1939 wurde Wilhelm Kux gezwungen, die besondere Beethoven-Büste an die Städtischen Sammlungen zu verkaufen. Die Rückgabe an seine Rechtsnachfolger ist in Vorbereitung.
JMW/Wien Museum/Topitschnig

Es ist nicht irgendeine Beethoven-Büste, deren Tage im Bestand des Wien-Museums gezählt sind. Als einzige wurde sie nach einer Lebendmaske des Komponisten 1812 von Franz Klein gefertigt und diente späteren Darstellungen als Vorlage. Bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten gehörte sie Wilhelm Kux, einem Bankier mit guten Beziehungen zum Roten Wien.

Privat galt seine Leidenschaft der Musik: Im Direktorium Gesellschaft der Musikfreunde und als Sammler von Streichinstrumenten, Autografen und Kunstwerken. Den Großteil seiner Vermögenswerte konnte er bei seiner Flucht in die Schweiz retten. Nicht aber die Beethoven-Büste, die von den NS-Behörden sichergestellt und in das "Verzeichnis national wertvoller Kunstwerke" eingetragen wurde. Wilhelm Kux blieb nichts anderes übrig, als die Büste den Städtischen Sammlungen zu verkaufen.

"Einpacken" und "Auspacken"

Es ist dies einer von zwölf Fällen, die in einer Doppelausstellung exemplarisch die unterschiedlichen Aneignungsformen repräsentieren: In je zwölf Videoinstallationen behandeln die Kuratoren dabei den Vorgang der Beraubung als Akt des "Einpackens" im Museum am Judenplatz (Kurator: Hannes Sulzenbacher) und jenen der Einverleibung als "Auspacken" im Wien-Museum (Kurator: Gerhard Milchram).

Raub heißt die Doppelausstellung, wobei "Gier" als Alternative wohl treffender gewesen wäre, wie Sulzenbacher anmerkt. Gemessen an den historischen Umständen jedenfalls, in denen sich noch vor der behördlichen Orchestrierung ein System der Bereicherung etablierte, das nicht nur Museen nutzte – sondern auch Nachbarn, die sich am Wohnungsinventar Geflüchteter bedienten, manches behielten und anderes im "Pfandl" verscherbelten.

Wirtschaftlich betrachtet gehörte das Dorotheum sogar zu den größten Profiteuren – mit den Zwangsversteigerungen des Schmucks von Jüdinnen, den teils gleich in Wohnungen abgewickelten Feilbietungen. All die Kunstauktionen nicht zu vergessen, die man über die hauseigenen Schätzmeister akquirierte, die zuvor die Gutachten für die Vermögensanmeldung verfasst hatten.

Einblick in die Ausstellung "Raub", in der zwölf Videoinstallationen anhand von Fallbeispielen die unterschiedlichen Formen der Entziehung thematisieren.
Klaus Pichler

Dokumente, die später Aufschluss über die Herkunft vermeintlich anonymer Beute hätten geben können, wurden bis kurz vor der Privatisierung des Auktionshauses 2001 vernichtet. Die gesetzlich vorgeschriebene Aufbewahrungsfrist war ja längst abgelaufen. Aus dem Privatisierungserlös flossen schließlich 32 Millionen Dollar in den Entschädigungsfonds.

Zwischen 1938 und 1945 hatten die Städtischen Sammlungen allein im Dorotheum 1478 Objekte erworben, deren Herkunft auch nach 25 Jahren systematischer Provenienzforschung seit 1999 mehrheitlich noch ungeklärt ist: Bei exakt 1205 Objekten sind die Vorbesitzer unbekannt.

Erfolgreiche Erbensuche

Anders als im Falle eingangs erwähnter Beethoven-Büste, die Wilhelm Kux für 3000 Reichsmark verkaufen musste. Zur Freude des damaligen Direktors der Städtischen Sammlungen, der sich wegen Konkurrenz sorgte, genauer wegen des Beethoven-Hauses in Bonn, das wohl "alles daran setzen würde, dieses kostbare Stück an sich zu bringen".

2008 erklärte die Wiener Restitutionskommission die Büste als "restitutionsfähig". Die Erbensuche gestaltete sich schwierig, erst 2023 fand sich ein Rechtsnachfolger. "Zurzeit wird die Übergabe der Büste vorbereitet", wie es im Katalog zur Ausstellung heißt. (Olga Kronsteiner, 6.6.2024)