Als hätte es noch eines weiteren Beweises bedurft, dass Harald Vilimsky weder an konstruktiver Politik noch an inhaltlichen Diskussionen interessiert ist, so führte der FPÖ-Kandidat für die EU-Wahl einmal mehr seine rhetorische Strategie vor Augen: Diskurszerstörung, wo es nur geht. Und so pöbelte er sich durch die von Raffaela Schaidreiter und Tobias Pötzelsberger souverän moderierte ORF-Elefantenrunde.

Politikwissenschafter Peter Filzmaier sollte später in seiner Analyse in der ZiB 2 von Sagern "unter der Gürtellinie" sprechen. Das ist noch ein Euphemismus für das, was Vilimsky aufführte.

Bei Tobias Pötzelsberger und Raffaela Schaidreiter diskutieren: V.l.n.r: Reinhold Lopatka (ÖVP), Andreas Schieder (SPÖ) Harald Vilimsky (FPÖ), Lena Schilling (Die Grünen), Helmut Brandstätter (Neos).
Bei Tobias Pötzelsberger und Raffaela Schaidreiter diskutierten: Reinhold Lopatka (ÖVP), Andreas Schieder (SPÖ), Harald Vilimsky (FPÖ), Lena Schilling (Die Grünen), Helmut Brandstätter (Neos; von links).
ORF

Inhaltlich breit geführt, brachte die Debatte allerdings nichts Neues, sondern nur das Einzementieren der bekannten Positionen. Aber das muss ja nichts Schlechtes sein, um sich vor der Wahl ein gutes Bild zu machen. Ob Klimaschutz, Verbrennungsmotoren, der Krieg Russlands gegen die Ukraine oder die Verteidigungsstrategie der EU, die Palette an Themen war umfangreich, die Debatten darüber hitzig.

Renaturierungsgesetz der EU

Angesprochen auf das geplante Renaturierungsgesetz der EU und die aktuelle Hochwasserlage in Deutschland und Österreich, sagt Vilimsky, dass der Klimaschutz zwar für den ORF das prioritäre Thema sein möge, nicht aber für ihn. Inhaltlich dominiert hier gähnende Leere. Lena Schilling von den Grünen warnte einmal mehr vor der Klimakrise. Sie appellierte an die ÖVP, dem Renaturierungsgesetz der EU nicht im Wege zu stehen. Es gehe um Biodiversität und Lebensmittelsicherheit. Sie erinnerte an die 6000 Wissenschafterinnen und Wissenschafter, die sich in einem offenen Brief gegen das Kampagnisieren der Europäischen Volkspartei gewandt hatten. Der ablehnende Beschluss der Landeshauptleute sei trotz der vordergründigen Wende der SPÖ-geführten Bundesländer Wien und Kärnten weiter intakt, kritisierte sie.

Reinhold Lopatka, dem Spitzenkandidaten der ÖVP, hingegen gehen die Vorgaben aus Brüssel zu weit. Landwirte oder die Bundesländer würden zu "Schmetterlingszählungen" angehalten. Das lehne er ab. Andreas Schieder von der SPÖ sprach sich für den Green Deal aus und sagte, dass er in den eigenen Reihen Überzeugungsarbeit leisten musste. Lopatka verteidigte wieder die ÖVP-Position in Sachen Mobilität. Er sprach sich wie die FPÖ gegen das Aus für die Zulassung von Verbrennermotoren ab dem Jahr 2035 aus. Helmut Brandstätter von den Neos kritisierte seine Position, die dem 19. Jahrhundert entspringe.

"Bitte, bleiben wir höflich"

Der Tiefpunkt der Vilimsky'schen Angriffe gipfelte in dem Ruf nach "medizinischer Hilfe" für den Neos-Spitzenkandidaten Brandstätter. "Bitte, bleiben wir höflich", war die höfliche Reaktion Tobias Pötzelsbergers auf diese Entgleisung. Er, Vilimsky, habe keine "Zuständigkeit" für Putin, sagt er zuvor auf die Frage, warum er nicht den Aggressor des Ukrainekriegs kritisiere, sondern gegen die Verteidiger agitiere. Die Sanktionspakete unter Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hätten in Europa zu den hohen Inflationsraten geführt, so Vilimsky. Dass die Maßnahmen eine Reaktion auf den russischen Angriffskrieg waren, erwähnte er natürlich nicht.

FPÖ wittert Kriegstreiberei

In diesem Krieg seien bis jetzt 600.000 Menschen gestorben, und dass jetzt noch mit den Waffen der EU russische Ziele beschossen werden können, halte er für einen "Irrsinn der Sonderklasse". Es gebe "Leute, die diesen Krieg erhalten wollen". Und dann sagt er tatsächlich noch mit dem Brustton der Überzeugung: "Niemand hier, außer mir und der freiheitlichen Partei, interessiert sich dafür, dieses Sterben endlich zu beenden." Sein Vorwurf in die Runde: "Sie kriechen der Nato hinten rein." Reinhold Lopatka konterte mit einem: "Es ist ungeheuerlich, was Sie sagen." Schieder sprach von einer "Frechheit" und auch für Brandstätter ist es "völlig unsinnig, was Herr Vilimsky sagt". Putins Propaganda werde regelmäßig "eins zu eins von der FPÖ übernommen".

Die Abschlussfrage des Moderatorenduos, wer denn Fußballeuropameister in Deutschland werde, sollte ein sanfter Rausschmeißer werden, um die erhitzten Gemüter etwas abzukühlen. Auch beim Publikum. "Keine Ahnung, ich weiß es nicht", sagte Vilimsky. Schieder tippt auf Frankreich oder Österreich. Lopatka und Schilling hoffen auf Österreich. Und Brandstätter? Er werde Österreich die Daumen halten. Jetzt wissen wir das auch. Der Wahltag kann kommen. (Oliver Mark, 6.6.2024)