Geldregen Geldscheine
Die Dachorganisation Sport Austria ist überzeugt davon, dass ein quasi milliardenstarker Geldregen für die Sportinfrastruktur auf überaus fruchtbaren Boden fallen würde.
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Wien – Die Wahlen kommen schneller, als man denkt, nicht nur in Europa, sondern auch in Österreich. Dass der Sport noch schneller sein will, liegt vielleicht in seiner Natur. Die Dachorganisation Sport Austria ist am Freitag mit ihrer Forderung einer Infrastrukturmilliarde an die Öffentlichkeit gegangen, die Forderung richtet sich bereits an die künftige Bundesregierung, wie auch immer diese aussehen wird. Die aktuelle Regierung könnte in der verbleibenden Zeit bis zum Wahltermin im Herbst die Milliarde eher nicht mehr lockermachen. Selbst wenn sie wollte.

"Wir haben große Defizite! Viele Sportstätten müssten dringend adaptiert oder renoviert werden." Also sprach Hans Niessl im Hockey-Bundessportzentrum Ost in Wien-Hernals, wo der Spitzenverein SV Arminen neben das schmucke Waldstadion kürzlich eine nicht minder schmucke Halle hingestellt hat, in der nun auch die Nationalteams trainieren können. Da ergab sich eine Text-Bild-Schere, wenn man so will, schließlich ist Hockey und sind die Arminen eine große löbliche Ausnahme. Kurzer Einschub: Andere Hockeyvereine tingeln mit ihren unzähligen (Nachwuchs-)Teams speziell im Wintertraining nach wie vor durch halb Wien.

Sport bringt Gesundheit

Die ehemalige Hockey-Teamspielerin Kristine Vukovich bestätigt: "Wir können mit modernen Sportanlagen viel mehr Kinder abholen und in Bewegung bringen." Vukovich ist Führungskräftetrainerin, sie weiß, dass viele Firmen "horrendes Geld dafür ausgeben", Führungskräfte mit Skills zu finden, die eine regelmäßige Sportausübung oft automatisch mit sich bringt. Vielleicht noch wichtiger ist, dass Kinder, die in Bewegung sind, länger gesund bleiben und dem Gesundheitssystem nicht so bald auf der Tasche liegen. "Sport ist der Gesundheitsmotor", sagt Niessl.

Gruppenbild mit der ehemaligen Hockey-Teamspielerin Kristine Vukovich (Mitte) und Talenten des SV Arminen im schmucken neuen Hockey-Bundessportzentrum Ost.
Sport Austria / Leo Hagen

Dafür sollte es keine Bestätigung brauchen, Zahlen können aber nicht schaden. Laut einer Studie von Sports Econ Austria würde sich bei einer Steigerung der Sportaktivitäten nur um zehn Prozent das österreichische Gesundheitssystem jährlich bereits 98,1 Millionen Euro sparen. Die Nachfrage sei auch da, doch das Angebot könne nicht mithalten. Österreicherinnen und Österreicher würden schon jetzt pro Jahr um knapp ein Viertel mehr Bewegungsstunden benötigen, als die 15.000 Sportvereine anbieten können. Weil es, wie gesagt, nicht ausreichend Sportplatz gibt. Und dass viele Sporteinrichtungen in Schulen und Universitäten in den Ferien und an Wochenenden geschlossen bleiben, kommt erschwerend hinzu.

Dramatische Situation

Besonders dramatisch ist die Situation im Schwimmsport. Seit Jahren sperren ungleich mehr Bäder zu als auf. Auch diese Entwicklung bringt mit sich, dass nicht annähernd so viele Kinder schwimmen lernen wie früher. Laut Niessl ist aktuell nicht einmal jedes zweite Kind in Österreich des Schwimmens mächtig. "Dabei ist Ertrinken bei Kindern eine der häufigsten Todesursachen." Ähnlich schlecht bestellt um die Infrastruktur ist es, Landhockey in Ostösterreich ausgenommen, in den Ballsportarten. "Es kann ja nicht sein", regt Niessl sich auf, "dass Österreich in Europa zu den Ländern mit der schlechtesten Sportinfrastruktur zählt."

Doch vielfach es ist so. Niederösterreich mag als Beispiel herhalten. In Niederösterreich gibt es insgesamt 3000 Sportstätten mit insgesamt 6000 Sportanlagen, davon 4800 outdoor und 1200 indoor. Ein Drittel der 6000 Sportanlagen hat mehr als fünfzig Jahre auf dem Buckel, ein weiteres Drittel ist auch mindestens 35 Jahre alt. Und das heißt noch nicht, dass das letzte Drittel zur Gänze allen Anforderungen gerecht wird. Klarerweise würden mehr Leute Sport betreiben, wenn mehr Sportstätten nicht nur verfügbar und zugänglich, sondern auch hochwertig wären.

In Europa hinterdrein

Laut Christian Helmenstein von Sports Econ Austria sind die "Ausgaben für Freizeitgestaltung durch die öffentliche Hand im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich". Das sei auch insofern bemerkenswert, als Sport ein "superiores Gut" sei, und für ein solches Gut werde in gut bestallten Ländern üblicherweise mehr ausgegeben. Aktuell investiert Österreich jährlich 0,3 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in die Sportstätteninfrastruktur ("Freizeitgestaltung und Sport", Anm.) und liegt damit lediglich auf Rang 22 von 30 untersuchten Ländern. Würde die (kommende) Regierung eine Milliarde Euro, aufgeteilt auf drei Jahre, in den Sport investieren, so wäre damit auch erst der europäische Durchschnitt erreicht.

Anderes Beispiel: der Tennissport. Auch Martin Ohneberg, Präsident des Tennisverbands (ÖTV), ist Niessl am Freitag zur Seite gesprungen. Ohneberg berichtete von 400.000 Tennis-Aktiven in Österreich, jede(r) zweite ist bei einem Verein gemeldet. "In Österreich gibt es 327 Hallen mit insgesamt tausend Tennisplätzen", sagt Ohneberg. Man müsse sich nur die Zahlen und ihr Verhältnis zueinander anschauen, dann liege folgender Schluss auf der Hand: "Da kann etwas nicht stimmen." (Fritz Neumann, 7.6.2024)