Susanne Schnabl (rechts) im Gespräch mit Wahlforscherin Katrin Praprotnik im ORF-"Report" am Dienstag.
Screenshot ORF

Helmut Brandstätter (Neos) verteilt Handküsse, Helmut Lopatka (ÖVP) bekreuzigt sich und trinkt Bier, Andreas Schieder wuzzelt, Lena Schilling (Grüne) versucht auf dem Fahrrad die Kurve zu kriegen, Harald Vilimsky (FPÖ) posiert in Simmering auf dem Polizeimotorrad: EU-Kandidaten im üblichen Wahlkampfmodus? Nicht ganz, denn in Simmering machte Vilimsky dem ORF-Journalisten Stefan Daubrawa eine Szene, die der ORF am Montag auf Youtube und am Dienstag im ORF-Report ungeschnitten zeigte. Vilimsky brach das Interview ab, er echauffierte sich über die Fragestellung des Journalisten, von der er sich fälschlich als "Rechtsextremist" bezeichnet sah, was von dem Journalisten gar nicht behauptet wurde.

"Die Rechtspopulisten und Rechtsextremen im Europäischen Parlament sind sehr zerstritten. Warum wollen Sie die, oder wie überzeugen Sie die Wähler, dass es nicht eine verlorene Stimme ist?"

Vilimskys Zorn ergoss sich wohl auch deshalb umso mehr, als er damit rechnete, dass Menschen zugegen waren, die einen solchen Auftritt beklatschen würden. Dem war aber nicht so, weshalb Vilimsky, nachdem er den Journalisten des Platzes zu verweisen versucht hatte, auf Anwesende zuging und nach Zustimmung suchte. Report-Moderatorin Susanne Schnabl kommentierte das knapp und gewohnt trocken: "Aufgeheizte Stimmung."

Harald Vilimsky bricht Interview ab - volle Länge
Der EU-Spitzenkandidat der FPÖ Harald Vilimsky war auf Wahlkampf in Wien Simmering.
ORF Kontext

Und stellte den Experten im Studio die logische Frage: Ist das ein Vorgeschmack auf den Herbst? Wahlforscherin Katrin Praprotnik ließ keinen Zweifel daran, was zu erwarten ist: "Vom nationalen Plan ist der ORF sicherlich hier auch Teil der Wahlkampagne der FPÖ in Zukunft. Wir sehen jetzt schon eine starke Kritik, insbesondere an der ORF-Haushaltsabgabe, und insgesamt passt's natürlich ins große Ganze einer populistischen Kommunikationsstrategie, die im Prinzip auf einer Zweiteilung aufbaut. Da gibt's auf der einen Seite das gute, homogene Volk und auf der anderen Seite eine schlechte Elite. Und in der Kommunikation der FPÖ zählen zu dieser Elite nicht nur die anderen Parteien, sondern auch Medien."

Diese Strategie diene "zur Mobilisierung, auch um Aufmerksamkeit zu erlangen", sagte Praprotnik. Insofern war Vilimskys Ausraster Teil einer gut durchdachten Kommunikationsstrategie. Das kann ja noch lustig werden. (Doris Priesching, 5.6.2024)