Die Logos von Credit Suisse und UBS sind in einer Illustration zusammengefasst
Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS musste damals schnell gehen, die Aufarbeitung der Rettung wird noch Jahre dauern.
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Zürich – Vor etwas mehr als einem Jahr, im März 2023, wurde die Credit Suisse von der UBS übernommen. Damals ging das alles sehr schnell. Es war eine Notübernahme, die über das Wochenende abgewickelt worden war. Die Causa ist damit aber noch lange nicht vorbei. Der Schweizer Bundesrat hatte Ende März entschieden, die Übernahme zu prüfen, auch Anleiheinhaber haben ihre Kritik laut geäußert. Sie haben nun vor einem New Yorker Gericht Klage gegen die Schweizerische Eidgenossenschaft eingereicht.

Hintergrund sind die sogenannten AT1-Anleihen, die im Zuge der Übernahme abgeschrieben wurden. Das hatte damals die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma verfügt. Der Wert dieser Anleihen belief sich auf 15 Milliarden Franken (15,4 Mrd. Euro). Durch die Abschreibung fielen für die Credit Suisse die entsprechenden Zahlungsverpflichtungen weg. Die Investoren sagen nun aber, dass mit der Abschreibung dieser Anleihen vor der Übernahme der Großbank die Schweiz unrechtmäßig in die Eigentumsrechte der Kläger eingegriffen und nationalen Interessen den Vorrang gegenüber rechtlichen Verpflichtungen eingeräumt habe. Das teilt die Anwaltskanzlei Quinn Emanuel Urquhart & Sullivan mit, die die Anleihenkläger vertritt. Der Gesamtbetrag der Forderungen der sechs klagenden Gesellschaften belaufe sich auf rund 82,25 Millionen Dollar.

Eigentumsrechte verletzt

"Durch ihr Handeln hat die Schweiz unnötigerweise 17 Milliarden Dollar an AT1-Instrumenten vernichtet und damit die Eigentumsrechte der Inhaber dieser Instrumente zu Unrecht verletzt", erklärte Quinn-Emanuel-Partner Dennis Hranitzky. "Die Beschwerdeführer verdienen eine vollständige Entschädigung für die unrechtmäßigen Handlungen der Schweiz und werden diese auch erhalten." Ein Sprecher des Schweizer Finanzministeriums wollte sich nicht zu der Klage äußern.

AT1-Anleihen wurden nach der Finanzkrise 2008 eingeführt, um einen zusätzlichen Puffer bereitzustellen, wenn die Kapitaldecke einer Bank in einer Krise zu dünn wird. AT1-Anleihen gelten als Eigenkapital bzw. zusätzliches Kernkapital von Kreditinstituten. In der Qualität der Eigenmittel eines Kreditinstituts kommen AT-Instrumente unmittelbar nach dem harten Kernkapital wie etwa Aktien. Diese Papiere müssen auf Dauer ausgegeben werden und dürfen nur vom Emittenten und nur mit Zustimmung der Finanzmarktaufsicht oder der Europäischen Zentralbank (EZB) gekündigt werden.

Eine Frage der Details

Die Lage bei der Credit Suisse ist heikel, denn wie Experten im Bereich Banken- und Bankaufsichtsrecht bereits damals erklärten, sahen die AT1-Anleihen der Credit Suisse vor, dass diese nicht nur im Fall einer Bankenabwicklung oder bei Unterschreiten einer Mindestkernkapitalquote, sondern auch bei anderen (vertraglich geregelten) Auslöseereignissen herabgeschrieben werden können. Ein solches vertraglich definiertes Ereignis lag nach Ansicht der Finma vor dem Hintergrund des vom Bundesrat verordneten Notrechts und der Liquiditätsstützung durch den Bund vor. Grundsätzlich können AT1-Instrumente auch vorübergehend herabgeschrieben werden. Das heißt, dass diese Instrumente (nach Verbesserung der Kapitalsituation des Emittenten) wieder hinaufgeschrieben werden können.

Der vollständige Verlust der Investitionen berechtigt die Kläger gestützt auf US-Recht dazu, den Nennwert der AT1-Anleihen als Schadenersatz von der Schweiz einzufordern, hieß es in der Mitteilung der Anwälte weiter. Die Klage sei in New York eingereicht worden, wo die AT1-Anleihen der Kläger registriert, abgewickelt und schließlich wertlos geworden seien. Bereits im April 2023, also wenige Wochen nach der Übernahme, hatte das Schweizer Bundesverwaltungsgericht mehrere Hundert Klagen gegen die Finma erhalten, nachdem diese die AT1-Anleihen-Abschreibung angeordnet hatte.

"Ein Monster entsteht"

Mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS ist eine Großbank entstanden, deren Bilanzsumme doppelt so groß ist wie das Schweizer BIP. "Diese neue Bank ist viel zu groß. Das ist gefährlich für die ganze Schweiz", warnt damals bereits der Zürcher Bankenprofessor Marc Chesney im Gespräch mit dem STANDARD. Solch eine große Bank könne der Staat im Notfall nicht retten. Die Tageszeitung NZZ schrieb damals: "Ein Zombie ist weg, doch ein Monster entsteht".

Den Übernahmedeal hatte die Regierung eingefädelt, die UBS hat Credit Suisse letztlich für drei Milliarden Franken übernommen. Die Credit Suisse war in Not geraten, nachdem bekannt geworden war, dass der Investor Saudi National Bank (hielt seit Herbst 2022 etwas mehr als neun Prozent und war damit größter Aktionär) kein frisches Geld mehr zuschießen wollte. Schon zum Jahreswechsel 2022/2023 hatten Kunden Milliarden aus der Bank abgezogen, die in viele Skandale verwickelt ist. Die Schweizer Behörden hatten dafür plädiert, die Gesetze des Landes zu ändern, um eine Abstimmung der Aktionäre über die Transaktion zu umgehen. Denn das Geschäft sollte noch unter Dach und Fach sein, bevor am Montag die Börsen öffneten. Die Aktionäre mussten dem Deal nicht zustimmen. (Bettina Pfluger, 7.6.2024)