärte zudem: "Es ist gesetzlich unmöglich, einen Stiftungsrat abzuberufen, außer er fehlt dreimal unentschuldigt. Schon gar nicht vom Stiftungsrat selber." (Eine weitere gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Abberufung ist, wenn nach seiner Bestellung Unvereinbarkeiten mit dem Mandat bekannt werden.)

Ein Verfassungsgesetz und das ORF-Gesetz verlangen auch von ORF-Stiftungsräten, unabhängig und weisungsfrei von ihren Entsendern den ORF zu vertreten. Eine gemeinsame Pressekonferenz eines ORF-Stiftungsrats und des Mediensprechers einer politischen Partei über den ORF ist aus diesem Blickwinkel eher ungewöhnlich.

Macht Westenthaler nicht selbst parteipolitische Agitation als Stiftungsrat, wie er sie dem ORF vorwirft? Er sei hier im Interesse der Zuseherinnen und Zuseher tätig. Und es gebe nach seiner Wahrnehmung nur eine Schlagseite des ORF gegen die FPÖ, nicht aber gegen andere Parteien.

Auf FPÖ-TV via Youtube verfolgten gegen Ende mehr als 1600 Accounts die Pressekonferenz live. (Harald Fidler, 5.6.2023)